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(c) Pester Lloyd / 27 - 2013   WIRTSCHAFT 03.07.2013

 

Zinssenkungen mit Folgen

Ungarn ziehen Guthaben ab und plagen sich mit Kreditrückzahlung, Zwangsversteigerungen hinter Plan-Soll

Die seit elf Monaten permanenten Leitzinssenkungen der ungarischen Nationalbank auf nun 4,25% haben nicht nur Folgen auf den Finanzplatz, sondern auch auf die Währung und das Verhalten der Bankkunden. Der einzige Effekt der bisher ausblieb, ist jener, der am meisten gewünscht ist: eine Belebung des Wachstums. Die Schuldensituation bleibt dramatisch.

Entwicklung des Leitzinssatzes bei der MNB.

Die aktuellen Daten der Nationalbank weisen eine durchschnittliche Verzinsung von im Mai abgeschlossenen Forint-Anlagen von nur noch 4% aus. Eine Wirtschaftszeitung rechnete bereits aus, dass aufgrund der derzeitigen Inflation (ca. 2,5%), den Bearbeitungsgebühren der Banken, der angehobenen Transaktionssteuer und der neuen Sozialbgabe auf Zinserlöse für den Kunden ein negatives Ergebnis herauskommt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass (wieder) mehr Ungarn ihre Spareinlagen abziehen, allein 100 Milliarden Forint (ca. 340 Mio. EUR) verließen so nur im Monat Mai die Bankkonten, zweimal mehr als vor einem Jahr.

Die niedrigeren Zinsen bringen hingegen dem Markt für Hypothekenkredite, der - wie unten zu lesen - sonst in einer äußert kritischen Situation steckt, eine leichte Belebung bei Neukrediten. Diese nahmen gegenüber dem Vorjahr um 15% zu und erreichten in Mai ein Neuvolumen von 13,6 Mrd. HUF. Die Zinsen dafür belaufen sich derzeit auf rund 10% p.a., wer in den Genuss staatliche Beihilfen kommt, schneidet womöglich bei knapp über 6% ab, allerdings verteuern "Gebühren" und "Sonstiges" auch diese Kredite meist wieder bis an die 10%-Marke. Kredite für Unternehmen haben sich - im Schnitt - von 9,6% vor einem Jahr auf 6,9% verbilligt, werden aber weiterhin sehr restriktiv vergeben.

Es wird zurückgezahlt, doch die Schulden werden nicht weniger

 

Trotzdem die Ungarn fast jeden Monat mehr Kredite zurückzahlen als sie neu aufnehmen, verringert sich die private Verschuldung in absoluten Zahlen nur sehr langsam und auch nur durch eine zunehmende Verelendung des ärmsten Bevölkerungsdrittels. Deren Ausscheiden aus dem Kreditmarkt, durch Zwangsräumung oder schlicht uneinholbare Pleite bedeutet auf dem Papier eine Verbesserung der Kreditportfolios für den Rest und eine nominale Verringerung der Verschuldung (durch Kredite bei Banken).

Ende Mai waren Hypothekenkredite im Wert von 5.568 Mrd. Forint (ca. 19 Mrd. EUR) ausstehend, 8,6% weniger als vor einem Jahr, Konsumentenkredite insgesamt summierten sich auf 7.103 Mrd. HUF (24 Mrd. EUR). Alle an Private vergebenen Kredite summierten sich im Mai auf rund 31% der Wirtschaftsleistung des Landes und damit 5 Prozentpunkte über dem Wert von 2010! Das Volumen ist zum Vorjahr praktisch unverändert, d.h. Abzahlungen auf der einen Seite und Schuldenzuwachs durch Kursverfall des Forint auf der anderen Seite, hielten sich in etwa die Waage. Das Problem, dass die Schulden, trotz ständiger Rückzahlungen nicht weniger werden, kennt also der Private in Ungarn genauso wie der Staat.

63% dieser Kredite sind nach wie vor in Fremdwährung notiert, deren Raten hängen also direkt am anfälligen Wechselkurs des Forint. Im Schnitt kosten diese Kredite den Kunden außerdem 10% jährlich Zinsen, wobei die Forex-Kredite wegen der Beleihung in Franken oder Euro nur mit 2-6% Zinsen belastet sind, die in Forint ausgegebenen aber Jahreszinsraten von 23% im Schnitt erreichen, dafür jedoch kein Wechselkursrisiko haben.

Banken konnten nur ein Viertel der "fälligen" Objekte zwangsversteigern

Für die Finanzaufsicht PSZÁF sind es nur "wenige" zwangsversteigerte Immobilien, die die Banken für das erste Halbjahr 2013 gemeldet haben. 5.500 mal kam demnach zwangsweise der Auktionator, um so viel wie möglich von den gescheiterten Hypotheken für die Banken noch flüssig zu machen. Nach Angaben der Kreditinstitute hätte man derzeit jedoch ein Portfolio von rund 21.000 für die Zwangsversteigerung fälligen Objekten, allein der Markt nähme so viel nicht zu angemessenen Preisen auf. Auch seien Verkäufe überhaupt nur in Budapest und Umgebung zu realisieren, auf dem Land ist moment überhaupt nichts an den Mann zu bringen.

Die 21.000 Liegenschaften repräsentieren rund ein Fünftel der als notleidend (non performing, mehr als 90 Tage in Verztug) eingestuften Hypothekenkredite in Ungarn. Der Kreditausfall allein in diesem Segment beläuft sich auf geschätzte 3 Milliarden EUR bzw. 3% des BIP, 26% aller Kreditverträge sind praktisch hinfällig (
mehr dazu). In immer mehr Fällen erfordert die Zwangsversteigerung auch die Zwangsräumung, ein Aspekt, den jedoch weder die Banken, noch die PSZÁF interessieren.

red.

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