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(c) Pester Lloyd / 49 - 2014   POLITIK   30.11.2014

 

Rumänien vor Machtwechsel? Ungarnpartei bringt Premier Ponta in Bedrängnis

Am Donnerstag traten die Abgeordneten der Rumänischen Ungarnpartei RMDSZ / UDMR, aus der Regierungskoalition mit Victor Pontas (auf dem Foto rechts) Sozialdemokraten aus. Am 13. Dezember wird auch über ein Ausscheiden aus dem Kabinett, also den Rücktritt zweier Minister entschieden. Das sei, so die offizielle Version, die Konsequenz aus mangelnder Kooperationsbereitschaft des Regierungschefs bei Minderheitenfragen. Ponta hatte sich geweigert, ein Ansinnen über die Festschreibung von bestimmten Minderheitenrechten auf EU-Ebene gemeinsam mit dem RMDSZ zu unterstützen.

Beobachter sehen in dem Schritt jedoch einen taktischen Schachzug, der die Position der Rumänienungarn bei nun immer wahrscheinlicher werdenden Neuwahlen 2015 verbessern soll. Ponta hatte bei der kürzlichen Präsidentenwahl gegen den Kandidaten des Basescu-Lagers, Klaus Iohannis (Foto links) deutlich verloren, was ein Hinweis darauf ist, dass seine Chancen auch bei denkbaren Parlamentswahlen schwinden.

Die von Kelemen Hunor (Foto unten) geführte RMDSZ, die erst im März in Pontas Regierung eintrat und dort zwei Minister (Kultur und Umwelt) sowie einen Vizeregierungschef stellt, hat sich immer wieder als Mehrheitsbeschaffer, mal für das sog. bürgerliche, mal für das sog. linke Lager hergegeben, ihr Einfluss ist aber durch die Radikalisierung seitens der Orbán-Partei in den letzten Jahren geschwunden, die die Separatisten von der “Siebenbürger Volkspartei”, die für ein territorial autonomes "Széklerland" kämpfen, bevorzugte und die politische Vertretung der Rumänienungarn damit spaltete.

 

Ponta, der durch massive Einflussnahme auf Verfassungsbestimmungen und -richter und die Behinderung der Korruptionsbekämpfung gegen Günstlinge seiner Partei auffiel (Mehr in: Wiederholt sich Ungarn in Rumänien?), hält zwar noch eine theoretische Mehrheit von 331 der 575 Abgeordneten, diese ist aber u.a. von der konservativen PC und der "Nationalen Union für den Fortschritt Rumäniens" (UNPR) getragen, deren Verbleib in der Koalition Ponta mit immer mehr Kompromissen "bezahlen" muss.

Die oppositionelle PND ist sowohl die Partei des scheidenden Präsidenten Basescu, der in Rumänien genauso wie Ponta als Repräsentant einer korrupten Elite gesehn wird, als auch die Partei des neu gewählten Präsidenten Iohannis, der als Sanierer-Bürgermeister von Hermannstadt gewisse und teils recht überhöhte Hoffnungen weckt.  Diese will mit den wackeligen Koalitionspartnern Pontas nun verhandeln, um "so schnell wie möglich", die Regierungsmehrheit von Ponta zu beenden und die Macht über ein Misstrauensvotum noch in diesem Jahr zu übernehmen, wie Iohannis erklärte. Im kommenden Jahr würden dann Neuwahlen folgen.

Allerdings muss sich der desiginierte Präsident zuvor noch einem Gerichtsverfahren beim Obersten Gerichtshof über einen mutmaßlichen Interessenskonflikt stellen. Als Bürgermeister von Herrmannstadt sitzt bzw. saß er auch in zwei Aufsichtsräten von Unternehmen mit Stadtbeteiligung, was, so die Anklage auf Initiative der Nationalen Agentur für Integrität (ANI), nach rumänischem Recht nicht statthaft ist. Er und seine Partei erkennen in der “Konstruktion” allerdings einen weiteren politisch motivierten Versuch der Ponta-Partei, den Willen des Volkes zu hintertreiben und Kontrollinstanzen wie das ANI durch entsprechende Postenbesetzung zu instrumentalisieren. Ein ordentliches Gericht hatte Iohannis freigesprochen. Sollte das Oberste Gericht ihn schuldig sprechen, droht ein 3jähriges Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter.

Ungarische Regierungspolitiker begrüßten die Wahl von Iohannis als Gelegenheit, die seit Jahren komplizierten bis feindlichen Beziehungen zwischen den Ländern zu verbessern. Politische Beobachter gehen davon aus, dass der Schritt des RMDSZ von Budapest forciert worden war, Orbán gab in der Vergangenheit immer wieder offene Wahlempfehlungen für die Basescu-Partei ab und behandelt die Organisationen der Rumänienungarn wie eine ausländische Niederlassung seines Fidesz.

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red.

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