THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 32 - 2014 FINANZEN 08.08.2014

 

Betriebsinterne Wohlfahrt: Nationalbankchef von Ungarn kauft sich und seinen Angestellten ein Schloss

Nachdem der neue Nationalbankchef György "Matman" Matolcsy die dringend notwendigen personellen Säuberungen in seinem Hause vorgenommen, die Leitzinsen auf 2,1% und den Forint nahe an die 320er Mauer gedrückt hatte, begann seine eigentliche Arbeit: im April kaufte er im Geldern der Nationalbank u.a. ein Dutzend Gemälde, darunter von Breugel d.Ä., eine Guaneri-Geige für 4 Mio. EUR und insgesamt Sammlernippes im Wert einer halben Milliarde Euro. Als eine Zeitung darüber schrieb, verklagte er sie.

Doch was nutzen all die Präziosen, wenn man sie in den Keller der Staatsbank schließen muss, dachte sich "der Gouverneur" und kaufte, wie wir vom Magazin HVG am Donnerstag erfuhren, - ein Schloss aus dem späten 18. Jahrundert, das man fürderhin "zum internen Gebrauch" als "Erholungsort für die Angestellten" bestimmte, nachdem es renoviert sein wird.

 

Es handelt sich dabei um das "Schlosshotel Tiszaroff", das, wie der Name sagt, an der idyllischen Theiß im Osten des Landes gelegen ist und früher als Palais Borbely eines gleichnamigen hochrangigen K+K-Militärs firmierte und früher sogar Intellekutelle und Künstler beherbergte. Zeiten, die mit dem Einzug Matolcsys nun auf lange Dauer vorüber sein drüften. Böse Zungen meinen gar, der östliche Standort des Palastes sei nicht zufällig gewählt, denn von dort sei der Fluchtweg an die ukrainische (oder bald russische?) Grenze nicht gar so weit und Matolcsy könnte sich - im Krisenfalle - als Großfürst Tiszarow absetzen.

Da es sich um Mittel des Staates, also "öffentliche Gelder" handelt, bleibt der Kaufpreis natürlich ein Staatsgeheimnis. Die MNB behauptet zwar, sie hätte das Teil für gerade 1,3 Mio. EUR erworben, Brancheninsider halten das aber für einen Bluff.  Angeboten wurde das Schmuckstückchen zuletzt für knapp 3 Mio. EUR, der Immobilienmakler sprach dabei von "der perfekten Location für Hochzeiten, Bälle oder Filmdrehs", was auf witzige Events für die Zukunft hoffen lässt. Wie wir aus einer internen MNB-Quelle erfuhren, wird die Differenz zwischen offiziell angegebenem und tatsächlichem Kaufpreis über einen "Dienstleistungsvertrag" geregelt werden und über die Renovierungs- bzw. Betriebskosten verbucht. Macht ja das Volk auch nicht anders.

42 Zimmer, 4 Suiten und ein wirklich extraordinärer Pool sind die Eckdaten des Häuschens, in dem sich Matolcsy mit den Seinen bald von der aufregenden Geldvernichtung in Budapest erholen darf. Natürlich fehlen auch Konferenzräume, Restaurant, Sauna, Fitnesscenter, Spa und diverse "Privaträume" nicht. Es gibt einen Minigolfplatz und einen 3,2 Hektar großen Park, ein Fußballkleinfeld (könnte man ja zum Stadion ausbauen), einen Weinkeller für Verkostungen mit bis zu 70 Personen, eine Bierbar, Bowlingbahn, drei Tennisplätze und ein Beach Volleyball-Feld.

Die Nationalbank ergänzte in ihrer sonst eher kleinlauten Information über den Erwerb, dass man damit eigentlich nur einer alten ungarischen Bankertradition folge, denn "in den letzten Jahrzehnten besaß die Nationalbank - direkt oder indirekt - bis zu zwei Dutzend Immobilien, einschließlich fünf bis sieben, die für die Erholung verwendet wurden." Diese wurden allerdings 2009 verkauft, auf Anweisung des damaligen (klar: linken) Premiers Bajnai, der einer veritablen Staatspleite ins Auge sah. Doch Matolcsy erklärte ja bereits mehrfach, dass die Krise vorbei ist und man nun "der firmeneigenen sozialen Verantwortungsstrategie" (ja, er spricht so) nachkomme, innerhalb welcher "die Bank versucht, ihre mehr als 1000 Mitarbeiter mit zusätzlichen Leistungen und Wohlfahrtsgaben zu motivieren".

 

Beobachter der "Anlagestrategie" des neuen MNB-Chefs, den Orbán nach nur zwei Jahren wohlweislich aus dem Finanz- und Wirtschaftsministerium abzog, auf das er nur noch das bestehende, anstatt auch sämtliches zukünftiges Volksvermögen verbrennen möge, befinden, dass es der allgemeinen "Wohlfahrt" womöglich zuträglicher wäre, Matolcsy erledigte seinen Hauptjob so, dass der Forint eine Richtung nimmt, die den vielen Forex-Schuldnern auch eine gewisse "Erholung" einräumt, wozu nicht einmal Schlösser oder Burgen nötig wären. Aber, so unser nationaler Rechenmeister: "Wir sichern in der unterentwickelten Region von jetzt an eine ganze Reihe örtlicher Arbeitsplätze". Da hat der Mann Recht. Überschlägt man die Sache nämlich, müsste die MNB lediglich noch 49.999 solcher Objekte in Betrieb nehmen, um das gegebene Versprechen von 1 Mio. neuer Arbeitsplätze bald erfüllen zu können.

red. / a.l.

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