THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 05 - 2014 BILDUNG 28.01.2014

 

KLIK ins Chaos...

Zentrale Schulbehörde in Ungarn wird zum teuren Disaster

Wenn schon regierungseigene Quellen von "Missmanagement" sprechen, muss wirklich Feuer unterm Dach sein. Im Bericht eines ministeriellen Auditors über die Schulbehörde KLIK ist jedenfalls von strukturellem Versagen und einem zu erwartenden Defizit von bis zu 50 Milliarden Forint (über 160 Mio. EUR) bis Ende des Jahres die Rede. Die Opposition tobt, doch Konsequenzen drohen keine. Denn die Chaos-Schulverwaltung erfüllt trotzdem ihren Zweck und der liegt nicht in der Bildung...

Die Mütter aller “Bildungsreformen” in Ungarn und Schwestern im Geiste:
KLIK-Präsidentin Frau Marekné und Staatssekretärin Frau Hoffmann.

Der im Auftrag des Ministeriums für Humanressorucen (EMMI) tätige Kommissar Balázs Szabó untersuchte die Tätigkeit des Klebelsberg Instituts (KLIK), das seit 2013 von Staatssekretärin Rózsa Hoffmann als Zentralverwaltung für die mehr als 3.000 zwangsverstaatlichten Schulen eingesetzt wurde. Das beim KLIK einiges im Argen lag, war bekannt, wir berichteten genau vor einem Jahr schon darüber, aber die Ausmaße erstaunen dann doch.

Der Kommissars-Bericht war eigentlich nur für den internen Dienstgebrauch gedacht, sickerte aber an das unabhängige Newsportal index.hu durch, das nicht an sich halten mochte, ihn zu veröffentlichen. Darin ist u.a. die Rede von: schlechten ökonomischen Entscheidungen, Nichteinhaltung der eigenen Satzung, kaum nachvollziehbare Entscheidungsfindung seitens des KLIK-Vorstandes und der Chefin Dr. Marekné, einer engen Vertrauten und Schwester im Geiste von Staatssekretärin Hoffmann. Szabó resümiert: die Chefin sei "unfähig, das Funktionieren der Organisation sicher zu stellen." Oberaufseher über die Bildung ist übrigens Superminister Balog.

Kommissar Szabó war bis zum Vorjahr Finanzchef des ungarischen Straßenmanagement-Amtes, wenn sich also jemand mit Misswirtschaft auskennen sollte, dann er. So schreibt er: Anstatt, wie vorgesehen, die Kosten im Pflichtschulsektor zu senken, steigen sie immer weiter und summiert die Risiken bis Ende des Jahres auf die Summe von bis zu 50 Mrd. Forint, eine Größenwordnung, die das geplante Gesamtdefizit des ungarischen Haushaltes über die bei der EU erlaubte Schallmauer katapultieren würde. Als Beleg für das Missmanagement führt der Regierungskommissar dabei nicht nur die Geldverschwendung an, sondern auch den Umstand, dass binnen eines Jahres fünf Bereichsleiter "ausgetauscht" werden mussten.

Szabó findet weiterhin etliche Rechnungen ohne dazugehörige Verträge, nachdatierte Ausschreibungen für Lieferanten, über 40% aller Geschäftsvorgänge seien nicht "sauber", die "Aufzeichnungen nicht korrekt". Angemietete Büros sind viel teuer, Chaos auch im IT Bereich: Die KLICK-"Experten" haben sich ihre Computerausstattung ausgesucht und angeschafft, ohne auch nur einen Experten zu Rate zu ziehen. Ergebnis: das Netzwerk läuft nicht, Software ist nicht kompatibel

Kein Wunder, dass die linke (MSZP, DK, E2014), mittlere (LMP) wie extrem rechte Opposition (Jobbik) diese Vorlage umgehend für entsprechend hämische Statements nutzten: "überteuert, fehlgeleitet, unnötig", aber auch: "nicht überraschend", "sollte abgeschafft werden". Summa sumarum: KLIK sei die "Oberstufe des ungarischen Schulchaos´". Die Oppositionsparteien kündigten an, umgehend nach einem Machtwechsel (also ca. 2045), die Schulen wieder in kommunale Trägerschaften zu übergeben und von Seiten des Ministeriums lediglich professionelle Unterstützung gewähren zu wollen.

Die LMP forderte die KLIK-Chefin und die bereits berühmt-berüchtigte Staatssekretärin Hoffmann, der man schon vor über einem Jahr die Zuständigkeiten für die höhere Bildung entzog, aber für die Pflichtschulen als ausreichend erachtete, zum Rücktritt auf. Die notwendige Schulreform sei eines der "größten Versagen dieser Regierung", sagte Ágnes Osztolykán, die auch Vizechefin des Parlamentsbildungsausschusses ist. Die neonazistische Jobbik drohte dem KLIK rechtliche Schritte an, man müsse herausfinden, wer für die Mittelverschwendung zuständig sei.

Beim Ministerium macht es aber immer noch nicht "Klick", es ließ ausrichten, als wäre nichts geschehen: der vorliegende Bericht bestätige die "Effizienz" des Klebelsberg-Institutes und man habe in die Führung selbigens "vollstes Vertrauen", dass nicht "zu erschüttern" sei. Der Vertrag mit dem Auditor, dem Herrn Szabó, den werde man freilich nicht verlängern, denn der war ohnehin nur zeitlich befristet. Wie schön, wenn man sich das aussuchen darf. Es fehlt eigentlich nur noch die Einschaltung der Antiterroreinheit, um das Informationsloch im Ministerium zu ermitteln. Denn, wie schon im Realsozialismus, sind schlechte Nachrichten nur dann solche, wenn sie das Volk erfährt...

 

Das Chaos bei der Schulübernahme hat bereits 2013 epische Ausmaße angenommen und reicht von fehlenden Unterrichtsmitteln, über ungeklärte Zuständigkeiten bis hin zu verspätet gezahlten Gehältern. Wichtigster Job des KLIK - eine Erfindung von Premier Orbán, der geradzu ödipal an seiner Miss Bildung, Hoffmann, hängt - war von Anfang jedoch nicht die Bildung und Schulorganisation, sondern die ideologische Unterwerfung und "Säuberung" der Lehrerschaft, mit Hilfe von sog. "Karrieremodellen" und einer ministeriell befehligten Zwangsberufsgenossenschaft sowie die Einführung eines neuen, völkisch "zeitgemäßen" "Nationalen Rahmenlerhplans" Alles weitere dazu in: "Unterschreib oder geh!"

red.

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