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(c) Pester Lloyd / 11 - 2013   NACHRICHTEN 14.03.2013

 

Ungarn ehrt Rassisten als "Journalisten des Jahres"

Der rechtsradikale, offen antisemitische und rassistische Journalist Ferenc Szaniszló wurde anlässlich des Nationalfeiertages des 15. März, der gleichzeitig der "Tag der ungarischen Pressefreiheit" ist, mit den Táncsics Mihály Preis ausgezeichnet und damit als "Journalist des Jahres" geehrt. Der von staatlicher Seite für "herausragende journalistische Leistungen" einmal jährlich an 4-6 Journalisten vergebene Preis wird durch den "Kulturminister", heute also der Minister für Humanressourcen, Zoltán Balog zuerkannt, der ungarische Journalistenverband darf Empfehlungen aussprechen. Balogs Ministerium ist übrigens auch für die “soziale Integration” und die Romaproblematik zuständig. Der Minister sagte am Abend, er hätte keine Ahnung gehabt, wer diesen Preis bekommt, überreicht hat er ihn dennoch. Im Nachhinein distanzierte sich der Minister von den Ansichten des Preisträgers.

Der stolze Preisträger mit seiner Urkunde. Foto: MTI

Szaniszló arbeitet seit 2008 beim rechtsradikalen TV-Sender Echo TV, den jedoch auch Regierungspolitiker als Bühne nutzen und wo er sich hauptsächlich mit außenpolitischen Themen befasst. In der Kádár-Ära war er übrigens Moskau-Korrespondent der "Magyar Hírlap", in den Neunzigern Frontberichterstatter aus Jugoslawien für das öffentlich-rechtliche Fernsehen, danach Nachrichtenredaktuer beim - ebenfalls öffentlichen Duna TV (bis 2007).

 

Die "herausragenden" Beiträge des "ausgezeichneten Journalisten" umfassen u.a. Äußerungen dazu, dass man für "die Juden, wenn einmal das Öl ausgeht, einen neuen Platz finden muss." Doch wer "will die Juden schon in seiner Nähe haben." Hinsichtlich der ungarischen Roma hatte er bereits 2011 einen Spruch parat, der erst kürzlich von einem anderen "ausgezeichneten" Journalisten - fast wortgleich - gebracht wurde und für erheblichese Echo, allerdings keine Konsequenzen sorgte. Danach hätten die "Zigeuner ihr menschliches Wesen verloren", wogegen "jemand etwas unternehmen muss". Zsolt Bayer, der diese Aussage noch etwas ausführlicher ausführte, hat bisher "nur" die Madách-Medaille von seinen Parteifreunden umgehängt bekommen. Aber ees gibt ja mit dem Kossuth-Preis noch die höchste Auszeichnung für “intellektuelle” Leistungen.

Gegen Szaniszló liefen mehrere Beschwerden beim Nationalen Medienrat und der Medienbehörde NMHH, bisher wurden alle abschlägig beschieden.

Mihály Táncsics saß von 1846 bis zum 15. März 1848 in einem Gefängnis, die Habsburg-Zensur hatte ihn einsperren lassen, weil seine Schriften zum Umsturz aufriefen.

Der Chefredakteur der linksliberalen Zeitung “Népszava” hat seinen Táncsics-Preis aus Protest zurückgegeben.

red.

 

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