THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

Das Pester Lloyd Archiv ab 1854

 

Hauptmenü

 

 

 

 

(c) Pester Lloyd / 28 - 2014 NACHRICHTEN 11.07.2014

 

Pass gegen Geld: Beamter der ungarischen Einwanderungsbehörde wegen Korrupttion in Haft

Ein mittlerer Beamter der Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsbehörde ist am Mittwoch in Budapest verhaftet worden und sitzt derzeit in Polizeigewahrsam, über U-Haft wird der Richter befinden. Dem Abteilungsleiter wird vorgeworfen, Anträge auf Erlangung der ungarischen Staatsbürgerschaft nach dem vereinfachten Recht gegen die Zahlung von Schmiergeld bewilligt zu haben, auch wenn Grundbedingungen wie "Kenntnisse der ungarischen Sprache" oder der Nachweis eines Vorfahren mit ungarischer Staatsbürgerschaft nicht erfüllt waren. Pro Antrag soll er Bestechungsgelder zwischen 50 und 160 EUR angenommen haben, eine rumänische Staatsbürgerin soll ihm als Mittelsfrau entsprechend Kundschaft zugeführt haben, gegen sie wird ebenfalls ermittelt.

 

Kenner der Szene sehen in der Verhaftung eine Art Bauernopfer, denn Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der ungarischen Pässe an "Trianon-Ungarn" sind landläufig dokumentiert und unterligen einem System, das über die reine Anfälligkeit für "Trinkgelder" hinausgeht. So wurde u.a. ein Video publiziert, bei dem eine Pass-Übergabezeremonie in der Vojvodina (Serbien) zu sehen ist, bei der Einflüsterer den Applikanten beim Ablegen des Verfassungseides behilflich sind. Dabei war ein ungarischer Staatssekretär anwesend, den dieses Schauspiel jedoch nicht zu irritieren schien. Auch aus der Ukraine sind etliche Fälle bekannt geworden, bei denen Menschen, die kein Ungarisch sprechen, den Pass erhielten, was aufflog, nachdem massenhaft Neu-Ungarn aus der Karpatho-Ukraine in ungarischen Arztpraxen vorsprachen, weil ihnen mit dem Pass das Recht auf eine kostenlose medizinische Versorgung in Ungarn zuteil wurde. Ärzte wunderten sich, dass sie sich mit ihren "Landsleuten" nicht verständigen konnten.

 

Dabei war und ist es nicht immer die allgegenwärtige Korruption, die zu diesen unrechtmäßigen Einbürgerungen führte, sondern vor allem die Maßgabe der Regierung, die bis zu den Wahlen im April mindestens 500.000 neue Ungarn vermelden wollte - und auf diese Weise auch konnte (es waren letztlich 620.000). Zum Einen, um die Nationalitätenpolitik als Erfolg darstellen zu können, aber auch, um eine breitere Basis potentieller Wähler zu bekommen. Zwar wollten letztlich nur rund 120.000 Neu-Ungarn an den ungarischen Wahlen teilnehmen, von denen stimmten jedoch fast alle, rund 96%, für Orbáns Fidesz.

Die Ermittler und die Regierung sprechen dennoch von einem Einzelfall und loben ihren konsequenten Kampf gegen Korruption und Amtsmissbrauch. Die Aufdeckung belege lediglich die Effizienz des Systems...

red.

Der Pester Lloyd bittet Sie um Unterstützung.

 

 

 

 

Effizient werben im
Pester Lloyd!
Mehr.