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(c) Pester Lloyd / 07 - 2015 NACHRICHTEN 11.02.2015
Entzug von Invalidenrente: Europäischer Gerichtshof verurteilt Ungarn zu Entschädigung
Wieder verliert der ungarische Staat einen Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, EGMR. Diesmal geht es um eine Frau, der die Behörden aufgrund einer neuen Gesetzeslage ihre Invalidenrente gestrichen hatten. In einem - nicht rechtskräftigen - Urteil erkannte der EGMR hierin einen Verstoß gegen die Eigentumsrechte der Klägerin, die sie durch selbst geleistete Versicherungsleistungen erworben habe. Das Urteil hat Präzedenzcharakter, denn der Vorgang betrifft mehrere Tausend Menschen.
Seit 2010 war es erklärtes Ziel der Orbán-Regierung möglichst viele "Menschen der Arbeit zuzuführen", wobei man auch den "Missbrauch der Invaldienrente", - den es ohne Zweifel gab - beseitigen wollte. Aus Früh- und (unrechtmäßigen) Invalidenrentnern sollten wieder “Steuerzahler” werden. Es wurden in kürzester Zeit neue Gesetze erlassen, 2010 zog die Rentenkasse den Bescheid zum Bezug einer Behindertenrente bei der Klägerin zurück, wegen "einer Änderung in der Berechnungsmethode".
2012, es gab nun wiederum neue Gesetze, weil den Gerichten die pauschale gesetzliche "Arbeitsfähigkeiterklärung" fast aller Behindertenklassen zu weit ging und auch EU-Normen nicht standhielt, beantragte die Frau erneut ihre Invaldienrente, denn ihr körperlicher Zustand rechtfertigte diesen Antrag. Nun aber schlug die Rentenbehörde den Antrag mit der Begründung ab, dass - laut Gesetz - die Antragstellerin mindestens 1095 Tage Sozialversicherungsleistungen in den abelgaufenen 5 Jahren erbracht haben muss, um bezugsberechtigt zu sein, - was sie, aufgrund ihres Status´ bis 2010 und der Aberkennung nicht konnte.
Das Gericht allerdings sah das Recht auf die Leistung bereits vor dem Erstbezug von Invalidenrente erworben und verurteilt Ungarn zu Widergutmachung in Höhe von 14.000 EUR, der Übernahme von Rechtskosten und zur Wiedereinsetzung der Klägerin in ihre Rechte.
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red.
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