THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 04 - 2014 NACHRICHTEN 22.01.2014

 

Okkupationsdenkmal in Ungarn beschlossen. Wer dagegen ist, "kampagnisiert..."

Am Mittwoch beschloss die Bezirksversammlung von Budapests V. Bezirk die Errichtung des umstrittenen Denkmals zur deutschen Okkupation auf dem zentralen Freiheitsplatz, unweit der Gedenkstätte für die Sowjetsoldaten. Bezirksbürgermeister Antal Rogán, gleichzeitig Fidesz-Fraktionschef im Parlament und einer der treuesten Gefolgsleute von Premier Orbán, findet den vorliegenden Entwurf passend und dem Thema angemessen, schließlich gedenke man allen Opfern der nazistischen Besetzung. Gleichzeitig befand Premier Orbán, dass mit dem Projekt alles in Ordnung sei.

Ohne Debatte, ohne Ausschreibung: Denkmalsentwurf “Deutscher Reichsdadler stürzt sich auf unschuldigen Erzengel Gabriel in Opferpose”, gesäumt von angebrochenen Säulen. Wer diese Art Gedenken nicht will, ist ein böser Linker.

In einem Brief an den Verband der Jüdischen Organisationen MAZSIHISZ widersprach er deren Vorwurf, der Staat Ungarn würde die historische Mitverantwortung an Hitler-Bündnis, Krieg und Holocaust durch dieses Denkmal leugnen bzw. herunterspielen, das in erster Linie dem Tag der Okkupation durch Nazideutschland am 19.3.1944 gewidmet ist. Es werde allen Opfern gedacht und wer das nicht so sieht, ist Teil des parteipolitischen Missbrauchs der Debatte, die man sich verbittet, so Orbán, der für seinen offenen Brief sehr freundliche Worte wählte, in der Sache aber unmissverständlich blieb. Er dreht darin den Spieß um, und bezichtigt jene, die sich kritisch über die Fidesz-Interpretation zum Thema äußern, eine Kultur des gegenseitigen Respekts zu verhindern und die Sache zum "Thema tagespolitischer Debatten" zu machen. Auf jiddisch nennt man das: Chuzpe.

 

Die Staatsmedien beeilten sich, den Brief ins Englische zu übersetzen und international publik zu machen, die "Imagefrage" ist im Gedenkjahr ein zentrales. Rogán, der vor allem dafür sorgen will "der linken Presse in Europa keinen Anhaltspunkt zu geben, Ungarn als antisemitisch zu verunglimpfen", nannte die Gegenstimmen Teil einer Kampagne und erklärte die Debatte kurzerhand für beendet. Neben den jüdischen Verbänden protestierte auch die linke Opposition gegen die "Umschreibung der Geschichte", 26 Historiker veröffentlichten heute eine Petition gegen die ideologische Instrumentalisierung des Gedenkens seitens der Regierung und die Verhinderung jedweder öffentlichen Debatte. Eine "Historikerin" der besonderen Art, die Chefin des Terrorhauses Mária Schmidt, (sie wird auch das neue "Haus der Schicksale" leiten) eine treue Propagandistin des neuen Nationalmainstreams, bezichtigte die jüdischen Organisationen, sich in den Wahlkampf einzumischen und kein legitimer Vertreter der Opfer zu sein...

Der jüdische Dachverband erwägt weiterhin den Austritt aus den gemeinsam mit der Regierung geplanten Veranstaltungen zum 70. Jahrestags des (systematischen) Beginns des ungarischen Holocausts. MAZSIHISZ betont, dass in Ungarn noch mehrere Hundert Holocaust-Überlebende leben, die trotz ihres Schicksals nach dem Krieg in die Heimat zurückkehrten, was eine besondere Verantwortung für die Gesellschaft darstellt.
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red.

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