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(c) Pester Lloyd / 49 - 2014   NACHRICHTEN   04.12.2014

 

Kampf um die Gruft: Bestattungsunternehmen gegen Do-it-yourself-Beerdigung in Ungarn

Die Einführung des Gesetzes über sogenannte "Sozialbegräbnisse" wird wahrscheinlich erst im Jahr 2016, statt, wie geplant, schon 2015 eingeführt werden. Die Verschiebung hängt aber nicht damit zusammen, dass die Gesetzgeber irgendwelche ethischen Skrupel entdeckt hätten, sondern am Einspruch der professionellen Bestatter, die sich um lukrative Geschäfte gebracht sehen.

Wer anderen eine Grube gräbt... Orbán solle als leuchtendes Beispiel voran gehen, fordern die Macher der Facebook-Seite “Orbán-Parodien” https://www.facebook.com/orban.parodia

Nach den Plänen sollen alle, die sich die Beerdigungskosten für ihre Verwandten nicht leisten können - immerhin gelten rund 40% der ungarischen Bevölkerung als arm - bei der Bestattung und deren Vorbereitung "zur Mithilfe herangezogen werden." Danach würde die Gemeinde bei mittellosen Hinterbliebenen den Pfarrer und die Grabstätte sowie eine Minimalbetreuung finanzieren, die Trauernden müssten sich jedoch nicht nur an der Aushebung und Zuschüttung der Grabstätte beteiligen, sondern sogar bei der Leichenwaschung und Einkleidung mitwirken. Bürgerrechtsgruppen stuften dieses Vorhaben als sarkatsichen Gipfel des Umgangs mit Armen im Lande seitens der Regierung ein, die andererseits alles in Bewegung setze, um Besserverdiener zu entlasten und sich selbst zu bereichern.

 

Bei einer Anhörung 2013 vor dem parlamentarischen Ausschuss für Menschenrechte (!) argumentierten Vertreter der Regierungspartei, dass diese Variante nicht nur die Gemeindekassen entlasten könnte, sondern die Menschen, "die sich in der hektischen Welt von heute vom Thema Tod derartig entfernt hätten, wieder zu einer guten alten Tradition zurückgeführt würden". Man wolle aber "Rücksicht nehmen auf jene, die wegen ihrer Trauer physisch nicht in der Lage" seien, die geforderten Dienste zu verrichten, sie könnten sich dann um einen Ersatz kümmern, der für sie die Schaufel oder den Schwamm bedient.

Allerdings scheinen die Gesetzgeber auch die Geschäftsinteressen der örtlichen Bestatter zu stören, denn diese meldeten sich jetzt über ihren Branchenverband zu Wort. Es brauche mehr Unterstützung für Bedürftige, aber keine "Do-it-yourself-Bestattungen", meint der Verbandspräsident. Schließlich seien die Kosten für die Gemeinden nach dem neuen Gesetz auch nicht niedriger als die billigste Beerdigung bei einem professionellen Anbieter koste. Daher sei es sinnvoll, das Gesetz erst einmal "zur Ruhe zu betten" und weiter zu beraten.

Der für die Umsetzung zuständige Innenminister solle erst "verschiedene Alternativen testen", um dann das bestmögliche Gesetz umzusetzen. Der Standpunkt der Regierung sei indes unverändert, hieß es, während man die kommunalen Kosten für Sozialbestattungen bei maximal 180.000 Forint deckeln wolle (knapp 600 EUR), sei die günstigste gewerbliche Bestattung nicht unter 350.000 Forint zu haben (1.200 EUR).

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