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(c) Pester Lloyd / 08 - 2015   WIRTSCHAFT   19.02.2015

 

Große Deals, kleine Gesten: Nachklänge zum Putin-Besuch in Ungarn

Ungarn wird übrig gebliebenes Erdgas nach Bedarf, aber zum hohen Fixpreis beziehen, vier neue Handelshäuser in Russland eröffnen und Orbán hofft sogar, dass Ungarn eines der WM-Stadien in Russland bauen darf. OB Tarlós will in Budapest wiede3r einen Platz und eine Straße nach der russischen Hauptstadt benennen. Sein Moskauer Amtskollege kommt bald zu Besuch.

Beleuchtung ist alles...

Im Nachklang des Putin-Besuches, in dem sich Orbán seit Dienstagabend pausenlos sonnt und sonnen lässt, informierte Außenminister Szijjártó so gut wie alle Außenminister und Botschafter, derer er auf die eine oder andere Weise habhaft werden konnte, über den Besuch, einschließlich des deutschen Frank-Walter Steinmeier. Den westlichen versicherte er dabei, dass Ungarn zu seinen Bündnisverpflichtungen steht und nur den Dialog und Normalität suche, den östlichen stellte er die Verlockungen erweiterter Kooperationen mit dem starken Mann in Moskau in Aussicht.

Im Zentrum steht dabei vor allem die neue Pipeline durch die Türkei, Mazedonien und Serbien und womöglich bis Ungarn als Ersatz für die abgesagte South-Stream, mit der sich Ungarn als Tor in die EU in einer Pole Position wähnt. Außerdem wurde bekannt, dass Ungarn zwar nicht die gesamte Menge Erdgas aus dem langfristigen Vertrag von 1998 bis zum Auslaufen in diesem Jahr abnehmen muss, sondern sie nach Bedarf abrufen darf (dürfte für 4-5 Jahre reichen), dies aber zum Fix-Preis von 260 USD pro 1000 Kubikmeter, dem Standard-Preis für Westeuropa, der allfällige Reduzierungen aufgrund der Weltmarktentwicklungen ausschließt. Für Orbán ein tolles Geschäft, Experten sagen das Gegenteil.

Ungarn wird außerdem vier weitere, sog. Handelshäuser in Russland einrichten, in Jekaterinenburg, Kasan, Rostow am Don und St. Petersburg. Offiziell handelt es sich dabei um Einrichtungen zur Exportförderung, tatsächlich werden dabei nur begünstigte Unternehmen in günstige Positionen gebracht und von der staatlichen Eximbank mit entspr. Exportgarantien und anderen Hilfen ausgestattet. Seit den russischen Einfuhrembargos als Antwort auf die EU-Sanktionen hätte der ungarische Handel mit Russland rund 14% bzw. bis zu 450 Mio. USD verloren. Putin hatte zugesagt, ungarischen Firmen den Marktzugang nach Russland zu erleichtern.

Orbán sorgte im im "privaten Rahmen" für allgemeine Heiterkeit unter handverlesenen Journalisten (wir sind handverlesen, aber auf einer schwarzen Liste) als er verkündete, dass Ungarn eines der Fußballstadien für die Fußball WM 2018 in Russland errichten wird. "Eines von den Dingern werden wir bauen." meinte er lässig in die Runde. Warum das so erheiternd ist: nun alle wissen, was bei den Stadienbauten in Felcsút, Debrecen, Budapest etc. seitens der Finanzierung und Auftragsvergaben abging - und wie die Errichtung von drei Dutzend solcher sündteuren Projekte in einem Land, in dem bis zu 35% der Bevölkerung als arm gelten müssen, zu bewerten ist. Doch - Übung macht den Meister - offenbar ist der Stadionbau das einzige Gebiet, auf dem Ungarn derzeit international konkurrenzfähig ist...

 

Eine weitere Geste der Unterwerfung lieferte - bereits kurz vor der Anreise Putins - der Budapester Bürgermeister Tarlós, FIDESZ: Der Széll Kálmán Platz werde zwar nicht noch einmal umbenannt, doch wird man einen anderen würdigen Ort finden, den man hinfort "Moskauer Platz" nennen kann. Doch für diese Entscheidung werde er den Besuch seines Moskauer Amtskollegen in Budapest in zwei Monaten abwarten. Dann wolle man zusammen nicht nur einen Platz, sondern auch eine Straße finden, die nach der russischen Hauptstadt benannt wird.
 
Die MSZP will den 2010 umbenannten Széll Kálmán Platz wieder in Moskauer Platz (Moszkva tér) umbenennen lassen, die derzeitige Renovierung wäre der gute Anlass dafür. "Das schulden wir der Erinnerung an 80.000 Sowjetsoldaten, die ihr Leben für die Befreiung Budapests von der Nazibesetzung gelassen haben."

red.

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