THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 32 - 2014 MEDIEN 08.08.2014

 

Zentralorgan: Neue Behörde in Ungarn soll alle staatlichen Werbeausgaben steuern

Eine "Nationale Kommunikationsagentur" soll künftig sowohl alle Medienbeteiligungen des Staates und von Staatsfirmen (außer öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der vom parteitreuen Medienrat kontrolliert ist) zusammenfassen als auch das gesamte öffentliche Werbebudget von Ministerien und Staatsfirmen zentral vergeben und verwalten. Orbán will so die letzten unabhängigen Medien austrocknen und auch das Günstlingsgefüge neu ordnen. Auch die freundlich gesinnten Blätter und Sender legt er damit an eine noch knappere Leine.

 

Die Agentur wird zu einem weiteren Instrument, die Medienfreiheit zu bekämpfen, ohne augenscheinlich die Grundrechte einzuschränken. Die Behörde wird einen jährlichen Etat von rund 40 Milliarden Forint (ca. 127 Mio. EUR) verwalten, ausgenommen davon ist - natürlich - das Amt des Ministerpräsidenten, das über eine Privatschatulle in etwa von der gleichen Größenordnung für PR- und "Sonderprojekte" verfügt.

Offiziell wird auch diese Maßnahme unter dem Motto "Erhöhung der Effizienz und sorgsamer Umgang mit Steuergeldern" geführt, dahinter steckt jedoch ein Verteilungskampf gegen einschlägig bekannte, gut vernetzte, sehr wohl parteinahe, aber teilweise doch eigensinnige Oligarchen, die sich bisher einen Großteil des PR-Kuchens über ihre guten Kontakte in den einzelnen Ministerien und Behörden sicherten.

Als zentrale Drehscheibe für die Vergabe (und damit die Abschöpfung von üppigen Provisionen) galt bisher die IMG, die Inter Média Group Kft. die sich in Mehrheitsbesitz von Péter Patonai befindet, der unter der ersten Orbán-Regierung Vorstandschef der staatlichen Ungarischen Entwicklungsbank (MFB) wurde und seit 2010 Aufträge in zweifacher Millionen(Euro)höhe u.a. von der Medienaufsicht NMHH und anderen Staatsbehörden lukrierte. Auch die millionenschwere “Ungarn macht´s besser”-Kampagne ging an IMG. Dieser verteilt die Beute dann an Plakataufsteller, Werbeagenturen und andere Firmen, die sich in Besitz der üblichen "Kreise" befinden und wo es offenbar zunehmend "Missverständnisse" bei der Aufteilung gab, zumal Patonai auch etliche Off-Shore-Konstrukte einstreute.

Pressefreiheit in Orbáns Ungarn in den Augen des Magazins hvg.

Unter den Neuaufsteigern der Fidesz-Nomenklatura entwickelten sich in der letzten Zeit immer stärkere Begehrlichkeiten, mit ihren wie Pilzen aus dem Boden schießenden PR-, Werbe- und Consultingagenturen nun direkt an die Futtertröge zu gelangen. Vor allem der für die EU-Geldverteilung zuständige Minister Szeszták, der sich zuvor als Anwalt mit hunderten Off-Shore-Firmengründungen (und -schließungen) einen Namen machte, gilt als einer dieser Oligarchenschrecks, der nun einer neuen und noch parteinaheren Generation auf die Beine helfen soll.

 

Ein weiterer zentrale Gedanke der neuen Agentur ist, dass die bisher teilweise noch dezentrale Medienarbeit, vor allem im Anzeigengeschäft mit Zeitungen und bei Werbeminuten im TV und Radio dazu führte, dass - wenn auch unverhältnismäßig - fast das gesamte politische Spektrum der Medienlandschaft etwas von den staatlichen PR-Budgets abbekam, also auch . in geringem Maße - oppositionelle Medien. Das hing u.a. damit zusammen, dass die Verteiler zwar Fidesz-nah sind, aber bei dahinvegetierenden linken Medien höhere Kick-Back-Zahlungen einfordern konnten. Die zentrale Agentur könnte diese "Verschwendung" nun beenden und dafür sorgen, dass nur noch die regierungsfreundlichen Medien entsprechend "gefördert" werden.

Jene Medien, die dabei den Kürzeren ziehen werden, auch weil sich ihre ausländischen Investoren immer mehr zurückziehen, sprechen daher auch entsetzt von einer "neuen Regierungsbombe gegen die Medien". Doch selbst rechte Medien können sich nun ihrer "Businesspläne" nicht mehr sicher sein. Denn selbst im Fidesz-Zentralorgan, der Magyar Nemzet, geht nun die Angst um, dass schon die leiseste Kritik - und sei sie auch im Dienste der großen Sache angebracht worden - mit Liebes- und also Mittelentzug geahndet werden könnte. Ein gemeinsamer Protest mit linken Kollegen, wie kürzlich bei der Mediensteuer, so etwas darf einfach nicht wieder vorkommen...

red.

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