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(c) Pester Lloyd / 19 - 2015   KULTUR    08.05.2015

 

Geld den Palästen: Ungarn startet umfangreiche Sanierung von Palais und Schlössern

 

100 Milliarden Forint, also derzeit rund 332 Mio. EUR will die ungarische Regierung in den kommenden Jahren in die Renovierung und Restaurierung von Schlössern und historischen Palais investieren. Ein Drittel der Summe kommt von der EU. Kritiker fürchten Begünstigung und Auftragsverschiebung und fordern, ähnliche Programme auch für den Sozialbau aufzulegen.

Die Summe - ungefähr den  Kosten für den geplanten Umbau des
Puskás-Stadions in ein neues "Nationalstadion" entsprechend - sollen für 35 Palais sowie 28 Schlösser und Herrenhäuser ausreichen, sagte Attila Sághi im Staatsfernsehen, dessen "Forster Zentrum" (nach dem Kunsthistoriker Baron Gyula Forster 1846-1932), eine staatliche Non-Profit-Firma, mit der Koordinierung der Maßnahmen betraut wurde.

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Das L’ Huillier – Coburg-Schloss in Edelény

Genau ein Drittel, nämlich 33 Milliarden Forint bzw. 110 Mio. EUR habe die EU bewilligt, was eine für solche Projekte realtiv geringe Quote ist. Wie berichtet, lehnt Brüssel die Kofinanzierung des Museumsquartiers ab, über die Zuschüsse zum Umbau des Welkulturerbes Budaer Burgviertel zum repräsentativen Regierungsviertel wird noch heftig gerungen. Wie zu erfahren war, geht es dabei zu wie auf dem orientaltischen Bazar. Die Budgetverantwortlichen in Brüssel rechnen den Ungarn konsequent jeden Forint aus dem Konzept, der nicht dem unmittelbaren Erhalt der historischen Substanz dient, während die ungarische Delegation mit allen Tricks versucht, die megalomanen Repräsentationsplanungen ihres Premiers dezent unter dem Etikett Denkmalschutz mitfinanzieren zu lassen.

 

Doch zurück zu den Schlössern und Palais: Projektchef Sághi behauptet, die ungarischen Eigenmittel seien "verfügbar gemacht" worden. Die meisten Objekte sind in staatlichem Besitz, allerdings gibt es auch einige Immobilien, die sich in privater Hand befinden, aber dennoch von dem mit öffentlichen Geldern finanzierten Programm profitieren könnten. Hier soll eine Bezuschussung erfolgen, wenn die Eigentümer einen Eigenmittelanteil stellen. Am Rande: zum Beispiel ist Orbáns Vater Besitzer eines Herrenhauses aus der K+K.-Zeit, ob dieser sich jedoch beworben hat, wird uns in Bälde die Transparenzplattform atlatszo.hu oder ein anderer Aufdecker berichten können.

Das Forster Zentrum habe - über das aktuelle Programm hinausgehend - auf der Andrássy út, einem weiteren Weltkulturerbe der UNESCO insgesamt 300 Gebäude begutachtet und bei 26 davon "ernsthafte Probleme" aufgetan, so Sághi. Die Gebäude davon, die sich in staatlicher Hand befinden erhalten entsprechende Empfehlungen, die in privater Hand "ein Angebot für technische und rechtliche Unterstützung".

Experten und Opposition unterstützen grundsätzlich die Zielsetzung, die historische Bausubstanz zu erhalten, fürchten aber aufgrund bisheriger Erfahrung eine Bevorzugung für Objekte mit kommerziellen Interessen fidesz-naher Beteiliger. Auch die Einstufung als Projekt nationaler Priorität öffne, aufgrund der restriktiven Informationszugänge, wieder der Verschiebung von Ausschreibungen Tür und Tor. Auch wird kritisiert, dass man keinen höheren EU-Finanzierungsanteile erreichte, was einen Hinweis darauf liefere, wie isoliert Ungarn durch Orbáns EU-feindliche Rhetorik und Politik mittlerweile sei.

So wichtig es sei, das kulturelle Erbe zu erhalten, hinkte die Prioritätensetzung doch sehr zu Ungunsten der Förderungen des sozialen Wohnungsbaus, den es in Ungarn praktisch nicht gibt. Es sei einfach eine Schande, wenn die Hälfte der Ungarn stolz auf frisch renovierte Paläste sein soll, ihre Hütten dabei aber immer mehr verfielen, hieß es im Kommentar einer Oppositionszeitung, die wiederum forderte, dann wenigstens den "Stadionwahn" einzustellen und dieses Geld in Sozialwohnungen zu investieren.

red.

Einen (unvollständigen) Überblick über die vom Forster Zentrum betreuten Objekte (zu denen auch etliche gehören, die nicht Teil des jetzigen Renovierungsprogrammes sind), finden Sie auf dieser Karte mit Links: http://www.koh.hu/helyszinek/?site_url=helyszinek

 

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