THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 05 - 2014   NACHRICHTEN 02.02.2014

 

Was von der Woche übrig blieb - Bilder aus Ungarn

Demonstrationen im Dutzend: Trianon-Fantasten, Denkmalsgegner, Bergleute, Studenten, AKW-Gegner, Ukrainer, Geschäftsleute - Tusk und McCain in Budapest, Vona in London - Wintereinbruch im Februar - Regielegende Jancsó und Handballnationaltrainer gestorben - Polizisten zu Pferde, Schweine am Grill, Tiger im Schnee, 110. Geburtstag u.v.m.

Aktuelle Entwicklungen im Wahlkampf im Wahl-Watching

Die PL-Beiträge der Woche auf einen Blick

95 Jahre ist es her, als 1919 tschechische Truppen in “Oberungarn” einmarschierten, während von Süden Horthy mit rumänischenTruppen anrückte. Oberungarn ist heute der Süden der Slowakei, Trianon zementierte die Grenzziehung, Ungarns Handeln im 2. Weltkrieg (Rückannektion durch Hitlerpakt) bestätigte die Siegermächte in ihrer Entscheidung. Dem Verlust zu gedenken, das ist für Parlamentspräsident und Fidesz-Wahlkampfleiter László “Überall, wo Ungarn wohnen, ist Ungarn”-Kövér Ehrensache und Kampfauftrag. Hier in der Grenzstadt Balassagyarmat am Mittwoch, 29.1. - Gerade im Lichte der Denkmaldebatte eine deutliche Prioritätensetzung Kövérs, zwei Tage nach dem Holocaust-Gedenktag.

Linke Gruppen und ein Holocaust-Überlebenden-Verband demonstrierten auf dem Freiheitsplatz gegen das von der Regierung geplante Okkupations-Denkmal. Hier alles zum Thema. - MTI bezeichnet die Demo als “Flashmob”, war sie aber nicht, sondern ganz normal organisiert und angekündigt. Naja, Hauptsache “-mob”.

Zurück ins Heute und Morgen: die Anti-AKW-Bewegung in Ungarn ließ in dieser Woche mehrmals von sich hören: Auf dem Foto eine Teilnehmerin von ca. 500 am Samstag, 2.2., in Budapest, organisiert u.a. von Greenpeace und anderen NGO´s sowie den Grünen von LMP. Alles weitere zum Russland-Ungarn-Atomdeal.

Das linke Oppositionsbündnis (MSZP, DK, E2014-PM, MLP) protestierte am Sonntag 15 Uhr (unser Bericht) vor dem Parlament. Nichtmal in der Ablehnung ist sich die Opposition einig... Zuvor lehnte die Wahlkommission einen Referendumsantrag gegen den AKW-Ausbau ab.

Wortspiele Paks - Pakt(ieren), Rosatom - Rosszatom (rossz = schlecht) machten die Runde, ein Plakat aus der Wendezeit wurde adaptiert. Orbán war schließlich derjenige, der als Dissidenten-Student vehement den Rausschmiss der Russen aus Ungarn forderte, nun - so die Kritik - verpfändet er das halbe Land an sie...

Bereits am Freitag schmückte Greenpeace die Verkehrsinsel an der Budapester Kettenbrücke um...

Aktivisten der Partei “Dialog für Ungarn” besetzten am Freitag das Entwicklungsministerium, zuständig für den Ausbau des AKW in Paks. Die Polizei schritt ein, tolle Wahlkampfbilder für die Partei, die Teil des linken Oppositionsbündisses ist, entstanden. Ein Forschungsinstitut beeilte sich mitzuteilen, dass 89% der Ungarn mit dem Paks-Ausbau und dem Orbán-Putin-Deal einverstanden seien. Ein verpsrengter Irrer also, dieser Demonstrant...

 

Die Bergarbeiter fühlen sich verschaukelt. Einige Hundert fordern anständige Renten- und Berufsunfähigkeitszahlungen. Sie beklagen massiven, kaltherzigen Abbau. Mehr dazu hier.

 

Lehrkräfte und Studierende protestierten am Mittwoch vor dem “Superministerium” EMMI wieder gegen Studiengebühren, für “Freie Bildung”. Rund ein Drittel der Finanzierung des staatlichen Hochschulsektors wurde durch die “Hochschulreform” auf die Schultern der Studierenden gepackt. Die Konsequenz: entweder Verschuldung oder massenhafte Abwanderung ins Ausland. Die Proteste aus dem Winter 2012 sind also nicht ganz abgeebbt, ein Massenphänomen sind sie aber auch nicht...

