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(c) Pester Lloyd / 11 - 2015   GESELLSCHAFT     11.03.2015

 

"Nicht kompatibel": Ungarn verweigert Ratifikation von Frauenschutzkonvention

Die ungarische Regierung weigert sich die Konvention des Europarates zur Verhütung von Gewalt gegen Frauen, die sogenannte Istanbul Konvention, zu ratifizieren. Natürlich hat das nur "formale Gründe", behauptet die Orbán-Partei, die aber selbst Sexismus und Chauvinismus vorlebt, sogar ganz ungeniert im Parlament...

11fideszfrationEine entsprechende Vorabstimmung für die Ratifizierung fiel negativ aus, Gründe nannte die Fidesz-Fraktion, die auch zu verantworten hat, dass das Thema gar nicht erst auf die Tagesordnung der Plenarsitzung kam, zunächst keine. Ein Antrag der Opposition (Együtt), wenigstens darüber zu reden, wurde gnadenlos niedergestimmt.

Die Fidesz-Fraktion, eine fast reine Männergesellschaft.

Das Übereinkommen von Istanbul zielt darauf ab, dass die Gleichstellung der Geschlechter in den Verfassungen und Rechtssystemen der Unterzeichnerstaaten verankert wird und sämtliche diskriminierenden Vorschriften abgeschafft werden, einschließlich der Zwangsehe. Gleichzeitig sollen Prävention und Hilfsangebote für Frauen verbessert werden, einschließlich entsprechender Bildungsangebote in Schulen und bei der Erwachsenenbildung. Best practice Modelle aus ganz Europa dienen dabei als Leitfaden: u.a. zu Rechtsberatung, psychologischer Betreuung, finanzielle Hilfen, Hilfe im Zugang zu Unterbringungsmöglichkeiten (Einrichtung von Frauenhäusern) im Krisenfall.

Vorige Woche wurde die Fidesz-Europaabgeordnete Ildikó Pelczné Gál, eine der wenigen Frauen in der männerbeherrschten Fidesz-Welt in Brüssel mit der Unwilligkeit der Regierung konfrontiert. Sie selbst stimme mit den Bestimmungen der Konvention überein, eine Erklärung, warum die Regierungspartei die Ratifikation verweigerte, hatte sie aber nicht.

Gegenüber dem Europarat hat die Regierung eine Sprachregelung gefunden: "Die Regierungsparteien arbeiten noch an einer Lösung, wie die Vereinbarungen in das ungarische Rechtssystem eingepasst werden können."

Die neonazistische Jobbik hat ihre eigenen Vorbehalte gegen die Konvention zum Schutz von Frauen gegen Gewalt, speziell häusliche Gewalt. Einer ihrer Abgeordneten erklärte, dass die Partei den Vertrag ablehene, weil darin "Abtreibung nicht verurteilt" werde, "die verbreiteste und brutalste Form häuslicher Gewalt."

 

Politiker des Fidesz sind selbst nicht weit weg von dieser Einstellung: im Zusammenhang mit der Präzisierung von häuslicher Gewalt im Strafrecht, meinte ein Abgeordneter der Orbán-Partei, Frauen sollten mehr Kinder kriegen, das würde ihr Ansehen in der Familie so stärken, dass sich das Problem der häuslichen Gewalt von allein erledige. Chauvinistische und sexistische Ausrufe - allesamt von Regierungsparteimitgliedern - führten bereits mehrfach zu Eklats im Parlament.

Ein
Fidesz-Abgeordneter muss sich gerichtlich verantworten, weil er im Suff seine Frau krankenhausreif geprügelt hatte. Er flog - ein halbes Jahr später - aus Fraktion und Partei, ließ sich aber kürzlich in seinem Dorf zum Bürgermeister wählen. Auch bei einem Abgeordneten der Grünen gab es einen Verdachtsfall auf häusliche Gewalt.

"Auf Wunsch der Damen", so die sarkastische Anmerkung des Fidesz-Fraktionschefs Rogán, hatte Ungarn 2012
häusliche Gewalt als eigenen Tatbestand im Strafrecht verankert.

Mehr zum Thema:
Kongress: Frauen in Ungarn wollen nicht mehr warten "bis Blut fließt"

red.

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