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(c) Pester Lloyd / 11 - 2013   WIRTSCHAFT 11.03.2013

 

Ungarischer Forint überspringt 300er Marke zum Euro

Es hat genau eine Woche des neuen Zentralbankchefs Matolcsy im Amte bedurft, bis der Forint die Flucht über die 300er Marke zum Forint antrat. Am Montagvormittag notierte er bereits über 302 mit einem Höchststand kurz nach 10 Uhr von 303,5 und erreichte damit ein 9-Monatstief. Die 300er Marke löst nun einige automatisierte Marktmechanismen aus, die zunächst in einem leichten Erstarkungstrend (spekulationsbedingt), danach aber in einem weiteren Verfall (anlegerbedingt) zu beobachten sein werden. Analysten halten in diesem Jahr einen Kurs von um die 312-319 Forint für durchaus realistisch und dieser wird von Ökonomen auch näher an der wirtschaftlichen Realität des Landes gesehen. Währungsexperten sehen den Forint allerdings auch als Spekulationsobjekt ersten Ranges, weil er relativ leicht in Bewegung zu setzen ist. Volatilität ist das Hauptinstrument für kurzfristige Spekulation.

Prozentuale Wertveränderung des Euro zum Forint (blaue Linie) und dees Schweizer Franken zum Forint (grüne Linie) über die letzten 5 Jahre.

Ausschlaggebend für die Entwicklung war die Bestätigung der "kreativen Finanzmarktinstrumente" durch den neuen MNB-Chef bei dessen Einzug in die Notenbank. Allerdings war dessen Erscheinen schon weitgehend eingepreist, Matolcsy hatte sich ja bereits vorher als Zahlenfee und Matman exponiert, der Markt kannte seine Attitüde also. Ohne große Worte entmachtete Matolcsy in der Vorwoche seine zwei Stellvertreter installierte eine Stabschefin an seine Seite und übernahm per Statutenänderung die Gehalts- und Personalhoheit. Was an währungspolitischen und sonstigen Maßnahmen noch folgen könnte, ist hier aufgelistet. Am heutigen Montag hat der Nachfolger Matolcsys im Amte des Nationalwirtschaftsminister, Mihály Varga, eine "einführende Pressekonferenz" zu einigen "Anpassungen am Budget 2013" angekündigt, noch Tage zuvor sagte er, solche seien nicht notwendig. Allerdings drücken auch die allgemeinen politischen Entwicklungen, mit der Zuspitzung um die Verfassungsänderungen auf den Forint. Nichts hassen die Märkte mehr als Ungewissheiten.

 

Ein schwacher Forint bedeutet in erster Linie reale Teuerung für die Hunderttausenden auf Fremdwährungen lautenden Kredite von Haushalten, also Privatpersonen, aber auch Unternehmen. Er verteuert weiterhin die Importe von Energie und Investitionsgütern, aber auch Konsumgütern, was mittelfristig wiederum die (derzeit wegen ohnehin ausbleibendem Konsum zurückgehende) Inflation befeuert, belastet die Devisenreserven bzw. verteuert die Begleichung der Staatsschuld in Devisenanleihen. Für den Export hat er partiell positive Effekte, allerdings bilanzieren die meisten Großkonzerne ohnehin in Euro, weshalb dieser Effekt kaum gesamtwirtschaftlich zu Buche schlägt. Für den “Incoming”-Tourismus stellt er einen Vorteil dar, für Auslandsreisen von Ungarn ist er verheerend.

red.

 

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