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(c) Pester Lloyd / 44 - 2014 FEUILLETON 01.11.2014
DAS Buch zum Land: "Ein Ungar kommt selten allein..." - aber versandkostenfrei als Weihnachtsgeschenk!
Georg Kövary, der vor wenigen Jahren in hohem Alter verstarb und dem wir hier einen Nachruf widmeten, gewährt in "Ein Ungar kommt selten allein..." Einblicke in die vorzügliche „Besonderheit“ des ungarischen Volkes und besticht dabei den Leser mit unglaublichem Charme und Humor... Eine liebevolle Hommage mit der Quintessenz: EXTRA HUNGARIAM NON EST VITA. Dieses Buch erscheint seit 1985 nun zum 9. Mal. Dies, weil es einfach ein Standardwerk für jeden Ungarninteressierten ist und weder an Aktualität noch an Humor eingebüßt hat.
Der Verlag Starks-Sture freut sich, den Lesern des Pester Lloyd einige Lese-Kostproben zu übermitteln. (Fortsetzung in der nächsten Woche...)
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LESEPROBE 4:
Humor und Magyar
„In Sachen Humor kenne ich keinen Spaß!“ erklärte der Humoristengigant Karinthy, der in seiner Heimat „der ungarische Swift“ genannt wird. Damit traf er die ungarische Mentalität auf den Kopf. Der Sinn für Humor ist nicht ausschließlich eine individuelle Angelegenheit, sondern er ist tief in einem Volk verwurzelt – oder nicht.
Die Magyaren verzeihen eher einem Muttermörder als einem Pointenmörder. Sie verliehen dem köstlichen Clown Grock die Ehrendoktorwürde der Universität von Budapest. Die Anfänge der ungarischen Geschichte, bevor sie historisch und dadurch logisch, also noch mythologisch war, berichten von zwei Brüdern, die Humor und Magyar hießen. Sie müßten eigentlich von Humor statt von Hunor abstammen, so ernst nehmen sie ersteren. Jánoska oder Ferike (damit Sie etwas dazulernen: „ka“ oder „ke“ sind Verkleinerungsanhängsel wie „chen“ oder „lein“) werden meistens schon mit gesundem Mutterwitz geboren; spätestens saugen sie ihn mit der Muttermilch auf. Sie wachsen in einem Elternhaus heran, wo viel gestritten und geschrien wird, aber die meiste Zeit wird gelacht. Sie werden größer und gescheiter und erkennen, daß sie ihre Umgebung nicht ernst nehmen dürfen. Mit dem Alter kommt allmählich die Weisheit; der Humor wird zum Panzer, mit dem man sich gegen die ständigen Schicksalsschläge wappnet, welche das Ungarnland gepachtet zu haben scheint.
Ein Ungar ohne Humor ist wie ein Butterbrot ohne Butter. Doch die meisten von ihnen besitzen Butterberge im Überfl uß. Sie wollen diese gar nicht horten; sie streichen ihre „Butter“ überall auf, wo es nur möglich, aber auch, wo es unmöglich scheint.
Ein Witzemacher in eigentlich Respekt gebietenden Situationen war der in den dreißiger Jahren bekannte und beliebte Journalist Attila Petschauer. Nebenbei war er Weltmeister im Fechten. Einmal nahm er mit der Nationalmannschaft an einem Turnier in Madrid teil. Als es bei der Eröffnungsfeier im Rahmen des spanischen Zeremoniells zur gegenseitigen Vorstellung der Mannschaften sowie der anwesenden Prominenz kam, ärgerte es den Ungarn, daß die Spanier alle so imposant lange Namen hatten, während sich die Magyaren mit ein paar Silben begnügen müßten. Das hörte sich etwa so an: „Don Rafael Martinez de Santos y Assunción.“ – „Kis György.“ Der Spaßvogel entschloß sich, seine Namensnennung nicht kürzer zu gestalten als die Gastgeber. Als er an die Reihe kam, leierte er in einem Atemzug in seiner Muttersprache herunter: „Petschauer Attila heiße ich und …“ – dann fügte er das Götz-Zitat hinzu.
Alles blieb ernst und feierlich, weil die Spanier annehmen mußten, daß der Sportfreund nur seinen Namen gesagt hatte, die Ungarn hingegen vor Schreck erstarrt waren. Da sprach Petschauers Gegenüber, der nun an der Reihe war, seinen Namen zu nennen, laut, deutlich und ebenfalls auf ungarisch: „Du kannst mich, mein Sohn, ich bin der ungarische Gesandte.“
… Der vorzügliche Sportler und liebenswerte Mitmensch Petschauer hatte sich die falschen Ahnen auserkoren. Er wurde von Hitlers Todesmaschinerie hinweggefegt.
