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(c) Pester Lloyd / 12 - 2015   BOULEVARD    17.03.2015

 

Nationaler Zugführer: EU finanziert Orbán eine Spielzeugeisenbahn

Der Orbánschen Fußballakademie in Felcsút werden bald 2 Mio. EUR Regionalförderung von der EU überwiesen, damit eine 6 Kilometer kurze "Nostalgie-Bahnlinie" zwei winzige Ortsteile im Nirgendwo verbindet und bis zu einem leeren Stadion mit 25 Stundenkilometern tuckern kann. Ein Projekt "nationaler Priorität"...
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Bald fährt ein Zug ins Nirgendwo... Das Bahnhäuschen von Felcsút ist schon hergerichtet.

Das Stadion von Felcsút, Eigentum der Puskás Fußballakademie, einer Stiftung, deren Gründer Viktor Orbán ist, wurde überiwegend mit Mitteln aus einer extra erfundenen Steuer für "beliebte Sportarten" sowie der allgemeinen Sportförderung finanziert. Diese Puskás Arena, errichtet - quasi Wand an Wand mit dem Landsitz der Familie Orbán - von den Baufirmen des Felcsúter Bürgermeisters Mészáros, der zufällig auch Präsident der Fußballakademie ist, ist nicht ausgelastet, was kein Wunder ist, denn hat sie doch doppelt so viel Sitze wie Felcsút Einwohner und kann sein Team, die C-Mannschaft von Videoton Székesfehérvár, ergänzt um ein paar zugekaufte Profis, auch sportlich nicht wirklich überzeugen.

Felcsút, das ist Viktor´s "own land", seine und befreundete Familien nebst ihren Firmengeflechten
beherrschen den gesamten Wirtschaftskreislauf. Sie ließen sich vom Nationalen Bodenfonds Ländereien von alteingesessenen Bauern überschreiben, kassieren dafür EU-Subventionen und regenierten den Feudalismus. Vier Familien vergeben hier quasi alle Arbeitsplätze. Alle paar Monate eröffnet der Eine oder Andere aus dem Dunstkreis des Premiers eine Mangalica-Zucht oder dort einen neuen "state of the art"-Rinderstall, alles gefördert wie geschmiert. Orbáns Vater ist Eigentümer eines alten Herrenhauses, das zum noblen Gästeressort aufgemöbelt wird, beschäftigt sich aber sonst lieber mit Betonentsorgung und Steinbrüchen, sehr zum Verdruss der eingestaubten Nachbarschaft.

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Weitere Vorschläge der Internetgemeinde für den Ausbau von Orbáns Heimatort. Rechts sein Haus, dahinter etwas Angemessenes für die Ewigkeit...

 

Mehrere andere Immobilien dienen ähnlicher Wertschöpfung, ja sogar die winzige Pizzeria und das Gemeindehaus des Ortes ist aus oder in Händen des Bürgermeisters, der schon mal die eine oder andere Milliarde seines neuen Wohlstandes "vergisst". Bisherige Krönung dieses Fidesz-Disneylands war die Erteilung der Lizenz für einen Airport (international, aber nicht öffentlich, vorerst nur Kleinflugzeuge) durch die nationale Luftfahrtbehörde. Felcsút liefert aber auch: u.a. Steilvorlagen für den kreativen Spott der Internetgemeinde und Stoff für die Geschichte vom Verfall einer europäischen Zivilisation, zu was auch immer...

12felcsutairportgifBald setzt der Landlord des Ortes noch einen drauf und die Reaktionen des Publikums auf diesen nächsten Coup schwanken wieder zwischen Respekt für die spitzbübische Meisterleistung und blankem Entsetzen über die Dreistigkeit des "1. Dieners des Staates" und die hanebüchene Dummheit der EU-Geldgeber.

Besuch oder Rettungsaktion?

Diese werden der Orbánschen Fußballakademie nämlich demnächst 1.92 Mio. EUR (rund 600 Mio. Forint) aus einem Regionalfonds überweisen, damit eine "Nostalgie-Bahnlinie", die zwei winzige Ortsteile verbindet und bis zum Stadion mit 25 Stundenkilometern tuckern wird, restauriert werden kann. Einen historischen Wert hat die Oldtimer-Bahn nicht

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Oder so: ein hart arbeitender Premier, soll sich auch erholen können. Den Balaton etws weitergraben, kein Problem mit Mitteln aus dem EU-Hochwasserschutzfonds?!

Orbán ließ dem Projekt per Dekret kurzerhand den Status "nationale Priorität" umhängen, was den Zugang zu den EU-Mitteln ohne Kofinanzierung der Träger ebenso erleichterte wie die Verhinderung einer öffentlichen Ausschreibung bei der Umsetzung. Die Transparenzplattform www.atlatszo.hu macht ein "rechtliches Schlupfloch" dafür verantwortlich, dass der Regierungschef öffentliche Gelder einsetzen kann als wären es seine privaten.

 

Diese Prioritätserklärung (sie fand schon 2013 statt) ist eigentlich für "Projekte von hoher öffentlicher Bedeutung" oder "wirtschaftlicher Relevanz" gedacht und soll der Regierung ein Instrument an die Hand geben, Investitionen zu beschleunigen. Die zuständige Nationale Transportbehörde wies den Wirtschafswunderbremsen von atlatszo.hu auf Anfrage die wirtschaftliche Relevanz nun nach: Auf der knapp 6 Kilometer langen Strecke würde ein Zug eingesetzt, "der täglich 2.560 bis 7080 Personen befördern" kann. Felcsút hat 1.800 Personen, aber unter denen befindet sich eben der "nationale Zugführer", das muss uns die Sache einfach wert sein...
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Endlich unabhängig von der “Ostküste” und den “Spekulanten”, Felcsút als Finanzzentrum des Karpatenbeckens...

a.l.

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