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(c) Pester Lloyd / 03 - 2015   POLITIK   12.01.2015

 

Alle nur gekauft: Fidesz-Fraktionschef Rogán soll Proteste abwürgen, - seine Karriere steht auf dem Spiel

Der bis dato eine lukrative Blitzkarriere hinlegende Fidesz-Fraktionschef Antal Rogán hat offenbar ein Problem. Gelingt es ihm nicht bald, im Rahmen seines "Nationalen Aktionsplans zum Schutz Ungarns" die Proteste gegen die Regierung zu unterdrücken und die Beleibtheit des großen Vorsitzenden wieder zu steigern, könnte Orbán ihn als Bauernopfer fallen lassen. Diese Perspektive setzt eine Menge Energie frei...

"Wir müssen wissen, wer diese Demonstrationen, die immer teurer werden, finanziert und aus welchem Interesse?" fragte Rogán am Samstagabend auf dem rechtslastigen HírTV. Wenn Parlamentsparteien ihre Finanzen offenlegen müssten, müssten das "politische Gruppen" auch, sagte er. "Wenn jemand aus politischem oder ökonomischen Interesse solche Events bezahlt, sollte das erkennbar sein". Dies zu erreichen, werde "Teil des Nationalen Aktionsplanes zum Schutze Ungarns" sein, den Fidesz gerade ausarbeitet. Ein weiterer Hinweis, dass es sich bei diesem Machwerk um ein Notstands- wenn nicht Ermächtigungsgesetz handeln wird. Mehr dazu hier.

 

Rogáns Anmerkungen sind sachlich nicht nur abwegig, sondern auch hochgradig zynisch. Während die Veranstalter der Demos von Anfang an alle Einnahmen und Ausgaben auf ihren Facebook-Seiten offenlegten, wozu bis zur Aufschlüsselung der Geldstückelung das Spendenaufkommen (im Bereich von einigen tausend Euro pro Veranstaltung) gehört, bedient sich die Regierungspartei seit Jahren schamlos an öffentlichen Mitteln und Ressourcen für ihre Kampagnen und Wahlkämpfe. Der Chef der Behörde, die für die Verteilung staatlicher Mittel an "NGO´s" zuständig ist, ist gleichzeitig Präsident der größten fidesznahen Unterstützerorganisation CÖF, so einer Art Kampfgruppe des Fidesz.

Natürlich zielen Rogáns Unterstellungen von Fremdfinanzierung auf die heute bei bildungsfernen und führungslechzenden Schichten so beliebten Thesen von der (jüdischen) US-Weltverschwörung (Budapest darf nicht Maidan werden...) und deren "Vasallen in Brüssel und London" ab. Was beim westlichen Mob funktioniert, wird auch bei Fidesz-Anhängern in Ungarn funktionieren, denkt sich nicht nur Rogán...

Rogáns Bemühungen gegen die Protestbewegung kommen nicht von ungefähr und nicht nur von ihm selbst. Wie aus internen Quellen hervorgeht, steht der Fraktionschef, der zum inneren Kreis der korruptesten und dreistesten Orbán-Zöglinge gehört, intern unter Druck. Immerhin hat das "kaufmännische" Gebaren von Orbáns Rasselbande für den Chef den entscheidenen Vorteil, dass sie allesamt erpressbar sind.

Rogán, der als ehemaliger Bezirksbürgermeister des V. heftigst in die Verscherbelung von Bezirkseigentum an Parteileute und andere kriminelle Kreise verwickelt ist, solle nun dafür sorgen, dass die abgestürzte Poupularität der Regierungspartei sich bis zum Herbst erhohlt und die Protestbewegung nicht weiter anwächst. Gelingt ihm das nicht, wird er den unzufriedenen Massen als Bauernopfer zum Fraß vorgeworfen, womit Orbán den Beweis antreten kann, dass er bei der moralischen Integrität und bei rechtsstaatlichen Grundsätzen auch nicht vor hohen Funktionären und guten Freunden halt macht. Dieses Zeichen hätte einen doppelten Nutzen, denn so könnte man auch die parteiinternen Granden beruhigen, die sich
über das auffällige Geprotze der jungen Garde erregten, allerdings nicht, weil man grundsätzliche Skrupel gegen Korruption und Amtsmissbrauch habe, sondern schlicht, weil man so viel zu sehr auffalle.

 

Am Samstag demonstrierten wiederum einige dieser hundert "gekauften" Menschen vor dem ungarischen Parlament, Thema war diesmal die von Fidesz ins Gespräch gebrachte Verschärfung des Versammlungsrechtes. Der für solche Vorstöße zuständige Vizefreaktionschef des Fidesz, Gergely Gulyás, der bereits als Nachfolger Rogáns gehandelt wird, hatte Einschränkungen bei der Dauer von Veranstaltungen und bei "gleichzeitigen Kundgebungen" verschiedener Veranstalter angekündigt. Das Amt des Ministerpräsidenten sagte später, dass es "keine konkreten Pläne" dafür gäbe, was der üblichen Kommunikationsabfolge entspricht, zunächst zu entschärfen, um dem Protest den Druck zu nehmen, um dann doch das Gesetz ohne viel Federlesens durchzuwinken.

Die Organisatoren der Demo am Samstag stellten die "Ablösung Orbáns" in den Mittelpunkt der Protestbemühungen und den Erhalt Ungarns als Teil Europas bzw. der EU. Dazu solle eine Großdemo am 15. März, einem von Ungarn Nationalfeiertagen, der nächste Schritt sein, zu dem man "Hunderttausende" mobilisieren wolle - voraugesetzt natürlich, die US-Botschaft lässt die notwendige Zahlung rechtzeitig anweisen...

red. / a.l.

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