Ungarische Humoristen, ob Amateure, ob Profi s, wurden nur allzuoft unter einem Unstern geboren. Es soll keine Drohung sein, aber Sie werden noch einige diesbezügliche Lebensgeschichten kennenlernen, liebe Leser. Hier hebe ich nur einen heraus:
Der Humorist Albert Vajda, der sich nach 1956 vor allem in der weltweit verstreuten ungarischen Diaspora einen Namen gemacht hat, von dem aber einige Bände auch in deutscher Sprache erschienen sind, erlebte in London einen Autounfall, der seinesgleichen sucht. Er saß in einem Taxi, das mit einem PKW zusammenstieß. Sieben Personen wurden mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus transportiert, allein Vajda verließ den Unglücksort auf eigenen Füßen. Nach einigen Wochen begann er, an Sehstörungen zu laborieren, bis er schließlich erblindete. Lange Jahre irrte er umher, von einem Arzt zum anderen. Ein deutscher Augenspezialist gab ihm schließlich sein Augenlicht wieder. Über seine Erfahrungen schrieb er ein humorsprühendes Buch unter dem Titel „Umso heller die Nacht“.
Vajda ist ein Beispiel dafür, wie geistreich es aus ungarischen Humoristen trotz ihrer Schwierigkeiten heraussprudelt. Sie können nicht anders, der Humor ist ihr Lebenselixier. Er ist das einfachste Ausdrucksmittel für sie. Albert Vajda verblüfft den Leser auf der ersten Seite eines Buches aus seiner Werkstatt mit folgender Formel: „A, b, c, d, e, f, g, h, i, j, k, l, m, n, o, p, q, r, s, t, u, v, w, x, y, z. Dies sind die Zutaten, aus denen mein Buch entstanden ist.“ Sehen Sie, so einfach ist das.
LESEPROBE 3:
Weltmarke Piroska
… Wenn die Ungarin heiratet, ist sie mit Leib und Seele ihrem Mann untertan, den sie in ihrer Sprache ihren Herrn nennt. (Ihr Mann = az ura = ihr Herr.) Diese Unterwürfigkeit hat sie aus dem Feudalismus mitgebracht. Sie wird nach der Hochzeit nicht für voll genommen, sie zählt nur halb. (Ehefrau = feleség = Halbheit.) Allerdings kann man diesem sonderbaren Wortgebrauch einen schöneren Sinn geben, indem man in der Frau eine Ehehälfte sieht. Von der Vermählung an gilt für sie der Name des Mannes mit der Endsilbe „né“, die verwandt mit der deutschen Endsilbe „in“ zu sein scheint. Frau Kovács heißt also Kovácsné. Aber das Komischste kommt erst: Wenn Piroschkas Gatte Ferenc mit dem Vornamen heißt, lautet Piroschkas Name offiziell: Kovács Ferencné. Sogar der männliche Vorname geht auf sie über. Damit habe ich nun Amerika entdeckt. Mittlerweile ist mir nämlich aufgefallen, daß diese Form auch im englischen Sprachraum gebräuchlich ist. Vielleicht sollten Zeitungsredakteure daran denken, bevor sie in einer Nachricht, etwa über einen Autounfall, auf eine Ungarin als Beteiligte stoßen und ihren Namen so angeben: Ferencne Kovacs … In der Regel ist Piroschka mit dem Männernamen, den sie auf ihrem Lebensweg mitschleppen muß, eine gute Mutter. In jedem Fall eine patriotische Mutter. Denn alle Kinder aus Mischehen, wobei ich keine religiöse, sondern eine nationale Mischung meine, erlernen die ungarische Sprache, wenn der mütterliche Teil ungarischer Abstammung ist. Wo der Vater ein Magorenabkömmling ist, wird die Muttersprache nicht weiterverpflanzt. Väter haben keine Zeit für Traditionspflege; sie müssen sich um die Assimilierung kümmern. …
LESEPROBE 2:
Auszug aus dem Kapitel „Ungarische Sprache – Schwere Sprache“
… Wer mit Ungarn in Kontakt kommen will, tut besser daran, ihre Sprache zu studieren, als auf das Wunder zu hoffen, daß ein Magyare sich jemals in einer Fremdsprache vervollkommnen würde. Er spricht zwar viele Sprachen, weil er entweder begabt oder fleißig ist – beides zugleich ist er so gut wie nie! –, aber er tut sich immer schwer. Sollte jedoch einer von ihnen irgendeine Sprache nicht nur „perfekt“ sprechen – dies tut ohnehin jeder einzelne, fragen Sie ihn nur danach –, sondern auch richtig und fehlerfrei, dann handelt es sich gewiß um ein Mitglied der sogenannten zweiten Generation, die im Ausland geboren wurde. Oder die zweite Sprache wurde im Kindesalter erlernt.
