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(c) Pester Lloyd / 44 - 2013   POLITIK   30.10.2013

 

Regierungspartei in Ungarn will wegen Baja-Video-Skandal 3 Jahre Haft für "gefälschte Fotos und Videos"; Models, Fotografen und Weihnachtsmänner in Panik

Na, hoffentlich ist das nicht “manipuliert”

Es ist wieder einmal Zeit für ein Anlassgesetz: Fidesz-Fraktionschef Antal "das Täschchen" Rogán kündigte an, dass das Strafrecht "als Antwort auf den Baja Video-Fall" angepasst werden müsse. Und zwar, "weil der Fall der Fälschung eines Beweismittels das Funktionieren demokratischer Institutionen unterminiert" habe, begründet er reichlich verschwurbelt den Schritt, ohne kundzutun, welche "demokratische Institution" nach der Publikation des Videos nicht mehr funktionierte. Ziel sei es, dass "Jeder, der gefälschte Fotografien und Videos produziert, für ein bis drei Jahre ins Gefängnis wandert" und fügt hinzu, dass "Jeder, der diese notwendige Gesetzesanpassung nicht unterstützt, Dreck am Stecken hat". Die "Sozialisten" reagierten auf den Vorstoß einigermaßen kleinlaut. Das Gesetz würde "nur den PR-Interessen" der Regierungspartei dienen und daher abgelehnt.

Für die Regierungspartei ist es ja bereits ausgemachte Sache, dass das Video, das den Stimmenkauf des Fidesz bei einer Nachwahl in Baja dokumentieren soll, sich aber als plumpe Fälschung heraustellte, ein Auftragswerk der "Sozialisten" war. Dafür gibt es zwar keinen Beweis, außer die Mittäterschaft eines ehemaligen DK-Mitgliedes, aber damit nimmt man es generell nicht so genau, wenn nur die Richtung stimmt. Es wäre auch interessant zu wissen, was die Fidesz-Rechtsexperten zu Rogáns Vorstoß sagen, denn diese werden ja immer erst konsultiert, wenn das Verfassungsgericht kopfschüttelnd die zum Gesetz erhobenen Schmierzettel des Fraktionsführers ans Parlament zurückgeschickt hat.

 

Nach dem von Rogán verbreiteten Gesetzestext müssten nämlich bald alle Models, Magazinhersteller und Werbefotografen des Landes zwangsläufig im Gefängnis sitzen, möglicherweise auch der Fidesz-Hoffotograf und die Distributeure von Photoshop und ähnlichen Programmen. Das würde auf Rogáns Homestories in diversen Hochglanzgazetten Einfluss haben. Mal ehrlich, wer will bitte ungeschminkte Politiker sehen? Aber egal. Der "Rechts"-staat geht vor. Auch egal, dass Verleumdung, üble Nachrede, Betrug etc. unabhängig davon, mit welchen Medien sie transportiert werden, natürlich längst Teil des Strafgesetzes sind.

Die Gesetzesanpassung wird im November "beraten" und soll schon "im Dezember in Kraft treten", so könnte man noch rechtzeitig Nikoläuse und Weihnachtsmänner jagen, die bekanntlich auch und noch dazu gewerbsmäßig ein "falsches Bild" von sich machen. Bajas Bürgermeister, Róbert Zsigó, legte nach, dass man das Gesetz mache, um "glaubhafte, faktentreue Journalisten zu unterstützen". Solche vielleicht? - Fidesz-Sprecher Kocsics sortierte den Jura-Wust seines Fraktionschefs etwas, in dem er einschränkte, dass Mainpulationen an Bild und Ton strafbar sein sollten, wenn sie "anderen schaden". Richtig so. Das Gesetz gibts zwar auch schon, aber doppelt hält vielleicht besser. Denn ginge es wirklich danach, wäre morgen der öffentlich-rechtliche Rundfunk abgeschaltet.

red.

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