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(c) Pester Lloyd / 12 - 2013   POLITIK 17.03.2013

 

Gekaufte Sozialpartnerschaft?

Regierungs-Prämien für Gewerkschaften in Ungarn

Das von der Orbán-Regierung geschaffene Ersatz für das abgeschaffte Konstrukt der Sozialpartnerschaft, das "Ständige Konsultationsforum der Privatwirtschaft und der Regierung", in dem neben der Regierung, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern (Gewerkschaftskonföderationen) auch diverse "Experten und Wissenschaftler" sitzen, wird offenbar auch dazu genutzt, um sich die Verhandlungspartner mit Geldprämien gewogen zu halten oder - je nach Verhalten - abzustrafen.

Des Forums vornehmlichste Aufgabe ist die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen. In dem im Februar 2012 geschlossenen Vertrag des "Forums" (VKF) ist ausdrücklich vereinbart, dass "Die Regierung Geldmittel für die Arbeit der im VKF teilnehmenden Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen bereitstellen (kann), für die Erstellung von Machbarkeitsstudien, statistische Erhebungen, die Organisation und Durchführung von Informationsveranstaltungen oder die Hinzuziehung von Fachleuten für die Arbeit des Monitoring Teams und der Fachkomitees."

Die Transparenzplattform atlatszo.hu hat nun beim zuständigen Staatssekretär für Arbeitsmarktpolitik, Sándor Czomba sowie beim Amt des Ministerpräsidente ganz offiziell ein Auskunftsbegehren gestartet, um herauszufinden, wie hoch die eingesetzten Mitteln waren und an wen sie flossen. Die Antwort lautete, dass von Seiten des Ministeriums seit 2012 insgesamt 600 Mio. Forint (rund 2 Mio. EUR) an die Arbeit der Komitees, Experten etc. flossen, besonders interessant ist jedoch die Auskunft aus dem "Kanzleramt". Danach hat das Amt des Ministerpräsidenten aus seinem eigenen Budget für "Sonderausgaben" nochmals rund 300 Millionen Forint (ca. 1 Mio. EUR) an einzelne Organisationen des VFK ausgeschüttet.

 

Es ist zwar politisch und rechtlich fragwürdig, verwundert aber ansonsten kaum, dass die Gewerkschaftskonföderation LIGA mit 100 Millionen Forint den größten Sonderzuschuss einstrich. Die LIGA war mit ihren oft politisch motivierten Streiks ein wichtiger Bündnispartner des Fidesz in dessen Oppositionszeit und legte damals immer wieder den Bahnverkehr lahm. Als Dank dafür, aber auch für die neuerliche Zurückhaltung im Arbeitskampf erhielt die Gewerkschaft bereits eine Vorzugsbehandlung als Verhandlungspartner der Regierung sowie die ihr angeschlossene Eisenbahnergewerkschaft eine Barprämie aus dem Erlös der Privatisierung der MÁV Cargo (siehe Foto).

Das ebenfalls der Regierung zuneigende "Kooperationsforum der Gewerkschaften", in dem die LIGA auch wieder eine wichtige Rolle spielt, bekam ebenfalls 100 Mio., eine andere "gewogene" Gewerkschaft 50 Mio. Die nach Mitgliedern mit der LIGA in etwa vergleichbare MSZOSZ musste sich mit 25 Mio. HUF abspeisen lassen, die linke Dachgewerkschaft nahm das Geld dennoch an, auch die Föderation der "Arbeiterräte" bekam einen gleich hohen Trostpreis.

red.

 

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