Die meisten Erwachsenen teilen jedoch den Standpunkt der Franzosen und Angelsachsen, die da meinen: „Warum soll ich mich plagen? Der Rest der Welt soll gefälligst meine Sprache lernen!“
Geographische oder politische Umstände ändern nicht viel an dieser Ansicht. Auch wenn der Ungar sich als Emigrant in einem Gastland befindet, betrachtet er sich als Ausgangs- und Mittelpunkt. Ausländer sind immer die anderen. Sie haben sich zu fügen.
Freilich muß man behutsam vorgehen und darf den Ausländer nicht vergrämen; erst recht dann nicht, wenn er gar nicht merkt, daß er Ausländer ist, weil er ja in seiner Heimat lebt. Der Ungar wickelt also sein Vorhaben, wie so vieles, in Charme. Er betört, er macht Appetit und steckt dabei seine Umgebung mit Ungarisch an wie mit einem Schnupfen. Er niest so lange ungarische Wörter in die Gegend, bis es allen in der Kehle kitzelt.
„Dafür haben wir eine einzigartige Bezeichnung, die ich in keiner anderen Sprache der Welt ausdrücken könnte“, sagt er ein-, zweimal stündlich und schwindelt dabei gar nicht immer. Dann hämmert er das Wort jedem, der es hören will, ein.
Oder: „Ich kenne einen köstlichen Witz, aber die Pointe klingt nur auf ungarisch gut!“ Er läßt sie klingen. Er erklärt Wortspiele. Er zitiert. Er unterwandert alle für ihn erreichbaren Sprachen.
Nach einer Weile ist das Interesse geweckt, die Unglückseligen, die nicht als Ungarn auf die Welt gekommen sind, erkundigen sich von selbst nach den wichtigsten Sätzen, die man so im Leben braucht, wie Worte der Begrüßung, der Liebe oder Unanständigkeiten. Was letztere anbelangt, so kann sich auf dem Gebiet des Fluchens und der Verwünschungen kaum eine Sprache mit dem Ungarischen messen. Allenfalls das Italienische, das Russische und einige arabische Dialekte kommen noch in die Endrunde, aber auch sie sind nicht imstande, auf jene Art zu fl uchen, für die wir Ungarn eine einzigartige Bezeichnung haben, die ich in keiner anderen Sprache der Welt ausdrücken könnte (siehe oben). Das Eigenschaftswort heißt „kacskaringós“ und entspricht etwa dem Begriff „verschnörkelt“. Es besagt, daß ein ungarischer Originalfluch sich nicht mit erbärmlichen Kraftausdrücken begnügt, sondern die Schimpfworte mit dichterischen Bildern umgibt, sie mit lyrischen Vergleichen einrahmt. In einem altungarischen Fluch wird nicht nur der Großmutter des Angesprochenen Erwähnung getan, welche sich inmitten eines blutigen Gewitters befi ndet, sondern auch der Kniescheibe seiner Taufpatin; es kommen darin die Ahnen vor, und einiges spielt sich um die Aufbahrungsstätte des Betroffenen ab, der Himmel wird mit einer Baßgeige verglichen und kupferne Engel pfeifen auf Trauerweiden. Es ist ein barockes Vergnügen, ungarisch zu fl uchen. Es hat etwas Gewaltiges. Es ist, was es sein soll: ein Gebet mit umgekehrtem Vorzeichen.
Verdammt, ich habe mich so sehr ins Fluchen verstrickt, daß ich fast den rotweißgrünen Faden verloren hätte. …
LESEPROBE 1:
Vorwort von Fritz Muliar:
EINIGE WORTE ZU DIESEM BUCH
Ein Ungar kommt selten allein, ein Ungarn-Buch auch. Es wird immer wieder neu aufgelegt – wie Sie sehen. Übrigens mit Recht, denn das Kövary-Buch ist noch lesenswerter geworden: man ist sich wieder näher gerückt und will übereinander mehr wissen und noch mehr lachen können.
Kövary führt eine feine Klinge und gebraucht sie wie ein Bi-Händer! Er ist Schriftsteller, Ironiker, Satiriker und – Ungar. Das ist die Mischung, aus der die Bus-Feketes und die Molnars gemacht sind! Schlecht? Diese großartigen Erzähler sind alle trotzdem Eigenpersönlichkeiten, denn: Ein Ungar stammt nicht ab. Er ist – und das unverwechselbar!
