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(c) Pester Lloyd / 04 - 2015   NACHRICHTEN   22.01.2015

 

Formal sauberer diskriminieren: Oberstes Gericht in Ungarn beanstandet Verbotszonen für Obdachlose

Vor einigen Tagen fällte Ungarns Oberster Gerichtshof, die Kurie, eine weitere Entscheidung zum Thema pauschaler Platzverbote, sogenannter No-Go-No-Sleep-Areas in Budapest. Dabei hob das Gericht eine ganze Reihe dieser kommunalen Verlautbarungen auf, die sich wiederum auf einen im Rahmen der 4. Verfassungänderungen aufgenommenen Passus in der neuen Verfassung beziehen, der Kommunen das Recht gibt, zum "Schutze des Gemeinwohls", der öffentlichen Hygiene, aus Sicherheitsaspekten etc. etc. Obdachlosen den Zugang (nicht nur das Schlafen!) zu öffentlichen Plätzen zu verbieten.

In den ungarischen wie in einigen internationalen Medien kam daraufhin der Eindruck auf, die Kurie hätte sich gegen die pauschale Kriminalisierung von Obdachlosen als quasi "gemeingefährlich" ausgesprochen und ein Urteil im Sinne der allgemeinen Grund- und Menschenrechte gefällt. Weit gefehlt: die Obersten Richter beharren lediglich auf der vollständigen Erfüllung der Formalien der menschenverachtenden gesetzlichen Vorschriften und stießen sich daran, dass zehn der 23 Budapester Bezirke nicht genau beschrieben, "aus welchem Grund die geschützten Gebiete" als geschützt klassifiziert werden.

Daher seien die Kommunalerlasse mit Wirkung vom 31. Mai hinfällig und müssten bis dahin korrigiert werden. Die abgemahnten Bezirke (1,4,9,10,13,14,16,17,21 und 22), darunter auch Nicht-Fidesz-regierte, könnten sich dabei ein Beispiel am 6., 11., 18. und 20. Bezirk nehmen, diese erfüllten nämlich die formaljuristischen Anforderungen vorbildlich, ihre Verbotszonen bleiben somit in Takt.

 

In einem vorherigen Urteil (4. November) kritisierte die Kurie das zu allgemeine Ausmaß dieser präventiven Kollektivbestrafung wie es in der Budapester Stadtordnung - wie gesagt, auf Basis der Verfassung - verfügt wurde. Obiges Urteil konkretisiert nun den ersten Spruch und verlangt von den Behörden mehr "Sorgfalt" bei der Beschreibung des öffentlichen Störpotentials durch Obdachlose. Gegen die allgemeine Diskriminierung kann weder die Kurie noch das Verfassungsgericht vorgehen, denn diese ist, wir wiederholen es nochmals - von der Verfassung gedeckt, also Teil des Grundgesetzes Ungarns...

Mehr zu dem Thema, darin auch weiterführende Links in:
Von Oben herab: Gnade statt Recht für Obdachlose in Ungarn

red.

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