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(c) Pester Lloyd / 16 - 2015     WIRTSCHAFT    16.04.2015

 

"Technische Fragen": EU sperrt wieder Milliarden für Ungarn (nicht)

Die EU-Kommission hat die Auszahlung von insgesamt 700 Milliarden Forint, also ca. 2,4 Mrd. EUR aus verschiedenen Strukturprojekten des Finanzierungszeitraums 2007-2013 vorerst gestoppt. Die Gründe sind im Detail vielfältig, laufen aber  immer auf den Vorwurf des Betruges heraus. Die Regierung gibt sich gelassen, bisher ist es noch immer gut gegangen...

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Die EU beklagt sich in regelmäßigen Abständen (
hier ein ebenso teurer Fall 2013) über nicht nachvollziehbare Abrechnungen, undurchsichtige Eigentümerstrukturen und Ausschreibungsabläufe oder einfach aberwitzige Kostensteigerungen und mangelnde Dokumentationen. Die betroffenen Projekte sind zum großten Teil bereits in einem fortgeschrittenen Stadium oder sogar beendet.

 

Der zuständige Vizestaatssekretär Nandor Csepreghy legte die der Lage angemessene Gelassenheit an den Tag als er auf einer Pressekonferenz von "unterschiedlichen Auffassungen technischer Natur" sprach, für die "die Regierung die möglichen Lösungen abwägt". Ohne rot zu werden, erklärte Csepreghy, dass die Strafabgeltung für solche "Unregelmäßigkeiten" in der Regel unter 10% der Gesamtsumme liegen, man also mit Einbußen von lediglich rund 20 Mrd. Forint, also rund 7 Mio. EUR rechnet. Noch dazu würden diese Summen zwar nicht für die ursprünglichen Programme gezahlt werden, könnten aber für andere Projekte umgeleitet werden.

Kein Grund zur Panik also. "Kein Projekt kann durch eine Entscheidung der EU-Kommission gestoppt werden", zeigt sich Csepreghy selbstbewusst und verweist pflichtgemäß darauf, dass der kritisierte Vergabeprozess noch "auf die sozialistischen Regierungen zurückgeht". Das mag zwar sein, aber die Geldverteilung ist längst ein eigenes Vorzeigeprojekt geworden. Wie diese funktioniert ist
hier in Fallbeispielen dargelegt.

Die Oppositionsparteien sehen das natürlich anders und erkennen in der EC-Entscheidung einen weiteren Hinweis darauf, dass Orbán Ungarn in der EU isoliert und in eine unvorteilhafte Verhandlungsposition gebracht habe. Die EU sei bei der Mittelvergabe sehr langmütig, aber irgendwann erreiche man auch dort die Schmerzgrenze.

Die grüne LMP, Együtt und Liberale Partei verlangen nun eine sofortige Veröffentlichung des Detailberichtes der EU durch die Regierung. Denn dieser liege bereits seit Februar vor und enthalte - mutmaßlich - ganz konkrete Korruptionsvorwürfe an regierungsnahe Strukturen und zwar in "tausenden Fällen". Es sei nun genug, dass Fidesz - nach fünf Jahren - immer noch mit dem Finger auf die Vorgänger zeige.

 

Bisher konnte Ungarn diese Geldsperren immer durch kleinere Deals ausräumen, bei denen EVP-Kameraden an den europäischen Stellschrauben drehten. Besonders eindrücklich gelang dies bei der Übernahme der Verteilungs- und Kontrollhoheit über die EU-Gelder durch das Amt des Ministerpräsidenten (vom Entwicklungsministerium), das den Kreis der Eingeweihten und so auch die Kontrollmöglichkeiten auf ein Minimum reduzierte. Die EU nannte dies zunächst inakzeptabel, ließ aber, nach einem Gespräch Kanzler Lázárs mit dem damaligen Regionalkommissar Hahn (ÖVP) keinerlei Konsequenzen folgen.

Ungarns wirtschaftliches und fiskalisches Überleben hängt an den EU-Mitteln. In diesem Haushaltsjahr machen die Zahlungen direkt 3,5 des BIP aus, sind aber für eine Wertschöpfung von ingesamt mindestens 10% des BIP verantwortlich. Mehr als 70% aller Investitionen, einschließlich jener in der Privatwirtschaft sind EU-kofinanziert. Ungarn gehört zu den drei höchsten Nettoempfängern pro Kopf der Bevölkerung. Die Mittel wären also ein effektives Mittel, die Regierung auf den Weg von Demokratie und Rechtsstaat zurück zu zwingen oder sie - indirekt - zu stürzen. Die Wiederherstellung der europäischen Grundwerte in Ungarn wird jedoch von den EVP-Kameraden aus Blockdenken und Machtdenken heraus verhindert.

red. / cs.sz.

 

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