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(c) Pester Lloyd / 47 - 2013 NACHRICHTEN 18.11.2013

 

Öffentlicher Rundfunk in Ungarn verweigerte Auskünfte trotz Gerichtsentscheid

Wie berichtet, verweigerte die zentrale Aufsichtsbehörde über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, MTVA, seit Jahren Auskunft auf Anfragen im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes zur Verwendung bestimmter (öffentlicher) Gelder, z.B. für Produktionsfirmen. Besonders hartnäckig wollte das Transparenzportal atlatszo.hu wissen, wie die finanziellen Zuwendungen bei der gescheiterten Sitcom "Marsbewohner" (Marslakók) abliefen, über mehrere Instanzen klagte man die MTVA, die sich immer wieder weigerte, genauere Auskünfte über den finanziellen Schaden von geschätzt rund 1 Mrd. Forint (3,5 Mio. EUR) zu geben.

Selbst, nach dem ein Berufungsgericht ein letztinstanzliches, also rechtskräftiges Urteil herbeiführte, das die Veröffentlichung der Informationen verlangte, weigerte sich der Staatsfunk, was nun die Polizei auf den Plan rief. Erst die unmittelbare Androhung von exekutiver Gewalt, also Hausdurchsuchungen, Bußgeldern bis hin zu Beugehaft, hat die "Staatsdiener" in der Rundfunkzentrale letztlich bewegt, die Publikation der Zahlungsbewegungen vorzunehmen. Die Überraschung war gering, als man als Zahlungsempfänger eine der protegierten Produktionsfirmen sah, die auch noch Gelder erhielt, als die grauslich schlechte Serie längst eingestellt war. Immerhin hat man nun aber Gewißheit, wie der Laden läuft und kann das Publikum darüber aufkären.

Beobachter sprechen von einem "fatalen Signal", wenn öffentliche Behörden, weil sie von Parteifunktionären geleitet werden, sich Gerichtsurteilen verweigern. Das sei nicht nur eine Frage des Respekts vor der Justiz, sondern ein Angriff gegen rechtsstaatliche Prinzipien. Premier Orbán gibt diesem Geschehen ein schlechtes Vorbild, er hatte bereits mehrfach Gerichtsurteile als "falsch" bezeichnet und sie durch Gesetzesänderungen gekippt, zuletzt kündigte er am Freitag erneut einen Eingriff hinsichtlich der Forex-Kredite an, wenn die zuständigen Gerichte nicht in seinem Sinne ("Interesse des Volkes") entscheiden.

 

Wie berichtet, haben MTVA (öffentlich-rechtlicher Rundfunk) und NMHH (Medien- und Frequenzbehörde) bereits neue Schliche gefunden, sich der Auskunfstpflicht zu entziehen. Seit neuestem hilft ihnen dabei auch eine weitere Einschränkung der (eigentlich von der EU garantierten) Informationspflicht von steuerfinanzierten Behörden gegenüber Bürgern. Im Zuge der ganz offen unter Parteifreunden verschobenen Vergabe der Tabakhandelslizenzen griff die Regierungspartei ihren Begünstigten legislativ unter die Arme. Das Informationsfreiheitsgesetz wurde stark eingschränkt, Dank schwammiger Formulierungen zu "übertriebenen Anfragen", "Behinderung der Behördenarbeit" und der Überlassung der Definition von "Geschäftsgeheimnissen" an die Behörden selbst. Atlatszo.hu wendet sich nun in einem konkreten Fall (Trafiklizenzen in Budapests XII. Bezirk" erneut ans Gericht, um das zuständige Nationale Entwicklungsministerium zum Herausrücken der Ausschreibungsunterlagen zu zwingen.

red.

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