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(c) Pester Lloyd / 50 - 2013 NACHRICHTEN 11.12.2013

 

Europäischer Gerichtshof: Verbot der "Ungarischen Garde" war rechtens, Aufmärsche gehen weiter

Das 2009 verhängte Verbot der "Ungarischen Garde", einer militanten Vorfeldorganisation der neonazistischen Jobbik, verstößt nicht gegen das Grundrecht der Versammlungsfreiheit. Das stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg am Dienstag in einem Urteil zu einer Klage von Jobbik-Chef und "Garde"-Gründer Gábor Vona fest. Im Subtext des Urteils liest man Kritik an der mangelnden Verfolgung rechtsextremer Straftaten in Ungarn.

Eine Vereidigungszeremonie von Gardisten vor dem Präsidentenpalast in Budapest.

Jobbik-Chef Vona versuchte in Straßburg darzustellen, dass die verbotene "Vereinigung" nicht mit den marschierenden Gruppen, der "Bewegung" identisch gewesen sei und die Ziele der ersteren "vereinbar mit den Prinzipien von Pluralismus und Toleranz in einer demokratischen Gesellschaft" waren. Das Gericht folgte dieser Darstellung nicht und bezeichnete die Auftritte der Gruppierung, vornehmlich in von Roma bewohnten Orten als "Angst erzeugend" und zum "Hass aufstachelnd". Das Gericht folgte der Begründung des ungarischen Gerichtes, dass darin den Versuch "der Errichtung einer essentiell rassistischen Gesellschaftsordnung" erkannte. Einen Unterschied zwischen Bewegung und Vereinigung wollte das Gericht nicht erkennen.

Straßburg erkannte an, dass das Verbot einen "harten Schritt" darstellte, der aber angesichts der gesamtgesellschaftlichen Gefährdung, die von der Gruppe ausging, gerechtfertigt war, zumal der Staat das Verbot noch milde umgesetzt habe, lies: er hätte auch Jobbik gleich mitverbieten können (sollen?). Auch habe der Staat auf weitere Sanktionen gegen die Mitglieder der dann verbotenen Garde verzichtet, diese konnten also ihre politischen Aktivitäten anderswo fortsetzen (lies: Garden unter anderen Namen gründen, weiter marschieren etc.), daher kann man von keiner übertriebenen staatlichen Gewaltandwendung oder Grundrechtseinschränkung sprechen.

Das Urteil enthält einige nützliche Hinweise für die Argumentationsmöglichkeiten bei einem versuchten NPD-Verbot, zumindest hinsichtlich der Absicherung gegenüber EU-Recht.

Im Fahrwasser der uniformierten Märsche der "Garden" 2008/2009 kam es - teils in den gleichen Orten - zu einer Mordserie an ungarischen Roma, mit 6 Todesopfern, darunter ein dreijähirges Kind. Die Täter wurden Ende 2009 geschnappt und Mitte 2013 erstinstanzlich zu lebenslangen bzw. sehr langen Haftstraften verurteilt.

 

Nachfolgeorganisationen der Garden sowie ähnlich uniformierte Aktivisten marschieren in Ungarn ungestört weiter, wiewohl genau das durch ein von der Fidesez-Regierung beschlossenes Anlassgesetz eigentlich verboten wurde. Dahinter steht offensichtlich wahltaktisches Kalkül der Regierungspartei gegenüber den Sympathisanten der extremen Rechten, denen man ein Ventil bieten will und denen man auch in anderen Politikbereichen entgegenkommt.

Die "Garden" fordern, wie auch die Neonazi-Partei Jobbik unter der Überschrift "Kampf gegen Zigeunerkriminalität" und "Versagen der Polizei" u.a. die Wiedereinführung der Todesstrafe, Zwangssterilisation, die Errichtung von bewachten Arbeitslagern, Erziehungslager für Romakinder etc. sowie auch die Einführung einer Miliz wie unter Horthy, die damals Keimzelle der faschistischen Pfeilkreuzler wurde.

Mehr zur Duldung und weitere Hintergründe in:
Sabotage am Rechtsstaat - Nazialltag in Ungarn: Uniformierte Aufmärsche, applaudierendes Publikum, kalkulierende Politik

red.

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