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(c) Pester Lloyd / 49 - 2014   BOULEVARD   03.12.2014

 

(B)ring the Bell: Für den Republikaner-Senator McCain ist Orbán ein "neofaschistischer Diktator"

Die neue US-Botschafterin für Ungarn, Colleen Bell, ist mit einem Jahr Verspätung bestätigt, aber für Senator McCain die falsche Wahl. Das Land, "in dem böse Dinge geschehen", brauche eine härtere Hand als die Produzentin von "Reich und Schön". Doch, genau das ist es, was unseren Menschen fehlt: "Arm und Hässlich", vor allem "Neureich und Widerlich" haben wir selbst schon genug.

Eigentlich waren die meist angegrauten Herren der Grand Old Party für Orbán bisher immer eine Bank. Zwar wissen die meisten nicht viel vom Karpatenbecken oder sonst etwas von außerhalb ihrer Welt, aber die Information, dass Obamas Demokraten mit Orbán im Clinch liegen und der "tough Hungarian" die "vereinigte europäische Linke" in Rage bringen konnte, genügte, um ihn als zwar sonderbaren, aber doch willkommenen Mitkämpfer in die transatlantische "Tea Party" einzubinden.

 

Im Februar, also kurz vor den Wahlen, schaute sogar der alte Haudegen, Ex-Präsidentschaftskandidat und führende Republikaner Senator John McCain in Budapest vorbei (Foto unten), allein schon, weil die Demokraten das nicht taten, was dem nach äußerer Anerkennung lechzenden Orbán ein ziemlicher Durchmarsch, wenn nicht gar ein innerer Reichsparteitag gewesen war. Wie John McCain glaubt, ein wortwörtlicher, denn er findet Orbán jetzt nicht mehr soooo toll. Zumindest scheint der blinde Russenhass diesen Kaltkriegs-Dinosaurier so zu übermannen, dass er dem in Demokratie- und Kommunistenfragen eigentlich gleichgesinnten Orbán ohne Bedenken in seiner Vendetta gegen Obama verheizt:

Als gestern die seit über einem Jahr aufgeschobene Senats-Bestätigung der demokratischen Spendensammlerin und Hollywood-Soap-Produzentein, Colleen Bradley Bell, zur neuen US-Botschafterin in Budapest anstand (und mit 52:42 Stimmen durchging), platze McCain der Kragen. Die Frau sei völlig ungeeignet, polterte er im Senat und konkludierte, dass "wir es hier mit einer Nation zu tun haben, die Gefahr läuft, ihre Souveränität an einen neofaschistischen Diktator abzugeben, der mit Wladimir Putin ins Bett steigt und wir schicken den Produzenten von `Reich und Schön` dahin."

Dann brillierte McCain mit Detailwissen, dass ihm eigentlich nur vorurteilsbehaftete Linke eingeflüstert haben können, denn es handelt sich um Vorwürfe, die alle längst widerlegt sind, im Zweifel von Orbán selbst. Und abgehört hatte die NSA Orbán - zu dessen tiefem Bedauern nicht - sie wussten einfach nicht, wozu das gut sein sollte. Doch heute ist klar: Orbán habe "die Unabhängigkeit der ungarischen Gerichte verringert, umstrittene Änderungen in der Verfassung durchgedrückt und schlimme Einschränkungen für Nichtregierungsorganisationen erlassen", in Summe die "gleiche Art von antidemokratischen Praktiken" wie sie "sein Vorbild Putin praktiziert". Es handele sich um "ein sehr wichtiges Land, in dem böse Dinge passieren", fasste er die Sache nochmals fürs gemeine Volk und die noch gemeineren Senatskollegen zusammen. Dafür, stellte die Regierungspartei schon fest: “
Sind wir nicht Guantánamo!”. Nimm das, John!

So weit, so lustig. Allerdings: wenn McCain die Zustände an der mittleren Donau genauer studierte, wüsste er, dass "Reich und Schön" genau das ist, was unsere Menschen hier brauchen, denn "Arm und Hässlich", vor allem aber "Neureich und Widerlich" haben wir selbst schon genug.

Und er sollte auch nicht vergessen, dass Orbán selbst bereits vor Jahren den Produzenten von "Terminator" und "Stirb langsam" - also den richtig coolen Kandidaten - nach Budapest als Kommissar und Inquisitor für die Neuordnung der staatlichen Filmförderung geholt hatte, dieser also nicht mehr als Botschafter zur Verfügung stand. Dieser Andrew G. Vajna versucht mittlerweile Ungarn vorbildlich zu amerikanisieren, in dem er die Geschichte Las Vegas` am lebenden Modell und im Zeitraffer nachstellt.
Mit allem Pipapo: Mafia, Konzessionsschwindel, Steuerhinterziehung über off-Shore-Konstrukte, Kuscheleien mit der Politik, operierte Blondingen - ganz großes Kino eben. Aber selbst das können wir mittlerweile besser, Ihr Anfänger!

 

Die neue Botschafterin sollte einfach chic aussehen und zu allem lächeln, denn die Arbeit in der US-Botschaft erledigt ohnehin ihr Gesandter, André Goodfriend, der, und das dürfte Old McCain wieder gefallen, aus dem Kossuth Platz gerade einen zweiten Maidan zimmert und - so ist sich zumindest die Regierungspresse einig - ein geheimdienstlicher Politprovokateur des Weltgendarms ist, ein jüdischer wohl noch dazu. Wenn wir solche Leute aushalten, wieso können die Amis dann nicht eine homoerotische Liason zweier Europäer verkraften?

Ungarn will auf diplomatischer Ebene gegen den Ausfall des Vietnamveterans vorgehen. Man könnte ja ein Einreiseverbot gegen ihn verhängen. Außenminister Szijjártó erklärte, dass McCains Einschätzung “jeglicher Grundlage” entbehre, schließlich konnten “die ungarischen Bürger in diesem Jahr drei Mal zur Wahl gehen”.

Orbán muss sich heute sehr einsam fühlen: erst ließ ihn gestern Putin beim Projekt South Stream hängen, heute der Nackenschlag von den vermeintlichen amerikanischen Freunden. Und Mutti kommt erst im nächsten Jahr...

a.l.

A short guide to the US-Hungarian relations:

Der Fetzen: Premier von Ungarn bleibt auf Konfrontationskurs zu den US
(Please use a stamp (round and coloured prefered), everytime You send letters to hungarian officals!)

Außer Spesen...: Ungarns Außenminister in den USA wie Pizzabote empfangen
(Pizza in Hungarian is called: Lángos, - but don´t try to call it)

"Klare Warnung": US-Einreiseverbote gegen sechs ungarische Offizielle
(Corruption is a loanword)

Ungarns neuer Außenminister bezichtigt Obama der Lüge
(first apperance of the pizza-boy)

Obama kritisiert Attacken auf NGO´s in Ungarn, Clinton unterstellt Orbán niedere Motive

Reich und Schön: Schmonzetten-Produzentin wird neue US-Botschafterin in Ungarn

Das Weiße Haus hat keine Zeit: Orbán als Polittourist in die USA

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