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(c) Pester Lloyd / 39 - 2013   TOURISMUS 23.09.2013

 

G`schichten aus dem Wienerwald
Neue und alte Orte zum Hinfahren, Nachdenken und Genießen (Teil 2)

Teil 1 Teil 2 Teil 3

Klosterneuburg: Über Legenden, Stifte und Nationalheilige

Klosterneuburg und Heiligenkreuz sind heute Touristenmagnete allerersten Ranges. Solches wird man nur, wenn mehrere Faktoren zusammenkommen. Am besten funktioniert das über biblische Mythen, einen guten Landesherrn aus den dunklen Anfängen, vielen Reliqien in den Museen, Kunstsammlungen von Weltgeltung und das alles eingebettet in Landschaft und Genuss. All das und mehr bieten Geschichte und Gegenwart der Stifte in Niederösterreich, voran die im Wienerwald.

Klosterneuburg begeht im nächsten Jahr sein 900 jähriges Bestehen. Das fällt zeitlich ziemlich genau zusammen mit wichtigen Staatsereignissen, Königen, Kaisern in Deutschland und Ungarn, den Bayern, also der unmittelbaren Nachbarn - Verwandtschaften inklusive. Markgraf Leopold III., ein Babenberger der bayerischen Mark Ostarricchi, gründete 1114 ein weltliches Chorherrenstift und zwar genau dort, wo bei einer Jagd der verlorene Schleier seiner Gemahlin Agnes wiedergefunden ward. Sie, Tochter Kaiser Heinrich IV., jenes Aufsässigen, der nach Canossa musste!

Diese Legende zusammen mit dem Prestige und Reichtum der Mitgift der Markgräfin werteten die Klostergründung auf. Die Berufung der Augustiner Chorherren hoben dann den Stellenwert im christlichen Raum und waren Garant für wirtschaftliches Aufblühen, zu dem die Friedfertigkeit Leopolds III. und seiner Nachfolger beitrugen. Lediglich Verteidigungen gab es, u.a. gegen die aggressiven Ungarn, die auch hier an deren Geschichte erinnern.

Ihr erster christlicher König, Stefan, wurde durch die Heirat mit der Bayerin Gisella befriedet und durch die Heiligsprechung Stefans wie auch der Leopold III. in das Zentrum der Aufmerksamkeit christlicher Politik gehoben. Leopolds Grab wurde Walfahrtsstätte, es kam zu Zuwanderungen, Kaufkraft, damit Kunst und Kultur erblühten - und das bis heute. Viel hat die Geschichte zu bieten: So stiftete 1616 Erzherzog Maximilian III. den Erzherzogshut, die heilige Krone Österreichs, hier zur ewigen Aufbewahrung, deren Bedeutung sich über die ältere Stefanskrone Ungarns stellen sollte.

Der barocke Ausbau des Stifts durch Kaiser Karl VI. mit dem Architekten Donato F. d´Allio, den die Österreicher freundlich „herrn Knoblauch“ nennen, wurde als Karls „österreichisches Escorial“, als Herrschersitz, Grablege und Kloster konzipiert, aber nur zu einem Viertel realisiert. Es prägte das heutige Bild dennoch mächtig, wie ganz Österreich dem Strom der Barockisierung nicht entging.

Die Weltoffenheit der Augustiner Chorherren (gegenwärtig leben mehr als 50 aus mehreren Ländern hier), ihr spiritueller Reformgeist, Seelsorge in den Gemeinden und die Öffnung der Schätze des Klosters (unter ihnen der berühmte Verduner Altar von 1081) für die Öffentlichkeit schon seit 1774 strahlen aus. Das Zugehen auf Erwartungshaltungen war und ist ihr Geheimrezept. So wurde Leopold als Stiftsgründer der Nationalpatron Österreichs, sein Todestag, der 15. November, ist bis heute Feiertag in Niederösterreich. Das Fasselrutschen im Binderstadl der Weinkeller seit 1814 eine Kinderbelustigung, die Erinnerungen schafft und den Stift zu keiner Furcht einflößenden Institution macht.

