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(c) Pester Lloyd / 11 - 2015   POLITIK      09.03.2015

 

"Grundlos unzufrieden": Orbán sieht Ungarn als Erfolgsmodell

Ministerpräsident Orbán hat in seiner freitäglichen Radioansprache versucht, Gründe für die Wahlniederlage von Veszprém, die seine Partei um die 2/3-Mehrheit im Parlament brachte, zu finden. Tief schürfte er dabei nicht. Außerdem ging es um die Brokerskandale, die offenbar Anlass liefern, sich eine weitere Branche unter den Nagel zu reißen.

 

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Kernfrage war, warum rund die Hälfte der Fidesz-Stammwähler gar nicht zur Wahl gegangen ist. "Womöglich wollen die Menschen mehr Konsultation und langsamere Entscheidungsprozesse." Das sei "mal möglich, mal nicht." "Teile der Wähler" könnten womöglich auch "mit der Regierung unzufrieden sein", obwohl er jetzt nicht so genau erkennen könne "warum eigentlich". Wir (Fidesz) müssten "besser kämpfen".

Dann waren die Zweifel aber schon wieder erledigt und Orbán fuhr selbstgewiss fort: "Ungarns Wähler erwarten geradlinige und klare Antworten auf jede Attacke in Richtung Regierung". Es sei wahrscheinlich, dass es "noch viel mehr politische Angriffe" in dieser Legislaturperiode geben werde als in der vorigen, er sei "bereit zu kämpfen".

Auch ohne 2/3-Mehrheit könne er "seinen Job machen", er werde dann eben "von Fall zu Fall mit der Opposition sprechen" und nannte als Beispiel die kommende Abstimmung über einen Militäreinsatz ungarischer Truppen im Irak, wozu eine "NATO-Anforderung" vorliege. Ungarn soll,
wie berichtet, mit bis zu 300 Mann ein NATO-Camp in der Nähe von Erbil bewachen helfen.

Im weiteren Verlauf der Sendung "180 Minuten" im Staatsrundfunk ging Orbán auch auf die Suspendierung der Bank- und Geschäftslizenzen von
Buda-Cash, vier mit dem Brokerhaus verbundenen Regionalbanken sowie dem Aktienhändler Hungária Értékpapír ein. Orbán forderte "dringende Prüfungen ähnlicher Firmen", dazu werde die Regierung die Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörde (das ist die Nationalbank MNB) erhöhen und die "Kontrolle über Aktienhändler verstärken". "Ähnliche Debakel solllen sich nicht wiederholen".

Die Anmerkungen sind ein weiterer Hinweis darauf, dass die Regierung echte oder vermeintliche Unregelmäßigkeiten bei den genannten Unternehmen (und künftig auch bei anderen) nutzt, um die Kontrolle über diesen Sektor - ähnlich wie bei den Genossenschafts- und Geschäftsbanken - zu erlangen und sie dann Geschäftsleuten mit "Nahverhältnis" zugänglich zu machen.

Bisher ist keiner der im Rahmen der Kuratellierung ergangenen Vorwürfe richterlich oder sonst fachlich verifiziert worden. Der Moderator fragte Orbán - offenbar abgesprochen - warum "noch keine Handschellen geklackt" hätten. Antwort: "Wenn es nach mir ginge säßen die (Manager der inkriminierten Firmen) alle im Knast". Einige Stunden nach der Sendung am Freitag wurden vier Manager der Hungária Értékpapír in U-Haft genommen.

 

Breiten Raum gönnte Orbán den positiven ökonomischen Kennziffern, die sein Statistikamt und die Nationalbank produzieren und die suggerieren, in Ungarns Wirtschaft ginge es an breiter Front bergauf. Dass diese Zahlen immer weniger mit der Lebensrealität der meisten Menschen zu tun haben, schert weder Ungarn noch die EU, die diese Wunderwerke übernimmt. Dass diese Diskrepanz zwischen angeblich sinkender Arbeitslosigkeit, aber explodierender Armut, im Rundfunk keine Rolle spielte, ist selbstredend, denn das sind nur "Legenden der Linken".

Für Montag hat Orbán eine
außerordentliche Sitzung seiner Botschafter einberufen, bei der er eine "neue außenpolitische Doktrin" verkünden will, die notwendig geworden sei, weil "Ungarns wirtschaftliches Erfolgsmodell dazu berechtigt." Offenbar werden die Diplomaten ausschwärmen und in Europa dafür werben, dass 90 EUR Lohn für Kommunale Beschäftigung und 40% Armut ein Erfolgsmodell darstellen...

red. / a.l.

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