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(c) Pester Lloyd / 12 - 2013   NACHRICHTEN 20.03.2013

 

Mit herzlichen Grüßen der Jobbik: Neuer Verfassungsrichter in Ungarn nominiert

Der Rechtsanwalt und Assistenzprofessor der ELTE-Uni, Imre Juhász, wurde vom Verfassungsausschuss des Parlamentes als neuer Verfassungsrichter nominiert, seine Ernennung ist reine Formsache. Er wird András Holló ersetzen, der in Kürze die Altersgrenze für Verfassungsrichter von 70 Jahren erreicht.

Der 50jährige Juhász machte 1986 seinen Juraabschluss, arbeitete als Anwalt sowie als Dozent und Assistenzprofessor an der Rechtsfakultät der ELTE-Universität. Er verfasste eine Arbeit gegen die Benes Dekrete, ist Mitglied einer Kommission zur Überwachung der Exekutive und war auch an einer Juristeniniative beteiligt, die sich mit der hoch politisierten Aufarbeitung der Polizeigewalt 2006 befasste. In dieser Kommission arbeitete er auch mit den einschlägigen "Juristen" und "Menschenrechtlern" der neonazistischen Partei Jobbik, Gaudi-Nagy und Morvai zusammen.

Während die MSZP der Nominierungssitzung fernblieb, weil sie den "fortgesetzten konstitutionellen Amoklauf" der Regierungspartei nicht mitmachen wolle, verzichtete Jobbik auf einen eigenen Kandidaten, da man den von Fidesz nominierten "mit gutem Gewissen" (wörtlich: mit gutem Herzen) unterstützen könne.

 

Mit der Ernennung von Juhász geht auch die personelle Gleichschaltung des Verfassungsgerichtes in eine entscheidende Phase. Zunächst hatte die Orbán-Regierung die Anzahl der Richter von 11 auf 15, also um mehr als ein Drittel erhöht. Bis Ende 2014 werden noch drei weitere Richter zu ersetzen seien. Bisher zeigte sich bei Urteilen, dass 4-5 Richter gewöhnlich relativ klar für die Regierungslinie stimmen, auch wenn die Mehrheit der Richter Verfassungsverstöße oder formale Unrechtmäßigkeiten erkannte. 3-4 der Richter bewegen sich meist zwischen den beiden Blöcken, z.B. in dem sie zwar mit der Mehrheit stimmen, aber eine eigene Urteilsbegründung verfassen. Dieses Verhältnis wird sich nun immer weiter zu Gunsten regierungstreuer bzw. -gewogener Urteile verschieben.

Der Regierung widersprechende Urteile der - nominal - höchsten Verfassungschützer hatten sowohl zur Einschränkung der Kompetenzen des Gerichtes geführt als auch zu den umstrittenen, tiefgreifenden Verfassungsänderungen selbst. Mit ihrer 2/3-Mehrheit hat die Regierungspartei das letzte Wort über die Verfassung längst übernommen und macht davon auch exzessiven Gebrauch, womit die Verfassung nicht mehr als Garant für, sondern als Waffe gegen den Rechtsstaat wirkt, weshalb von einem Verfassungsputsch zu sprechen ist.

red.

 

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