Tiefpunkt war sicher die Aufhebung des Stiftes durch das NS-Regime in den Jahren 1941-45, womit man ins Mark der österreichischen Nation traf und oppositionelle Kräfte in Kreisen der Kirche ausschalten wollte. Das Stift war und ist heute eine der wichtigsten, wohl eine der effizientesten Wirtschaftseinheiten der Region mit bedeutender moderner Land- und Waldwirtschaft, prämiertem Weinbau, sozialen Projekten und Kulturförderung. So wurden der junge Egon Schiele, man bedenke seine Sujets !, bereits 1908 im Stift gezeigt. Seit 1991 gibt es regelmäßige Sonderausstellungen, 2011 wurde die neue Schatzkammer eröffnet. Hier sind der Erzherzogshut, die Schleier-Altäre, Lithurgische Geräte und Gewänder von hoher Kunstfertigkeit nun ständig zu sehen, und 2013 eröffnete noch die Galerie der Moderne.

Den Chorherren begegnet man im ganzen Areal. Dr. Walter Simek, Kämmerer des Konvents, arbeitet mit Tourismusverbänden zusammen, empfängt in seiner schwarzen Soutane mit schmalem „weißen Schlips“ (dem Saroccium, Rest des weißen Chorhemdes) zusammen mit Winfried Gerber Leiter der Abteilung Kultur, Tourismus & Marketing des Stiftes, Delegationen und Journalisten in der ewig unvollendeten wunderbaren Sala terrena mit ihren mächtigen Atlantenfiguren. Sie berichten von Aktivitäten, Hilfsprojekten für Kinder  und ständigen Restaurierungsarbeiten bei einem Glas hauseigenen Premiumsekt die unendliche Erfolgs-Geschichte. Eine Atmosphäre gegenseitigen Respekts, wo sich Himmel und Erde unverkrampft begegnen können.

Die zum Stift gehörende „Gastmeisterei“ machte ihrem Namen alle Ehre, wartetet mit regionalen Speisen, Weinen oder Bieren auf und verwöhnte mit einer feinen Nusstorte aus Haselnuss und Mandeln. Besonders angenehm war die Bedienung, deren einige Kollegen Ungarns Warmherzigkeit herüber gerettet hatten.

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Weiterfahrt wenige Kilometer nach Stift Heiligenkreuz. Hilfe, noch eine solch komprimierter locus authenticus?! Das kann man logistisch an einem anderen Tag platzieren, aber auslassen, niemals!

Eingebettet in die dichten Laub und Nadelwälder des Wienerwaldes - hier gibt’s neben den üblichen Fichten und Tannen, Dachl-Kiefern von beeindruckenen Ausmaßen - liegt die Stifts-Gründung von Leopold V., Enkel Leopold des III. Deshalb schließt die Geschichte an und muss nicht noch einmal erklärt werden. Leopold V. brachte von einem seiner Kreuzzüge einen 23 cm großen Splitter vom Kreuze Jesu mit, die hier in der Kreuzkirche verehrt wird (Zugang auch von außerhalb der Klostermauern).

Durch das Eingangstor kommt man in den Florentinerhof des Zisterzienserkloster Heiligenkreuz. Ein Orden, der die Zuwendung zu Gott und den Menschen praktiziert. Wir Journalisten werden von Pater Karl und Frater Konrad leutselig begrüßt. Ersterer ist eines der bekannten Gesichter des Hauses, der in einer „Wetten-das!-Sendung“ die Chants-CD vorstellte, greogorianische Gesänge in Pop-Version - auch eine Art wirksame Öffentlichkeitsarbeit. Frater Konrad ist gerade zum Lektor berufen worden, denn hier gibt es auch eine theologische Hochschule, also ein Priesterseminar, wo aus aller Welt der Nachwuchs geschult wird, angeschlossen sogar ein Vietnam-Seminar.

