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(c) Pester Lloyd / 46 - 2013   NACHRICHTEN   13.11.2013

 

100.000 Schuss für "Privatarmee" des ungarischen Parlamentspräsidenten

Wozu braucht die kürzlich in Verfassungsrang erhobene 400-Mann-starke "Parlamentsgarde" eigentlich 100.000 Schuss Munition? So viel Patronen kaufte die Einheit kürzlich für den Preis von 17 Mio. Forint (rund 60.000 EUR.), gleichzeitig wurde langfristig ein Schießstand im IV. Budapester Bezirk angemietet, berichtete am Dienstag die gewöhnlich gut informierte Boulevardzeitung "Blikk". Nach Insider-Aussagen sollen die rund 350 bewaffneten Garde-Angehörigen viermal im Jahr auf die Shooting-Range ziehen, um ihre Schießkünste zu verfeinern.

Schwören Sie auf das Volk, den Parlamentarismus oder auf László Kövér? Angeblich auf die Verfassung, aber was ist die noch wert, wie weit würde der Fidesz-Rechtsaußen im Extremfalle gehen?

Die Aufgabe der Garde ist mit dem Schutz des Parlamentsgebäudes und des Vorplatzes sowie der Gewährleistung der Arbeit der Legislativen Versammlung beschrieben. Sie wird als Sondereinheit des Innenministeriums verwaltet, untersteht aber - und das ist mehr als ungewöhnlich - "bei Bedarf" dem Einsatzbefehl des Parlamentspräsidenten. Dieser kann die "Garde" z.B. auch zum Entfernen widerspenstiger Abgeordneter einsetzen, die einem von ihm ausgesprochenem Saalverweis nicht Folge leisten wollen oder irgendwie anders auffällig werden. Eigentlich soll die - im operettigen Retro-Style, in dem manche Anklänge an Horthy- sogar Wehrmachtsuniformen erkennen wollen, ausstaffierte - Garde nur als eine Art Sicherheitsdienst fungieren, für den eigentlichen Objektschutz sind nach wie vor Polizei sowie Antiterroreinheit TÉK zuständig. Die Aufmunitionierung ist daher sichreheitstechnisch nicht nachvollziehbar.

Die Parlamentsgarde fiel im Februar durch polizeiliche Anmaßungen außerhalb ihres direkten Zuständigkeitsbereiches auf.

 

Der derzeitige Parlamentspräsident László Kövér gehört zum rechten Rand der Regierungspartei Fidesz und fiel in der Vergangenheit mehrfach durch antisemitische Sympathiekundgebungen (Nyirö-Ehrung in Rumänien) und revanchistisches Gedankengut (“Kriegserklärung an Slowakei”, "überall wo Ungarn leben, ist Ungarn”) auf. Vom israelischen Parlament wurde er zur persona non grata erklärt. In einem Interview beklagte er, dass das Parlament zu viel Macht habe und die Regierungsarbeit störe. Diese solle mehr auf "Dekrete" setzen, statt auf Gesetzgebung.

Vor wenigen Tagen unterband er die Sitzungsleitung durch seinen MSZP-Stellvertreter, um Premier Orbán unangenehme Zwischenfragen zu ersparen, gestern verhängte er eine 130.000 Forint-Strafe gegen eine links-oppositionelle Abgeordnete, weil sie - im Zuge der Proteste gegen den Ex-Fidesz-Abgeordneten Balogh, der seine Frau schwerst verprügelt hatte - fragte: "Ist Frauen verprügeln in Ordnung, Fidesz-Jungs?". Bereits zuvor hatte Kövér kritische Nachfragen Oppositioneller unterdrückt.

Mehr zu den Machtbefugnissen des Parlamentspräsidenten

red.

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