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(c) Pester Lloyd / 45 - 2013   NACHRICHTEN   08.11.2013

 

Gebt dem König, was des Königs ist: Budapester Burgpalast soll Regierungsviertel werden

Übt schonmal das Hofprotokoll: Vereidigung von Staatsdienern im Innenhof de Burgpalastes.

Seit langem wird darüber gesprochen, das im Parlament angesiedelte Amt des Ministerpräsidenten endlich auszulagern. Dafür gibt es nicht nur praktische und sicherheitstechnische Gründe, sondern es gehört auch zum Wesen der Demokratie, dass Regierung und ihr wichtigstes Kontroll- sowie das Gesetzgebungsorgan zwar miteinander, aber eben auch unabhängig voneinander arbeiten. Die räumliche Trennung sollte dabei mehr als nur ein symbolischer Akt sein, allerdings stehen die Zeichen in der Ein-Mann-Demokratie Orbánscher Prägung dafür nicht sonderlich günstig.

Wer nun dachte, der Premier würde sich mit einem repräsentativen Bau für sein neues "Kanzleramt" zufrieden geben, der unterschätzt wieder einmal die Eitelkeit von Politikern im Allgemeinen und den Größenwahn unseres Landesfürsten im Speziellen: es muss schon die Top-Immobilie des Landes sein. Wie jetzt bekannt wurde, sollen große Teile des Budaer Burgpalastes, also dem ehemaligen Sitz der Könige und Regenten zu Zeiten, da Ungarn noch keine Republik war, zum "Regierungsviertel" für die Zeiten, da Ungarn sich anschickt keine Demokratie mehr zu sein, um- und ausgebaut werden.

Der Beschluss dafür fiel bereits im Sommer, wurde aber - aus "Sicherheitsgründen" bisher nicht amtlich bestätigt. Über Kosten und Umfang des Projektes ist nach wie vor nicht viel bekannt. Erster Widerstand regte sich nach Gerüchten im August, Bürgerrechtsgruppen gaben die Parole aus, dass "die Burg uns allen gehört". Mit dem Parlament hat Ungarn - gemessen an der Bevölkerungszahl - bereits das größte Parlament der Welt, mit dem Burgpalast - gemessen an der `Größe` des Regierungschefs - den größten Regierungssitz des Universums!

 

Für dieses Projekt muss unter anderem die im Burgpalast seit Jahrzehnten beheimatete Nationalgalerie ausgesiedelt werden, die in das neu zu schaffende Museumsquartier beim Stadtwäldchen ziehen wird. Fraglich ist bei der Umsetzung auch der Verbleib des Historischen Museums in den hintersten Trakten der Burg. Auch mit den Fröhlichen Wein- und Gelagefesten auf den Vorplätzen und im Hof des Königsschlosses dürfte dann Schluss sein. Ob und welche Teile dann überhaupt noch für Touristen zugänglich sein werden, immerhin ist der Burgpalast einer der Hot Spots für jeden Budapest-Besucher, bleibt offen.

Unweit der Burg, im Sándor Palais residiert bereits der (Fidesz)-Staatspräsident, mehrere Botschaften sind auf dem Burgberg angesiedelt, auch eine neue Eliteeinrichtung der Akademie der Wissenschaften entsteht. Der verfügt auch über eine ausgedehnte Unterwelt, die Regierung müsste sich also wie zu Hause fühlen, Weltkriegs-Lazarett, Höhlen mit geheimen Fluchtwegen, kurz: alles was das Regentenherz begehrt. Und: das Gebiet lässt sich aufgrund seiner Lage bestens von aubrausenden Volksmassen abschirmen.

Die Planungen für ein riesiges Regierungsviertel auf dem Gelände hinter dem Budapester Westbahnhof unter den sozial-liberalen Vorgängerregierungen wurde schon Jahre vor dem Machtwechsel aus Kostengründen abgeblasen.

red.

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