THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 28 - 2014 GESELLSCHAFT 07.07.2014

 

"Alle an einem Strang...": NOK-Chef träumt weiter von Olympia in Ungarn

Initiativen für Olympiabewerbungen gab es im Nachwendeungarn immer wieder, meist scheiterten sie jedoch an Geldmangel, Kurzatmigkeit der Regierungen oder an starker Konkurrenz. Der aktuelle NOK-Chef verlangt nun wieder einmal einen nationalen Kraftakt, um einen "Traum wahr werden zu lassen", Olympia 2028 in Budapest - rein zufällig zum 65. Geburtstag des großen Vorsitzenden. Wieder nur ein Vorwand für die Absorbtion von öffentlichen Mitteln durch Fidesz-Günstlinge?

"Olympia in Ungarn, das ist mehr als nur ein Traum." Das sagte der Präsident des nationalen Olympischen Komitees, Zsolt Borkai (seit 2010, Nachfolger von Copy-Schmitt), der zugleich Bürgermeister der nordwestungarischen Stadt Györ und daher natürlich Mitglied der Regierungspartei Fidesz ist und bei Olympia 1988 in Seoul Gold am Seitpferd (Team) gewann. "Wenn alle an einem Strang ziehen, kann Budapest eine glaubwürdige, wettbewerbsfähige Bewerberstadt für die Olympischen Spiele 2028 werden." Freilich dürfte sich schon diese erste Grundbedingung kaum herstellen lassen. Aber der Abgabeschluss für die Bewerbung ist schließlich auch erst im Jahre 2019, bis dahin könnte noch einiges für die "nationale Einheit" getan worden sein, zumal es nicht als Unwahrscheinlich anzusehen ist, dass auch 2028 Fidesz noch an der Macht ist und die meisten “Nationenfeinde” längst das Weite gesucht haben werden.

Jedenfalls will Györ 2017 das Europäische Jugendolympiafest ausrichten, das Borkai als "Probe" für die Ausrichtung der Spiele 11 Jahre später verstehen will, die just zum 65. Geburtstag Viktor Orbáns stattfinden. "Natürlich", so Borkai in dem Zeitungsinterview weiter, "wird das eine riesige Herausforderung, einschließlich des Baus von mehreren Sportanlagen und angemessenen Möglichkeiten Millionen von Menschen zu Land, zu Wasser und in der Luft transportieren zu können."

Initiativen für Olympiabewerbungen gab es im Nachwendeungarn immer wieder, wie hier für 2020, meist scheiterten sie jedoch am Geldmangel und dem schnellen Ablöserhythmus der Regierungen, aber auch an der prominenten Konkurrenz. Zuletzt exponierte sich Ex-Präsident Schmitt (Fecht-Olympiasieger, später zum Spiegelfechter umgeschult), dem jedoch sein Ehrgeiz IOC-Chef zu werden, über die Belange des Landes gingen. Am Ende scheiterte er wegen Betruges bei seiner Doktorarbeit sogar beim Fidesz, die IOC-Karriere war natürlich auch beendet, im NOK ist er aber immer noch Mitglied und war Ehrenredner (!) bei der Eröffnung des emblematischen Orbánschen Fußballtempels, der “Pancho Arena”.

Die Regierung Orbán
projektiert bereits seit Jahren ein "Olympiazentrum" rund um das ebenfalls neu zu errichtende Puskás Stadion in Budapest sowie weitere, olympiafähige Anlagen, z.B ein neues Schwimmstadion auf der vom Staat dem Bezirk enteigneten Margareteninsel. Allein für das Puskás Stadion belaufen sich die offiziellen Kostenschätzungen auf 325 Mio. EUR, für die anderen Spielstätten werden weitere Hunderte Millionen angegeben.

 

Im Zentrum der "sportlichen" Bemühungen des Fidesz stehen derzeit jedoch immer mehr neue Fußballstadien, da dieser Sport, so die Hoffnung Orbáns, "nationales Prestige" verspricht, auch wenn die Leistungen der Fußballer nicht im Entferntesten mit denen der Olympioniken mithalten können. Kritiker sehen darin eher eine Manifestation von Machtrausch und Größenwahn, bei dem sich lokale Fidesz-Größen Denkmäler, Schaltzentralen und Absorbtionsanlagen für öffentliche Mittel (hier eine unvollständige Übersicht) errichten, was angesichts der sozialen Situation eines Großteils der Bevölkerung zynisch und verantwortungslos ist. Kritiker fürchten daher, dass eine Olympiabewerbung ebenfalls als Alibi für die Umleitung von Steuer- und Fördermitteln genutzt werden könnte, von denen dann wieder nur die Günstlinge der aktuellen Herren profitieren werden. Dann geht es aber nicht mehr um Hunderte Millionen, sondern um Beträge im Milliarden Euro-Bereich.

Die ungarischen Sportler hingegen hätten sich ein Olympia im eigenen Land längst mehr als verdient, schnitten sie - gemessen an der Größe und dem Potential des Landes - schließlich überdurchschnittlich gut bis sensationell bei Olympischen Spielen ab und halten im Ewigen Medaillenspiegel auf Platz 8, bei den letzten Spielen in London 2012 landeten sie auf Rang 9, knapp hinter Deutschland, Italien und Frankreich und konnten 8 goldene, 4 silberne und 6 bronzene Medaillen gewinnen. (dazu: Triumphale Rückkehr) Besonders stark präsentiert sich das Land vor allem im Kanu- bzw. Rudersport, im Schwimmen sowie im Wasserball. Dagegen stehen einige Dopingfälle im Diskuswerfen, die zu nachträglichen Aberkennungen führten.

al.

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