THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

Das Pester Lloyd Archiv ab 1854

 

Hauptmenü

 

 

 

 

(c) Pester Lloyd / 25 - 2014 NACHRICHTEN 16.06.2014

 

Tödliches Krisenmanagement: Selbstmordrate in Ungarn steigt wieder an die Weltspitze

Das traditionelle "Selbstmordland" Ungarn hatte sich in den Jahren bis 2008 - erstmals seit Einführung der weltweit einheitlichen Datenerhebung in den 70er Jahren - aus den Top Ten der Liste mit den meisten Suiziden gekämpft und mit 23 registrierten Eigentötungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr einen soliden Platz 12 zwischen Japan und der Ukraine erarbeitet. Noch 2006 lag die Rate zwar bei 21, doch damit war man damals hinter Südkorea auf Platz 2 weltweit. Doch seit dem Ausbruch der Lehman-Krise und der sich daran anschließenden ökonomischen, sozialen und gesellschaftlichen Krisen, steigen die Selbstmordzahlen wieder an.

Momentaufnahme von 2006: Zum Vergrößern bitte klicken.

 

Das Statistische Zentralamt in Budapest, KSH, meldet ein Plus von 10% seit 2008. Das bedeutet, dass sich zwischen 2008 und 2013 über 1.500 Menschen mehr das Leben genommen haben als es mit der Quote von 2008 der Fall gewesen wäre. Zwar sind laut internationalen Studien die Selbstmordarten seit 2008 weltweit auf dem Vormarsch, doch machen die Statistiker unterschiedliche Dynamiken aus: Während in Ländern wie Schweden, Finnland, aber auch Österreich die Raten stagnieren, steigen sie in osteuropäischen Ländern stärker, wobei auch Ungarn hier - ebenso wie bei der Armutsentwicklungen - seinen Nachbarn enteilt.

Eine Studiengruppe aus Oxford kam sogar zu dem Schluss, dass Länder mit Regierungen, die "Entscheidungen getroffen haben, die einem größeren Teil der Bevölkerung eine Bewältigung der Krisenauswirkungen" ermöglichen, deutlich besser dastehen. Im Umkehrschluss könnte man also behaupten: Orbán ist tödlich... Nach inoffiziellen Erhebungen in Ungarn an der ELTE-Uni, ist in Ungarn jeder zweite Suizid unmittelbar auf eine - oft jahrelange - Verschlechterung der materiellen Lebenssituation zurückzuführen. Überschuldung, Arbeitsplatzverlust, daraus folgend familiäre Probleme und behördlicher Druck bilden häufig die Gemengelage für eine subjektive Ausweglosigkeit, die bei entsprechender Persönlichkeit dann den "Freitod" befördert. Es kommt hinzu, dass die präventiven Beratungsangebote (Sucht-, Schuldnerberatung, Nothotlines) vor allem auch im ländlichen Bereich in Ungarn weit unter westlichen Standards liegen. Auch der Umstand, dass die durchschnittliche Lebenserwartung der Ungarn in den vergangenen zehn Jahren zwar um 2 Jahre gestiegen ist, der gesundheitliche Zustand der Bevölkerung im Schnitt aber enorm schlechter wurde und vor allem chronische Krankheiten stark auf dem Vormarsch sind, sorgt ebenfalls für einen steigenden Anteil von Menschen, die ihr Leben aus eigener Entscheidung beenden.

Die höchste Suzidirate weltweit behauptet nach aktuellen Zahlenwerken übrigens Litauen mit 34 Selbstmorden pro 10.000 Einwohner pro Jahr, vor Südkorea, Russland, Weißrussland und Kasachstan. Dann folgen Ungarn, Lettland und Japan. Weitere: Schweiz 18, Deutschland 36, Norwegen (entgegen hartnäckiger Legenden erst auf 39). Die niedrigsten Raten stellen Südsee-Inselreiche, aber auch durchaus ärmere südamerikanische Staaten.

red.

Der Pester Lloyd bittet Sie um Unterstützung.

 

 

 

 

 

Effizient werben im
Pester Lloyd!
Mehr.