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(c) Pester Lloyd / 09 - 2015 GESELLSCHAFT 25.02.2015
Balogs Sprachpolizei: Ungarn schafft "Armut" und "Fußballstadien" ab
Vor knapp drei Jahren fassten wir das immer auffälliger werdende "Sprachdesign" der Orbán-Regierung in einem provisorischen Neusprech-Wörterbuch zusammen, um unseren Lesern das Verständnis regierungsseitiger O-Töne zu erleichtern. Die Fortführung dieser Arbeit wurde uns jetzt vom Ministerium für "Humanressourcen" abgenommen, jenem Superministerium von Pfarrer Balog, das von Titel und Ausdehnung her für die Umsetzung Orwellscher Szenarien prädestiniert scheint.
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Zoltán Balog, einst ein nachdenklicher Dissident, später salbungsvoller, überschätzter Staatssekretär, heute ein kalvinistisch-karrieristischer Ständestaats-Taliban, übermittelte den tausenden Ministerialmitarbeitern, die u.a. für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Kultur, Jugend, Sport zuständig sind, ein 13seitiges Memorandum (nur für den Dienstgebrauch), das eine lange Liste mit Begriffen umfasst, die man "in der internen und externen Kommunikation" besser "vermeiden" sollte.
Die hausinterne Sprachpolizei ging dabei durchaus in die Tiefe, ihr Bestreben ist es offenbar, den Anschein eines fröhlichen Takka-Tukka-Landes zu erwecken, wozu alles, was irgendwie "negativ besetzt" ist, auszumerzen ist. Worte wie "behindert" oder "invalid" sagt man nicht mehr, das sind Menschen mit besonderen Bedürfnissen, genau wie der Negerkuss auch nicht mehr geht (aber das stand nicht in Balogs Memo). Soweit könnte man noch folgen, Menschen, die nicht laufen können auch als Menschen und nicht als Behinderte zu bezeichnen (noch besser sie auch so zu sehen), einverstanden.
Wie man aber die "Armut" bekämpfen kann, gar die "Kinderarmut" oder die "extreme Armut", in dem man diese Begriffe aus dem Sprachgebrauch tilgt, das müsste uns der Herr Pfarrer, der vielleicht einen besseren Draht zu wundertätigen Mächten hat als wir, erst noch erklären. "Bedürftig" sei das Wort der Wahl anstelle "arm", allein: Kinderbedürftigkeit könnte so manchen auf einen ganz anderen Pfad führen. Hoffentlich vergisst Balog nicht, diese Worte auch aus der Bibel streichen zu lassen, nicht dass seine Kollegen am Sonntag bei der Predigt alles wieder in die Hirne pflanzen, was er vorher so mühsam hat ausreißen lassen....
Wie auch immer: damit die Trauben nicht zu hoch wachsen, werden Wörter wie "Amme", "Wärter" und "Chancengleichheit" ebenfalls getilgt. Bei Letzterem gehen wir noch mit, immerhin gibt es selbige in Ungarn schon lange nicht mehr, eigentlich gab es die nie, doch jetzt darf es sie eben auch nicht mehr geben. Wärter wird man jedoch in der immer trauriger werdenden Baracke bald sehr viele brauchen, bevor eben die letzten mit Resthirn das Land verlassen haben werden. Sie werden dann aber anders heißen, Laci und Tibor zum Beispiel.
Am schönsten ist aber der hier: Balog verbietet seinen Mitarbeitern, in Zukunft auch die Worte Fußballstadion oder Stadion in den Konversationen mit dem Pöbel zu verwenden. Stattdessen sollen sie "überdachte Sportanlagen" sagen, eine Sprachschöpfung, die ein wenig an die "Jahresendfiguren" (mit und ohne Flügel) oder das "VEB Erdmöbel" erinnert. Wie wir uns erinnern, waren die wirtschaftlichen Erfolge damals genauso hoch wie im heutigen Ungarn - konnte man dort wie hier täglich in den "Nachrichten" verfolgen. Dabei hat Balog recht, denn "überdacht" sind die Sportanalagen - vor allem hinsichtlich der Finanzierung - durchaus gründlich.
Um dem Alltagsgeschehen in Ungarn Rechnung zu tragen, könnte man noch das hässliche Wort Korruption durch "reziproke Geldanlage" und Amtsmissbrauch mit "situationselastischer Interessensvertretung" ersetzen. Das Parlament wäre dann der "überdachte Sitzkreis". Die EU ist schon heute die "Interessensvertretung der Finanzmärkte, multinationaler Konzerne und ihrer linksliberalen Vasallen, die Extraprofite aus dem Land schleppen und ungarische Familien angreifen" Kurz: IFKilVELuFa, Erpressung wäre dann "nachhaltige Mediation" - und Krieg ist sowieso schon lange Frieden...
Das philosophische Quartett oder: Porno mit Konfuzius
Propaganda und Neusprech im neuen Ungarn
http://www.pesterlloyd.net/html/1222neusprechpropaganda.html
Der ausgezeichnete Herr Balog...
Deutschlands Präsident ehrt Minister für Humanressourcen in Ungarn. Wofür eigentlich?
http://www.pesterlloyd.net/html/1322gauckordenbalog.html
red.
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