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(c) Pester Lloyd / 46 - 2014   NACHRICHTEN   09.11.2014

 

Ungarns Vizepremier: "Tausendjähriges Ungarn" braucht keine US-Nanny, Demonstranten als fremdgesteuert beschimpft, Russland eilt Ungarn - verbal - zu Hilfe

Der ungarische Vizepremier und Chef der fundamentalistischen "Christdemokraten", KDNP, Zsolt Semjén, hat am Sonntagabend im TV die Demonstranten gegen die Korruption als fremdgesteuert und feindlich beschimpft. Im regierungstreuen Hír TV warf er die Bürgerbewegung in einen Topf mit der "Linksopposition", die heute "zwar keine Sowjetpanzer mehr zur Verfügung" habe, dafür sich aber andere Formen von "Angriffen von außen" bedienen, u.a. über "verschiedene Geschäftskreise und politische Gruppen". (ganz im Putinschen Regierungsduktus von Bürgerrechtsgruppen als "Agenten fremder Mächte").

Er verneinte, dass die Regierung irgendwelche Details über die US-Einreiseverbote habe und nannte den ganzen Vorgang unbegründet. Auf die damit in Zusammenhang gebrachten Korruptionsvorwürfe gegen ungarische Amtsträger wollte er nicht eingehen, sondern bezeichnete das Auftreten des US-Gesandten Goodfriend als das "eines Kindermädchens, das versucht, einem unartigen Kinde Benehmen beizubringen." Doch "Ungarn ist tausend Jahre alt und ein souveränes Land und was er (Goodfriend) tut, ist kein typisches diplomatisches Benehmen."

Eine Formulierung, die sich übrigens fast wortgleich mit einem bei RIA Novosti
auch auf Deutsch publizierten Statement der stellvertretenden Außenamtssprecherin Russlands, Maria Sacharowa, deckt, die sich über "inkorrekte" Äußerungen Goodfriends und die ungebührliche Einmischung der USA in die ungarischen Angelegenheiten beschwerte. In den ziemlich holpernden und giftsprühenden Äußerungen (die aber exakt dem heutigen Kommentarton im russischen Staatsfernsehen entsprechen), dringt das Bedürfnis durch, dem Alliierten Ungarn beizustehen. In einem anderen Regierungsblatt wurde Ungarn - im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise und den Alleingängen bei South Stream - bereits als "unsere Leute in Europa" vereinnahmt. In den Nachrichtensendungen des russischen Staatsfernsehens, aber auch in Aussendungen der amtlichen Nachrichtenagentur nehmen Meldungen aus Ungarn seit einigen Wochen einen breiteren Raum ein als zuvor, wobei Orbán durchweg als Volkstribun, der dem Druck der USA und ihrer EU-Verbündeten ausgeliefert ist, präsentiert wird.

 

Die Idee der Sonntagsschließung von großen Shopping-Centers (alles über 400 qm) verteidigte Semjén, die Menschen bräuchten am Sonntag Ruhe, die Nahversorgung sei ja dennoch sichergestellt, es blieben außerdem noch sechs weitere Tage fürs "Shopping". Der KDNP-Vorschlag wird von den Fidesz-Partnern nicht rundherum unterstützt. Orbán soll halbwegs dafür sein, doch sowohl das Wirtschaftsministerium wie auch befreundete Geschäftsleute fürchten Einbußen und Arbeitsplatzverluste, vor allem aber erneute Proteste. Die Sache ist noch nicht beschlossen, aber sehr wahrscheinlich, es soll - wie in Deutschland - 4-5 verkaufsoffene Sonntage im Jahr geben. Mehr zu dem Thema.

Mehr zu Zsolt Semjén:

Einem breiteren Publik wurde der Vizepremier bekannt, als er am 14. März 2013, gemütlich auf dem Rücken eines Gauls die “nationale Einheit” in einem rumänischen Dorf zelebrierte, während tausende Ungarn wegen eines Eissturms und überforderter Rettungskräfte frierend auf der Autobahn gefangen waren. Das Sujet des “Reiters der Nation” ist bis heute in etlichen Varianten ein running gag im Internet. Mehr dazu hier.

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red.

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