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(c) Pester Lloyd / 48 - 2014   NACHRICHTEN   27.11.2014

 

Battlefield Veszprém: Oligarch will Orbán 2/3-Mehrheit entreißen

Wie berichtet, entscheidet eine Nachwahl in Veszprém im Februar darüber, ob die Zweidrittelmehrheit der Regierungsparteien FIDESZ-KDNP im nationalen Parlament Bestand hat, die an nur einem Mandat hängt. Rund 22.000 Wahlberechtigte sollen dann einen Nachfolger für das freigewordene Mandat von Ex-Vizepremier Tibor Navracsics bestimmen, den Orbán als EU-Kommissar nach Brüssel entsandte.

Während Fidesz sich noch bedeckt hält, mit wem man sich in das Prestige-Rennen wirft und die linke Opposition noch überlegt, ob sie vielleicht doch noch einmal ein taktisches Wahlbündnis  hinter einem prominenten Kandidaten probieren sollte, melden sich - neben dem obligatorischen Jobbik-Mann - bereits zwei Kandidaten, die niemand auf der Rechnung hatte und machen aus dem vakanten Wahlbezirk ein regelrechtes Battelfield.

Die MSZP sprach bei der Wahl von der Mafiakoalition. Dabei arbeitet jetzt jeder wieder auf eigene Rechnung. Dass es beiden “besser” als dem Rest geht, stimmt wohl aber.

Zunächst teilte der bekannteste Politikanalyst des Landes, Gábor Török mit, dass er gerne Verwantwortung übernehmen würde und als Unabhängiger anzutreten gedenkt, wenn ihn denn die Menschen wollen. Nun fragen sich viele, wie tief die jahrelangen Analysen des Herrn Török wirklich gewesen sein mögen, wenn er es noch immer für erstrebenswert hält, selbst ein politisches Amt anzunehmen oder ob dafür doch andere Vorteile als Argumente in Betracht kamen?!

Török ist von unbestimmbarer Richtung und in der Summe seiner Analysen ein ziemlich sorgloser Querfeldeinpolitologe, der an einen Börsenanalysten erinnert. Hinterher wissen die schließlich auch immer, warum sich Dies und Das genauo so entwickelte. Er gilt als seriös, weil er sich nicht festlegt und innere Haltung meist verbirgt. Eigentlich der ideale Politiker. Doch da er sich bis her noch von Niemandem einfangen ließ, gilt er als glaubwürdig und hat eine große Zahl Unterstützer. Sogar Jobbik gehört dazu. Parteiführer Vona findet den 43jährigen Uni-Professor so “sympathisch”, dass er auf einen eigenen Kandidaten verzichten wollte, wenn Török als “Unabhängiger” antritt. Doch inzwischen ist wieder alles anders:

Vor einigen Tagen deutete ein ganz anderer Kapazunder an, sich dem Volksvotum zu stellen, nämlich Lajos Simicska selbst. Er ist in Ungarn nicht nur der bekannteste und vermutlich reichste Oligarch, sondern geradezu der Pate der Paten. Ihm gehört ein weitverzweigtes Firmennetzwerk, nein -universum mit dem Bau- und Gemischtwarenkonzern Közgép als Zentralgestirn. Seit den 90ern changierte Simicska zwischen den wechselenden Regierungen und schwamm dabei irgendwie immer oben, vor allem aber kassierte er, am liebsten an den Rändern zwischen öffentlichem und privaten Sektor, weshalb man ihm ganze Abteilungen und Flure im Ministerium zuordnet.

Mit Orbán, dessen Partei er früher als Schatzmeister diente, hat er seine Spässchen in den letzten Monaten etwas übertrieben, andere, parteinahe Günstlinge wollten auch einmal an die Futtertröge. Jedenfalls entsponn sich ein mittlerer Oligarchenkrieg, über den wir hier näher berichteten. Köpfe rollten, Claims werden neu abgesteckt. Natürlich sehen nun viele genau darin den Grund für Simicskas Kandidatur in Veszprém - natürlich auch auf einer eigenen "unabhängigen" Liste, denn so ein Mandat beinhaltet nicht nur die parlamentarische Immunität, die - sollte es einmal heiß werden und sich die Sache in Richtung Chodrorkowsi-Style entwickeln - die Verfolgung zumindest verzögert und die Ausreise ermöglicht, so ein Mandat bedeutet vor allem auch Rederecht im Parlament. Simicska, der einst so scheue, von dem es kaum aktuelle Fotos gab, der nie ein Handy benutzt, er weiß einfach sehr viel, zu viel.

 

Hier könnte es irgendwann zu einem Showdwon kommen, denn Orbán hasst es, nicht zu jeder Zeit alles unter Kontrolle zu haben. Politanalyst Török wird es zum Beispiel schon zu heiß. Sollte Simicska antreten, bin ich raus, teilte er kurzerhand mit und gab dem Wahlvolk damit schon einen guten Hinweis auf seine Leidens- und Kampfesbereitschaft. Wenn “der antritt, geht es nicht um Veszprém und seine Bürger”, fürchtet Török zwar zu Recht, doch gerade dann müsste er ja antreten, um den Missbrauch des Mandates für “höhere Zwecke” zu verhindern. Geht Török, wird wiederum Jobbik mit einem eigenen Gesellen antreten.

Simicska hält sich - wie sonst auch - bedeckt, hinsichtlich seiner endgültigen Entscheidung. Das ist taktisch klug und lässt die Konkurrenz nervös werden. Doch auch Ungarn sollte langsam nervös werden, denn wenn der Mann das Mandat gewinnt, ist ausgerechnet er das Zünglein an der Waage der Allmacht des Fidesz. Ein unersättlicher Oligarch als “Schutz” vor unersättlichen Parteikadern. Das kann sehr, sehr teuer werden.

red

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