Geschäftsleute protestieren vor der zuständigen Behörde gegen die finanziellen Belastungen und das organisatorische Chaos bei der Einführung der E-Kassen-Systeme, die bald alle Registrierkassen des Landes direkt mit dem Finanzamt koppeln sollen, um die Steuereintriebung zu beschleunigen und Steuerhinterziehung zu minimieren. In dieser Woche wurde der Behördenchef gefeuert, 80.000 bereits ausgelieferte Kassen werden wegen eines “Schlupflochs” zurückgerufen. Mehr dazu.

Die Proteste in Kiew schwappten längst auch in die ukrainische Provinz, hier nach Ushgorod / Ungvár, die Hauptstadt Transkarpatiens im Westen, dem Gebiet, wo die meisten ethnischen Ungarn der Ukraine leben. Orbán hat Angst vor einer Flüchtlingswelle, sollte sich die Situation verschärfen. Mehr dazu.

Merkel, Putin und dessen Statthalter Janukowitsch gegen das geknechtete ukrainische Volk. Das Feindbild ist klar. Die Faktenlage längst nicht...

Sogar in Budapest machen sich die Ukrainer bemerkbar, hier auf dem Blaha Lujza Platz im Stadtzentrum. Ob ausgerechnet Orbán, der gerade mit Putin einen 10 Mrd. EUR-Deal ausgefertigt hat, der richtige Adressat für Unterstützung der “prowestlichen” Demonstranten ist?

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Besuch des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk in Budapest, hier die obligate Kranzniederlegung am Heldenplatz. Hintergrund sind die Treffen der Visegrád Vier-Gruppe, HU, SK, CZ, PL. Nebe der Lage in der Ukraine und der Erweiterung der EU, besprechen die Vier vor allem Strategien, wie man die EU-Gelder am effizientesten anzapfen kann und dabei am elegantesten jedwede gemeinschaftliche Verpflichtung umgeht. Ungarn hat den Vorsitz...

Was der US-Senator und ehemalige Präsidentschaftskandidat John McCain eigentlich in Ungarn und Europa wollte, kann niemand schlüssig erklären. Wir haben es trotzdem versucht. Kein Grund für Orbán sich nicht mit dem Republikaner zu zeigen. Ein Teil der Bedenken gegen Orbáns Politik sei berechtigt gewesen, sagte McCain, aber - sinngemäß - das wird schon wieder...

Die ungarische Delegation für die Olympischen Winterspiele in Sotschi wurde in beamtengrau eingekleidet und verabschiedet. Alle bisherigen 6 Winter-Olympia-Medaillen hatte Ungarn im Eiskunstlaufen geholt. Das diesjährige Team besteht fast nur aus Shorttrack-Eisläuferinnen. Viel Erfolg und kommt sicher wieder nach Hause...

Jobbik-Chef Vona in London. Im Unterschied zu Budapest, kann sich der Neonazi in Großbritannien nicht so ungestört bewegen (er sollte mal nach Berlin kommen...). Rund hundert Gegendemonstranten versperrten seinen Anhängern den Weg aus der U-Bahn, Vona musste sein Hearing (in England lebende Ungarn sollen Jobbik wählen, er sorgt dann dafür, dass die Heimat wieder lebenswert wird...) verlegen. Anschließend beschwerte er sich beim Botschafter seines Landes, der “Ungarn im Ausland nicht ausreichend schützt”. “Go Home”, riet ihm auch die englische Presse... Mehr zu Jobbik im Parteienportrait zur Wahl.

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Ohje, Schnee im Winter. Ein Skandal. Seit dem Eissturm-Disaster im vorigen März, warnen Wetteramt und Katastrophenschutz nun vor jeder Schneeflocke einzeln. Hier in Budapest ging es noch glimpglich ab, in manchen Regionen blieben aber Straßensperrungen nicht aus.

Blitzeis in Budapest am Wochenende macht Sonderschichten der Räum- und Streukräfte notwendig sowie Sonderschichten in den Notaufnahmen der Krankenhäuser...

Manch Autofahrer durfte besondere Eisskulpturen an seinem Fahrzeug bewundern...

Auf dem Weg nach Nirgendwo. Hier an der ungarisch-serbischen Grenze führte der Wintereinbruch zu mehrtägigem kompletten Stillstand.