Für Besucher ist besonders bedeutend, dass sich hinter der romanischen Westfassade tatsächlich eine noch romanisches Kirchenschiff verbirgt mit einem byzantinischen Kruzifix und romanischem Altar. Das prächtige Chorgestühl und einzelne Figuren sind schon aus neuerer Barock-Zeit. Dort nehmen zu den acht Andachten am Tage die Mönche Platz und singen in alter Manie gregorianische Litaneien. Durch die Einheit von Raum und Lithurgieform hat Heiligenkreuz Berühmtheit erhalten. So werden die Messe (6.25 Uhr), die Vesper (18 Uhr) und das Komplet (19.45 Uhr) feierlich gesungen, dazwischen auf einem Ton „meditiert“, oder wie um 12 Uhr auf Terz und Sexte gesungen - lateinisch natürlich. Der Tagesablauf wird von „ora et labora“ geprägt, weil die Zisterzienser dem Hl. Bendict verpflichtet sind. Zwischen 8 und 12 und 14-18 Uhr gehen sie Studium, Arbeit, Forschung und Seelsorge nach.

Viel darf dem strengen Zeit-Reglement nicht dazwischen kommen, da kann der liebevollen Menschenführung schon mal ein harsches Wort folgen. Hält man sich an Frater Konrad (23 Jahre) wird man im Kreuzgang mit wunderbaren roten Säulen mit Blumen und Früchten auf den Paradiesgarten aufmerksam gemacht. Vom Kreuzgang gehen die Anna-Kapelle, die Totenkapelle und der Brunnenraum ab, wo sich die Mönche vor dem Essen waschen, bevor sie das Refektorium betreten. Wundervolle Intarsienholztüren aus der Barockzeit hüten Räume, wo die Öffentlichkeit außen vor bleibt: Der Konvent gehört dazu und die Bernardi-Kapelle. Im Kapitelsaal ist die Grablege von mindestens zehn Babenberger Herzögen, darunter Markgrafen und deren Frauen.

Leopold dem V. wird der Ursprung der österreichischen Farben Rot-Weiß-Rot nachgesagt. Der Legende nach soll während des Kreuzzuges sein weißes Gewand so Blut getränkt worden sein, dass nur noch anstelle des Gürtels das Weiß zu sehen war.

Im Klosterladen, im Restaurant und Café vor dem Tore ist man dann wieder im Diesseits, dass man während der Besichtigung wegen der Fülle an Historie und Kulturverweisen allerdings auch nicht verlassen musste.

www.heiligenkreuz.at

Der knurrende Magen holt uns Kulturreisende zu den irdischen Bedürfnissen zurück. Unsere Reisbegleiterin, Katharina Trost von der PR Plus GmbH aus Wien, und Stefan Gabritsch, Geschäftsführer der Wienerwald Destination, wissen, was Journalisten gut tut und so fahren wir zur berühmten Höldrichsmühle, Hotel und Restaurant in Hinterbrühl. Brühl bedeutet nichts anderes als Wiese, was unseren sächsischen Staatsminister gleichen Namens in die Ränge verweist. Das Restaurant ist wohlbekannt und gelobt seit schon vor hunderten Jahren Berühmtheiten einkehrten und sich in Küche, Keller, Ambiente und die Bedienung verliebten. Dazu gehörten neben Aristokraten incognito auf jeden Fall unser Ludwig van Beethoven, dem man somit Gemüt nachsagen kann und der im nahen Baden bei Wien seine neunte Sinfonie, rsp. die „Ode an die Freude“ komponiert hat, die damals noch nicht „Europahymne“ hieß. Franz Schubert war in der gastlichen Mühle oft und gerne und soll dort mindestens seinen „Lindenbaum“ in Töne gesetzt haben. An die Gegend von damals, an die Beschaulichkeit von einst erinnern im Restaurant noch einige Gewölbe, ein paar schöne Bilder und die Freundlichkeit der Wirtsleute. Draußen vorm Hause waren komische Töne zu hören: Pfeifen, Miauen, Handy-Klänge und Wiener Dialekt. Woher sie kamen? Aus einem Vogelbauer oben aus der Mansarde in der ein Graupapagei wohnt...

Hotel Restaurant Hoeldrichsmühle, A-2371 Hinterbrühl, Gaadnerstr. 34
www.hoeldrichsmuehle.at

red./E. F. (Fotos: AW)

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