THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 44 - 2013   BOULEVARD   30.10.2013

 

"Fresst Scheiße, Ihr Arschlöcher!"

Rüde Beschimpfung gegen Auslandskorrespondenten durch Mitarbeiter
des führenden Regierungsblattes in Ungarn

Da hat wohl einer seiner Tabletten zu früh abgesetzt. MTI, die amtliche ungarische Nachrichtenagentur meldet heute, dass der Brüsseler Korrespondent der führenden regierungsnahen Tageszeitung Ungarns, "Magyar Nemzet", István Lovas, bereits vor einer Woche mit einem Schmähbrief über die Ungarn-Korrespondenten ausländischer Medien hergefallen ist.

In englischer Sprache schrieb er an die in der Hungarian International Press Association (HIPA) organisierten Korrespondenten mit der Einleitung "Hört mal, Ihr Scheißköpfe" seinen Frust darüber herunter, warum die Ausländer sich verweigern, seine resp. die "richtige" Sicht der Dinge zu schreiben: sie würden "riesige Skandale der Sozialisten" einfach aus ihrer Berichterstattung ausklammern, wie zum Beispiel die Verleumdungskampagne gegen das Fidesz bei den Nachwahlen in Baja (
wir berichteten) oder die kürzliche Aussage Gyurcsánys, die Sozialisten hätten unter seiner Führung Gelder von "außerhalb Europas" (wir berichteten) angenommen. Die Budapester Korrespondenten ausländischer Zeitungen und Sender sind für Lovas allesamt "Arschlöcher" und er grüßt am Ende mit "Fickt Euch und fresst Scheiße!", meldet MTI. Den Wortlaut finden Sie am Ende des Beitrages, HIPA leitete das Schreiben an die Mitglieds-Korrespondenten weiter, die meisten entschlossen sich, es zu ignorieren.

István Lovas (rechts) in den Fußstapfen eines Zsolt Bayer? Der studierte Politologe mit Ausblidungs-Stationen in den USA und Frankreich, war bis 1990 Journalist bei Radio Free Europe in München und danch rund ein Jahrhzehnt bei “Magyar Demokrata” einem Blatt,das - Lieblingszeitung Orbáns - zu nicht geringem Teil dem rechtsradikalen Spektrum zuzuordnen ist. Unter der ersten Orbán-Regierung kam er kurz beim öffentlichen Radio unter, dann übernahm er die Brüsseler Korrepspondentenstelle beim Regierungsblatt “Magyar Nemzet”.

Als rühmliche Ausnahme benannte Lovas in seinem Schreiben Nick Thorpe, der für die BBC arbeitet und - ganz in angelsächsischer Tradition - eher eine Art "story-hunter" als wirklich analytischer Journalist ist. Dass dieser der Orbán-Regierung jedoch explizit unkritisch gegenübersteht, wäre den Kollegen eher neu. Als eines der schlechten Beispiele für "völlig abwegige Berichte" über Ungarn verlinkte Lovas hingegen ausgerechnet einen Beitrag aus "Die Welt" über die Konvertierung eines Jobbik-Politikers zum Juden, interviewt und aufgearbeitet von Boris Kálnoky, einem Korrespondenten, der sich beim Springer-Flagschiff zwar geschmeidig an die vermeintlich gewünschte Ungarn-Linie anpasst, sich auf privaten Blog-Einträgen aber als ziemlicher Fan der ständisch-frömmelnden Retrokutsche in Ungarn outet. Lovas müsste ihn eigentlich umarmen.

 

Wie auch immer, dass die meisten ausländischen Berichterstatter in und über Ungarn praktisch alles Liberale (in Ungarn eine böse Schmähung), wenn nicht Sozis oder sonstige von der Ostküste, den Multis oder der EUdSSR gesteuerte Vasallen sind, ist eigentlich aus den Mündern der Fidesz-Staatspartei nichts Neues, schon in der ersten Orbán-Regierung gab es eine Blacklist nicht genehmer Schreiberlinge und heute erklärt der Unterstaatssekretär Ferenc Kumin auf seinem Blog immer, wie unterqualifiziert, ungebildet und fremdgesteuert sie sind. Bisher war eigentlich nur Orbán-Freund Zsolt Bayer in der "Magyar Hírlap" für die Fäkalbeschimpfungen der "linken Weltverschwörung gegen die weiße, christliche Rasse" zuständig, Lovas und seine "Magyar Nemzet" bemühten sich bisher immerhin noch um die Wahrung eines seriösen Scheins. Wie gesagt, wir empfehlen ärztlichen Beistand.

Hier der Brief im Wortlaut:

Listen Shitheads, that is, all foreign correspondents in Budapest with a few and truly honorable exceptions, such as Nick Thorpe of the BBC:
I have never ever been as rude in my life as I am being now in any article, or in any "official" letter addressed to anyone, unlike so many of your friends and trusted sources in the left-liberal media.
But you, fucken shitheads, deserve it. At least once.
You have just failed to report on the gigantic scandals of the Socialists, rocking the country, in trying to frame Fidesz in the Baja elections, or former PM F. Gyurcsany's public admission that MSZP, when he was at its helm, received funds secretly from outside Europe,  while, just to earn your keep,  you are writing reams about everything else than - as usual -  the events that really move Hungary and the electorate.
Some examples, assholes:
(...)
or
http://www.welt.de/politik/ausland/article121038974/Warum-ein-Judenhasser-zum-Jud entum-konvertiert.html
I hope the next week, just to compensate for your
 silence on issues that really matter and would matter to your readers who get the same fare from you all the time, you will write a dozen of articles on anti-Semitism in Hungary, and the collusion there between the government and Jobbik.
Why don't you just fuck off, or, as, supposedly, we live in a democracy, eat shit to change your diet ordered by your editors?
Kind regards,
Istvan LOVAS
Brussels correspondent
Magyar Nemzet
+32 (0) 47 356 0204

red.

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