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(c) Pester Lloyd / 20 - 2015   WIRTSCHAFT    15.05.2015

 

Miserables Zeugnis, aber "Bestanden": Zahnlose Fundamentalkritik der EU an Ungarns Wirtschafts- und Budgetpolitik

Die EU-Kommission hat der ungarischen Regierung im Rahmen des Konvergenzprogrammes fünf Empfehlungen für Nachbesserungen der Haushalts- und Wirtschaftspolitik für 2015 und 2016 übermittelt. Nachbesserungen? Eigentlich fordert sie einen Systemwechsel und liefert ein erschütterndes Bild über strukturelle Fehlentwicklungen. Doch das interessiert Budapest kein Stück, denn Orbán drohen keine Konsequenzen.

20euempfehlungen

Hauptsache, die Inszenierung stimmt. Orbán legt in Brüssel Hand an...

Was die EU-Kommission durch die Blume vorsichtiger sozio-ökonomischer Formeln fordert, ist eigentlich nicht Weniger als eine Abkehr von Orbáns asozialer, ständestaatlicher Steuer- und Verteilungspolitik und ein Ende der planwirtschaftlich, protektionistischen Strategie zum Wohle seiner Klientel und Verbündeten.

Allerdings sind die in den Formulierungen angedeuten Alternativen auch nur Rezepte des gescheiterten, neobliberalen Gesterns, das meint, der Markt könne alles regeln. Die Kommentare der Kommission zu den Konvergenzberichten bleiben so zahnlos, es steht kein Druck der Verbindlichkeit dahinter.

Der ungarischen Regierung wird es so leicht gemacht, sich "auf ganzer Linie bestätigt" zu sehen, Europa erkenne die Erfolge der Orbánschen Wirtschaftspolitik an, wie ein Regierungssprecher umgehend erklärte. Das tut es zwar nicht, aber so lange die Basisdaten (nominales BIP-Wachstum, offizielles Haushaltsdefizit) stimmen, will man in Brüssel heute keine schlafenden Monster wecken...

Die Punkte im Einzelnen (und was sie bedeuten).

1. Eine Nachjustierung in Höhe von 0,5% des BIP auf der Ausgabenseite für 2015 sowie 0,6% für 2016, das entspricht in etwa 150 Milliarden Forint bzw. 500 Mio. EUR. (gemeint: Streichung von sozial unangemessenen und ökonomisch nicht nachhaltigen Prestigeprojekten -
Ausbau der Burg, Fußballstadien etc. und die Unterlassung weiterer Verstaatlichungen, deren Bewirtschaftungsrisiken auf den Steuerzahler zurückfallen - u.a. im Banken- und Energiesektor, hier besonders der "Nationale Non-Profit-Versorger", der letztlich dazu führt, dass die Steuerzahler die von der Regierung im Vorwahljahr umgesetzten Energiepreissenkungen selbst bezahlen)

2. Die Ergreifung von Maßnahmen, um eine Wiederherstellung normaler Kreditaktivitäten im Bankensektor zu ermöglichen, Beseitigung von Hürden zur marktbasierten Bereinigung von Portfolios (Abbau des hohen
Staatsanteils im Bankwesen bzw. keine weitere Erhöhung desselben, Unterlassung einer staatlichen Bad Bank (MARK), Ende der Schröpfung der Banken für die Fehlkalkulationen von Politik und Schuldnern)

3. Reduzierung kontraproduktiver branchenspezifischer Steuern, Abschaffung von ungerechtfertigten Eintrittshürden in den Diensleistungssektor (
z.B. Notare, Errneuerbare Energien, Müllentsorgung etc.), Abschaffung der Sonderregelungen für die Lebensmittelindustrie und den Einzelhandel (Sonntagschließung), Aufsichts- und andere Phantasiesteuern für ausländische Konzerne und Protektion der "Familien"betriebe), Reduzierung der Steuerquote für Geringverdiener (Abkehr von der Flat tax), Verlegung der Steuerschwerpunkte auf Sektoren, die weniger wachstumssensibel sind (Mehr Vermögens- und Kapital- als Verbrauchssteuern, Senkung der nach wie vor hohen Arbeitskosten), Verstärkung des Kampfes gegen Steuervermeidung und -betrug (Mehrwertsteuerkarusselle), Erhöhung der Effizienz bei der Steuereintreibung (siehe Bericht des Rechnungshofes zum Steueramt NAV), Schaffung von Strukturen für öffentliche Ausschreibungen, die Wettbewerb und Transparenz fördern (EU-Gelder weg aus dem Amt des Ministerpräsidenten, Vergabe an Fidesz-Firmen), Ausbau eines Anti-Korruptions-Netzwerkes (allgemeine Kleptokratie).

 

4. Umschichtung der (für kommendes Jahr nochmals massiv aufgestockten) Haushaltsmittel für die Kommunalen Beschäftigungsprogramme in Projekte zur aktiven Arbeitsbeschaffung, Maßnahmen zur Überleitung von Kommunalbeschäftigten in den ersten Arbeitsmarkt (ist ideologisch nicht vorgesehen, es gibt diese Jobs auch nicht), Verbesserung der Angemessenheit und Abedeckung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe (wurde halbiert  und gekürzt, Zigtausende fielen ganz heraus > Ungarn zweithöchstes Armutswachstum in der EU).

5. Erhöhung der Teilhabe benachteiliger Gruppen an den allgemeinen und höheren Bildungsangeboten (Bildungssegregation wurde gerade gerichtlich für O-K. befunden und ist
gesetzlich festgeschrieben) und Arbeitsmarkt, insbesondere der Roma, gezielte Lehrerausbildung für diesen Zweck (nationale Romastrategie gescheitert).

Auf den Verstoß des 2016er Budgetentwurfes gegen das eigene ungarische Grundgesetz ging die Kommission nicht ein, da eine derartige
Schuldenbremse keine EU-Anforderung darstellt.

Details zum gerade vorgelegten Entwurf des Budgets 2016.

red.

 

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