THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 23 - 2014 POLITIK 04.06.2014

 

Ungarn will Werbesteuer auch auf Social Media-Plattformen ausdehnen, RTL kündigt massiven Widerstand an

Die geplante neue Werbesteuer für Medienanbieter, die bis zu 40% der Werbeeinnahmen betrifft, soll nicht nur für heimische Unternehmen gelten, sondern auch auf "soziale Netzwerke" ausgedehnt werden. Das sagte der Fidesz-Abgeordnete und ehemalige Kulturstaatssekretär, László L. Simon, der als Einbringer der Gesetzesvorlage fungiert, gestern im staatlichen Rundfunk. Die Anzeigensteuer sei erst "die Ouvertüre". Google, Facebook, YouTube, Twitter und Co. generierten "enorme Einnahmen" mit Anzeigen, einschließlich solcher "von Politikern" auf ihren Plattformen, zahlen dafür aber in Ungarn weder Mehrwert-, noch Einkommens- oder Körperschaftssteuer. Das solle sich ändern, so Simon, auch wenn ihm noch nicht ganz klar sei, wie die im Ausland sitzenden Unternehmen konkret zur Kasse bitten könnte.

Dabei schwingt ein ähnlicher Ansatz mit wie bei der "Umsetzung des Glücksspielmonopols im Internet", bei dem das Steuerrecht als Vehikel für Gesetze diente, um über die Provider und Internetnutzer an Verbindungsdaten und Nutzergewohnheiten heranzukommen - lies: Internetüberwachung der Bürger. Auch über ein anderes Medienanlassgesetz die “Lex kuruc”, welche die Abschaltung von Webseiten bereits in der Ermittlungsphase ermöglicht, verschaffte man sich über den Umweg des “Kampfes gegen Verhetzung” Instrumente der Zensur, wie man sie u.a. aus der Türkei eines Erdogan kennt. Die “Übernahme” durch Entziehung der Geschäftsgrundlage ist indes eher eine Spezialität von Putin-Russland.

Die angekündigte Werbesteuer für Medienunternehmen (Anzeigensteuer) betrifft vor allem den Privat-TV-Sender RTL, dessen ungarischer Sender RTL-Klub das einzige Unternehmen in der höchsten Steuerkategorie sein wird und dann 40% seiner Werbeeinnahmen direkt an den Fiskus abzuführen hätte. Das würde den Sender jährlich rund 13 Mio. EUR kosten, etwa die Hälfte aller durch die neue Steuer geplanten Einnahmen. Entsprechend hat RTL seinen Widerstand "mit allen denkbaren Möglichkeiten" gegen das Gesetz angekündigt. Einen Rükzug aus Ungarn plane man zwar nicht, aber man könne nicht ohne eine seriöse Geschäftsgrundlage agieren.

 

Simon wischte die Bedenken als "Nonsense" weg, schließlich existierten in Ungarn "viele Medienunternehmen, obwohl sie große Verluste machen" und man müsse "sich die Steuern bei den Unternehmen holen, die die großen Umsätze machen." Man solle doch nicht glauben, dass ein Unternehmen wie RTL, mit einem so großen Publikum tatsächlich von der "Schließung bedroht sei".

Die demokratische Opposition ist sich indes einig, dass die neue Steuer keinerlei ökonomische Lenkungsfunktion oder Haushaltsgründe habe, sondern politischen Motiven dient. Man erwähnt hier vor allem den TV-Sender ATV, dem diese Steuer die Existenz kosten könnte, denn dieser muss - im Unterschied zu regierungsnahen Medienhäusern - weitgehend ohne öffentliche Werbeaufträge auskommen, die ihn für die Steuerkosten kompensieren könnten.

red.

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