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(c) Pester Lloyd / 22 - 2013   WIRTSCHAFT 31.05.2013

 

Off-Shore-Pässe

Mit einem dubiosen Konstrukt will Ungarn Staatsbürgerschaften verkaufen, bisher erfolglos

Der Erwerb von Genusscheinen an Staatsanleihen über Off-shore-Töchter auf den Cayman-Islands, getätigt durch private, aber staatlich anerkannte Vermittlungsagenten, die anstelle von Zinsen vielleicht eine "Gebühr" auszahlen? Das ist sogar Halbweltgrößen, die auf diese Weise an einen EU-Pass gelangen sollen, zu dubios. Wie es "Ungarn besser machen" könnte, zeigt ein Blick zum Nachbarn.

Eigenartiges tut sich rund um die von der Regierung geschaffene Möglichkeit für "Investoren", durch den Erwerb von Staatsanleihen die ungarische und damit eine EU-Staatsbürgerschaft zu erkaufen. Das Gesetz, das - laut Begründung - vor allem für "Schlüsselinvestoren" aus China und der arabischen Welt, aber auch Russland und all jenen Ländern, die Teil der "strategischen Ostöffnung" als Alternative von der "Abhängigkeit von der EU" gedacht war, sieht vor, dass Geschäftsleute, die bereit sind ungarische Staatsanleihen im Wert von 250.000 EUR zu erwerben und mindestens fünf Jahre zu halten, "bevorzugte Investitionsbedingungen" und einen Pass erhalten sollen. So weit, so fragwürdig.

Für den Vertrieb dieses Modells hat die staatliche Schuldenagentur ÁKK jedoch ein sehr schräges Modell gewählt, das ein bisschen an die Tabakhandelslizenzen erinnert, nur nicht so für den Massenmarkt geeignet ist. So verkauft die ÁKK die Papiere nicht direkt an die Interessenten, sondern an einen privaten, jedoch vom ÁKK "gelisteten" "Agenten" als eine Art Bezugsschein. Auf diese gibt es auch keine Zinsen, sondern eine "Einwanderungsberatungsgebühr" in Höhe von 40.000 EUR. Wie der ÁKK-Chef erklären lässt, gibt es keine vertragliche oder gesetzliche Garantie, dass der "Agent" diese Gebühr in Form einer Ausschüttung auch an den interessierten Ausländer weitergibt.

 

Noch kurioser: die staatliche Schuldenagentur hat zum Zwecke des "Vertriebs" dieses Konstruktes drei Niederlassungen in ausgesprochenen Off-Shore-Staaten, konkret Zypern, Malta und den Cayman-Islands eröffnet. Der öffentlichen Hand sind Geschäfte mit Off-Shore-Konstrukten eigentlich gesetzlich untersagt, von selbst betreiben steht im Gesetz allerdings nichts, offenbar will man den Kunden dort abholen, wo er bzw. sein Geld eh schon sind, außerdem dürften die "Agenten" durchaus auch Interesse an Konten im außereuropäischen Raum haben. Das ÁKK sagte außerdem, dass man mit dem neuen Modell bisher noch niemanden anlocken konnte. Das liegt wahrscheinlich daran, dass selbst der zwangsläufig halbweltigen Zielgruppe dieses System zu kriminell erscheinen könnte.

Kleiner redaktioneller Tipp: in Österreich macht man nicht so viele Umstände bei der Einbürgerung von "strategisch wichtigen Personengruppen". Interessierte Russen riefen hier einfach den "Agenten" eines FPÖ-Landeshauptmanns an, spendeten ein paar Millionen für die Parteikasse, die Formel 1 und ein Fußballstadion und bekamen die Pässe als "part of the game" überreicht, das Innenministerium in Wien drückte die Augen zu und die Stempel drauf. Nach Jahren ging die österreichische Justiz dazwischen, was in Ungarn ja leicht zu unterbinden wäre.

red.

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