Bei Kövary kommt noch eine Prise Wiener dazu und das unentbehrliche Alzerl Europäer. Der Autor ist stolz auf berühmte Landsleute – Leopold Szondi, Richard Zsigmondy, Eli Wiesel und Edward Teller (Vater der H-Bombe). Ich muß ihn fragen, ob er auf den „Franzosen“ Sarkozy auch stolz ist. Aber zuerst will ich sein Werk noch einmal lesen und dann vielleicht noch einmal …
Bis zur nächsten Neuauflage.
Fritz Muliar
(* 12. Dezember 1919 in Wien; † 4. Mai 2009 ebenda)
Georg Kövary: Statt eines Vorwortes
Inmitten der Heerschar von Ungeborenen schwamm ich sorglos im Großen Teich, als der Storch über meinem Kopf seine Kreise zu ziehen begann. „Welchen von uns wird er wohl diesmal herauspicken?“ dachte ich bei mir. Meister Adebar landete in meiner unmittelbaren Nähe. Er klapperte mich an: „Habe ich die Ehre mit Georg Kövary?“ „Der bin ich!“ erwiderte ich. „Pardon, der wird aus mir … Wohin bringen Sie mich?“ „Nach Ungarn.“ Ich war noch gar nicht auf der Welt und schon solch ein Schock! Ich stammelte: „Muß das sein? Haben Sie keinen besseren Geburtsort für mich auf Lager?“ „Nicht wählerisch sein, wenn ich bitten darf!“ Der Vogel war beleidigt: „Ich kenne viele, die mir mit Handkuß dafür dankten, wenn ich sie dorthin brächte. Wunderschöne romantische Landschaften, günstiges Klima …“ „Meine Bedenken sind nicht geographischer, sondern historischer Natur!“ klärte ich den fliegenden Geburtshelfer auf. „Glauben Sie, ich hätte Lust, mich ein Leben lang Prügeln auszusetzen?“ „Warum sagen Sie das? Sie kennen ja Ihre Eltern noch gar nicht …“ „Ich rede nicht von meinen Eltern, sondern vom Schicksal! Die Geschichte dieses Volkes hört sich an wie Shakespeares sämtliche Königsdramen nonstop gespielt. Ich mache da nicht mit.“ Der Storch sah von einer weiteren Debatte mit einem altklugen Embryo ab und meinte nur: „Seien Sie kein Frosch!“, schnappte nach mir, riß mich in die Lüfte empor und schlug die Fluglinie der Malev ein … Nach einem Flug von weißnichtwieviel Stunden in weißnichtwieviel Metern Höhe (die Daten wurden von keinem Kapitän angekündigt, der Service war noch nicht so perfekt wie heutzutage) wurde ich in einer Metropole namens Budapest abgesetzt (...)
Ursprünglich waren es zwei Städte: Buda und Pest, mit deutschem Namen Ofen und Pesth, die sich im Jahr 1873 vereinigten. Als dann die Proletarier, keineswegs aller, aber immerhin einiger Länder dasselbe taten, nämlich 1949 bis 1989, hatte die Donau zwei linke Ufer – doch davon später. Ein paar Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, zur Zeit meiner Geburt, war rechts und links gerade für kurze Zeit ziemlich intakt. Mein Vogel ließ mich auf der Pester Seite fallen. Es stellte sich heraus, daß er mich in eine Klinik gebracht hatte, was sich als eine glückliche Fügung des Schicksals erwies, da meine Mutter sich gerade ebendort aufhielt und mich einige Tage später nach Hause mitnehmen konnte. Durch sie machte ich auch die Bekanntschaft meines Vaters, über den ich erfuhr, daß er ein berühmter Schauspieler und Kabarettist war. Ihm verdanke ich zweierlei Unerläßliches für dieses Buch: Er vererbte mir angeblich ein kleines bißchen von seinem Humor, und er wirkte gegen Ende der Weimarer Republik in Berlin, wo er mich die Volksschule besuchen ließ. Diese beiden Tatsachen verschafften mir paradoxerweise sowohl den Abstand als auch die Nähe zu den Ungarn und zum Westen. (...)
Der satirische "Magyarenspiegel", bereits in der 9. Auflage, ist auch ein tolles Weihnachtsgeschenk. Die charmant-ironische Hommage von Georg Kövary gibt es nun - für kurze Zeit - nicht nur in Deutschland, sondern auch nach Ungarn, Österreich und in die Schweiz versandkostenfrei und als Geschenk verpackt!
Weitere Informationen und Bestellung
(Hinweis: Bitte benutzen Sie für die versandkostenfreie Lieferung nach DE, HU, AT und CH das Formular für Bestellungen nach Deutschland.)
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