Auch ein Begleiter des Frostes: Etliche Brände hielten die Einsatzkräfte in Atem. Hier in Örkény war es fahrlässiger Umgang mit Propangas, auf dem Land häufig noch Heizmittel. Auch ungewartete Gasheizungen, Leitungen oder durch Heizgeräte überlastete Stromleitungen sind häufige Brandverursacher im Winter. In dieser Woche brannte auch wieder ein Stall nieder, diesmal wurden einige tausend Truthähne unplanmäßig gegrillt.

Schwere Verkehrsunfälle sind ein tägliches Thema des News-Streams. Hier ein fataler Crash unweit des Flughafens, bei dem auch ein Polizeifahrzeug involviert war. Eine junge Frau starb, zwei Männer wurden sehr schwer verletzt.

Wer in Ungarn häufiger mit dem Auto unterwegs ist, dem muss man dieses Bild kaum erklären. Frühling, Sommer, Herbst und Winter sind die vier größten Feinde des ungarischen Straßenwesens. Hier tut sich gerade - völlig überraschend - ein ziemlicher Abgrund auf...

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Miklós Jancsó ist tot. Der Mitbegründer der ungarischen “Neuen Welle” um Szabó und Makk, erhielt für einen seiner Filme 1972 den Regiepreis in Cannes. Er verstarb im Alter von 92 Jahren in Budapest. Interessantes zu seinem Leben u.a. in diesem Beitrag. (extern, engl.)

Karl Erik Böhn ist tot. Der Trainer der ungarischen Frauenhandballnationalmannschaft und des ETC Audi Györ verstarb mit nur 48 Jahren an einem Krebsleiden.

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110 Jahre ist der älteste (bekannte) Ungar.
Seinen Ehrentag feierte Rezső Gallai am Dienstag
in einem Pflegeheim in Győr. Wir gratulieren!

40 Jahre schon mussten die Redakteure des Pester Lloyd ohne feste Kantine auskommen, bis, vor 120 Jahren, das Kaffeehaus New York eröffnete. Das üppig aufgebrezelte Kaffeehaus am Ring wurde zur Institution und dem Künstlertreffpunkt der Hauptstadt. Vor Jahren wechselte es den Besitzer, wurde aufwendig renoviert und dient heute eher als Touristenattraktion. Denn die Künstler zogen westwärts... Unsere Rezension des New York.

2,5 Millionen Fesplattenlaufwerke hat der Hardware-Konzern HP in Ungarn bereits gefertigt. Natürlich vergisst MTI nicht, dazu zu schreiben, dass diese Erfolgsgeschichte auf der “Wirtschaftspolitik der Regierung” fußt. Das vergoldete Laufwerk, ein Absurdikum, das wir Ihnen nicht vorenthalten wollten. Die Erfolgsmeldungen machen mittlerweile rund die Hälfte der täglichen Berichterstattung der staatlichen News-Agentur aus.

Diese Prozession weiht nicht etwa das neue Einfamilienhaus für einen kinderreichen Pfarrer, sondern ein Kloster ein. In Hargitafürdö, in Rumänien / Siebenbürgen, wurde für zwei Mönche (in Worten: zwei) aus Mitteln der ungarischen katholischen Kirche und mit staatlichen Fördergeldern ein Mini-Kloster des Pauliner-Ordens geweiht, der im 14. Jahrhundert von einem ungarischen Bischof gegründet wurde, in dem er umliegende Einsiedler einsammelte. MTI weiß, was wirklich wichtig ist...

In Nyíregyháza patroullieren seit dieser Woche wieder berittene Polizisten durch die Vororte. Zitate vom Bürgermeisteramt: “lange Tradition”, “Reiternation Ungarn”, “Respekt”. Alles schön und gut, wir fragen uns nur angesichts dieses Fotos: was, um alles in der Welt, wollen die Kavalleristen da eigentlich bewachen?

Apropos Verbrecher: Die Serie von offenbar gut geplanten Einbrüchen in “Nationale Tabakgeschäfte” reist nicht ab. Hier wieder ein Bruch am Freitag in einer Budapester Vorstadt. Die Inhaber sind meist Fidesz-Gefolgsleute, ausgestattet mit einer gesetzlichen Gewinngarantie. Das Mitleid des Volkes hält sich daher in Grenzen...

Vegetarier weggeschaut: eine Impression eines der vielen, vielen lokalen Schweinschlacht-Events, die für Ortsansässige und Besucher immer einen riesigen Gaudi hermachen.

Im Zoo von Nyíreghyháza. Ein sibirischer Tiger genießt den Winter - oder kommentiert den ungarischen Wahlkampf...

red. / Fotos: MTI, PL, Archiv

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