Ost-West-Drehscheibe
Pester Lloyd Stellenmarkt

Das Archiv ab 1854

 

Hauptmenü

 

 

 

 

(c) Pester Lloyd / 11 - 2013   POLITIK 10.03.2013

 

Gefahr von Links

Regierungspartei in Ungarn plant Gründung einer eigenen "Garde"  - MIT VIDEO

Gábor Kubatov, Generalsekretär der Regierungspartei Fidesz, hat in einem Email-Rundschreiben an Parteimitglieder die "Notwendigkeit" zur "Gründung einer Parteigarde", einer Art Wachdienst, beschrieben. Es sei davon auszugehen, dass "derart illegale Angriffe auf Einrichtungen der Partei" und eine "Anti-Partei-Stimmung" in Zukunft zunehmen werden. Die Argumente sind haarsträubend, Hauptsache die Diffamierung der Gegner lenkt vom eigentlichen Geschehen ab.

Fidesz-Sprecherin Selmeczi, umgeben und bedrängt von “radikalen Elementen”

Es sei angesichts der Ereignisse vom Donnerstag angebracht, die Büros der Partei durch Freiwillige "auf legale und friedliche" Art und Weise zu schützen. Kubatov scheint dafür der richtige Mann zu sein, machte er in den letzten Jahren doch weniger als Generalsekretär, denn als eine Art Fidesz-Geheimdienstchef von sich Reden, er war die zentrale Figur bei der Erstellung von Wählerlisten, die die Gesinnung von Wahlberechtigten durch Ausforschungen festhielten. Diese Art von Erfassung ist in Ungarn illegal. Die Sache flog auf, als ein internes Video an die Öffentlichkeit gelangte, die auch die Verantwortlichkeit Kubatovs belegte.

Linke Gewalttäter bei ihrem Angriff auf die Demokratie 2013

Die Brutalos nochmals in voller Action...

Kubatov vermittelte den Parteimitgliedern in seiner Aussendung das gleiche Bild, das bereits die offiziellen Fidesz-Sprecher über die Ereignisse vom Donnerstag zeichneten und die sich mittlerweile - vom Überklettern des Zaunes abgesehen - als glatte Lüge herausgestellt haben: "Eine Radikale Gruppe von Studenten griff am Morgen das Hauptquartier des Fidesz in der Lendvay Straße an. Sie kletterten über einen Zaun und versuchten ins Innere des Gebäudes zu gelangen, begleitet von vorinformierten, linken Jorunalisten mit ihren Kameras. Dank der Geistesgegenwart der dort arbeitenden Kollegen, konnte das Eindringen einer größeren Menge verhindert werden. (...) Die radikalen Jugendlichen zerbrachen Scheiben, zertraten eine Tür, griffen Mitarbeiter an und traten eine Mitarbeiterin." Kubatov weiter: die Angestellten wurden Zeugen brutaler Szenen. "Doch anders als die Sozialisten, die den Demonstranten 2006 die Augen herausschießen ließen, hat Fidesz nicht die Polizei gerufen." Im übrigen seien die einschlägigen Teilnehmer bekannt, bei denen handelte es sich um studentische Berufsradikale, die in den letzten Monaten systematsich von Ex-Premier Bajnai "beraten" worden seien.

 



Nun hätten Fidesz-Mitglieder "bergründete Angst" auch um ihre privaten Wohnungen, die zum Ziel von Angriffen werden könnten und man stellt fest, dass im Rahmen der Aktion schwere Straftaten begangen worden seien, die, kämen sie zur Anzeige, mit "langjährigen Haftstrafen" geahndet würden. Die Partei habe aber noch nicht "endgültig entschieden, ob sie Polizeiaktionen einleiten lässt.", was danach klingt, als ob die Polizei der Regierungspartei weisungsgebunden wäre. Die Polizei war, wie berichtet am Donnerstag vor Ort, hat die Besetzer verbal, teils auch körperlich vom Gelände vertrieben und sich den Rest des Tages mit Sicherungsaufgaben begnügt. Gegen einen Besetzer wurde wegen Widerstands Anzeige erstattet, von einigen anderen wurden die Personalien aufgenommen.

Die "Demokratieschützer" versammeln sich am Nebeneingang der Fidesz-Zentrale: Foto stammt von der Facebookseite "Die Verfassung ist kein Spielzeug".
http://www.facebook.com/azalkotmanynemjatek

Gábor Kubatov organisiert nun den Schutz der Partei.

Nachdem Parteisprecherin Selmeczi zu den Demonstranten kam, bei denen sie sich aber "kein Gehör verschaffen" konnte und sich einer "wüsten Rangelei" gegenüber sah (die Video- und Fotoaufzeichnungen zeigen indes das Bild von völlig harmlosen Demonstranten, die von einem "Passanten" mit Schmähungen, einer Ohrfeige und dem Herunterreissen eines Transparentes bedacht wurden, während die "Radikalen" Frau Selmeczi und Sprecher Kocsis mit einem Tellerchen Keksen begrüßten...) sah man später einige glatzköpfige Schränke über einen Seiteneingang in die Fidesz-Zentrale kommen, angeblich Angehörige eines privaten Wachdienstes, die sich dann auch im Bereich des besetzten Zauns zeigten.

 

Am Nachmittag haben rund zwanzig dieser Stiernacken die "Sicherung des Geländes" übernommen. Wie sich herausstellte, gehören einige der "Wachleute" zum Umfeld der Securitiy rund um den Fußballklub FTC Ferencváros, bei denen auch wirklich "schwere Jungs" zu Gange sind. Fidesz-Generalsekretär Kubatov und Parteisprecher Kocsis sind übrigens im Vorstand des FTC zu finden. Bewerbungen können an die Email “Alarmkette” riadolanc@fidesz.hu geschickt werden...

Die Aktion der Handvoll junger Leute ist dem Fidesz ein willkommenes Geschenk. Man schürt unter der eigenen Anhängerschaft Angst vor Randale, gar "Bürgerkrieg", diffamiert die politischen Gegner als "Gesetzesbrecher" und präsentiert sich selbst als rechtsstaatliche Verteidiger der Demokratie. Dass man jene
am Montag dann, wiederum ganz legal, im Parlament um einen halben Kopf kürzer macht, davon spricht - angesichts der "Gefahr von Links" - kaum noch jemand.

cs.sz.

 

Möchten Sie den Pester Lloyd unterstützen?