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(c) Pester Lloyd / 20 - 2015   BUDAPEST    15.05.2015

 

Nicht die Norm: Bürger dürfen über Zukunft des Normafa abstimmen

Am 17. Mai findet im XII. Budapester Bezirk, einem der wohlhabenderen der Stadt, eine bemerkenswerte Volksbefragung statt. Die Bürger sollen dann nämlich über das Entwicklungskonzept für den Hausberg Normafa entscheiden. Das Besondere: die Vorlage stammt nicht von der regierenden Fidesz-Partei allein, sondern wird von der demokratischen Opposition und sogar von Umweltschützern mitgetragen.

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Damit hat Bezirksbürgermeister Zoltán Pokorni, Fidesz, eine bemerkenswerte Wende hingelegt, denn die ursprünglichen Pläne von einem "Skisport- und Freizeitgebiet"  auf dem 320 Tage im Jahr schneefreien Budaer Hügel und Naturschutzgebiet, "dem letzten Wald Budapests" lasen sich wie die übliche Beschaffungsaktion von öffentlichen Mitteln für Fidesz-nahe Günstlinge, die sich dort ein Profit Center schaffen wollten. Die Fidesz-Mehrheit im Parlament setzte sogar die nationale Gesetzgebungsmacht ein, um den 470-Meter-Berg zu stürmen und wirtschaftlich nutzbar zu machen.

Doch in den vergangenen Jahren ist einiges geschehen. Pokorni wurde vom Fidesz-Urgestein fast zu einem innerparteilichen Dissidenten. Zuerst überwarf er sich als damaliger Bildungssprecher seiner Partei mit der bildungsfernen (KDNP)-Bildungsstaatssekretärin Hoffmann über die Hochschulreform, der Orbán aber den Rücken deckte. Sodann eckte er in der Fraktion mit seinem Missfallen an den allgemeinen und speziellen Beutezügen der Youngsters so an, dass er 2014 auf einen erneuten Parlamentssitz verzichtete und sich in seinen Bezirk in die Budaer Hügel zurückzog. Zuletzt musste er sich von Orbáns Kanzler als "Dinosaurier"
zurechtweisen lassen, der mit Kritik "an seiner eigenen Beseitigung" arbeitete.

Kurz und gut: Pokorni rächt sich nun quasi an seiner Partei, in dem er vorführt, wie Konsens-Politik wirklich geht und, dass es auch ein anderes Fidesz geben kann - oder sollte. Über eineinhalb Jahre ließ er in Expertengremien die Pläne überarbeiten. Mehrere Hotel- und Gastronomieprojekte, 1000 Parkplätze, sogar eine 800 qm große Kirche, Wünsche von lokalen Günstlingen wurden gestrichen, an deren Stelle traten mehr Spielplätze, Ruhezonen, Fahrradwege, nur ein Skilift sowie Schutzareale im Übergang zum Naturschutzgebiet. Dem öffentlichen wurde gegenüber dem privaten Verkehr der Vorzug eingeräumt. Das gesamte Projekt wurde zudem von 15 auf 6 Milliarden Forint deutlich herunterdimensioniert.

 

Dass bei der Ankündigung des Referendums Pokorni mit seinen MSZP-, LMP- und anderen Oppositionskollegen (außer Jobbik) sowie Vertretern lokaler Umweltgruppen gemeinsam vor die Presse trat, muss den auf Dauerfeindschaft programmierten Fidesz-Spitzen weh getan haben. Nur ein einziges Mal seit der Wende erreichte eine lokale Volksbefragung das Quorum von über 50% Wählerbeteiligung, um es gesetzlich verbindlich zu machen. Pokorni hat aber angekündigt, den Ausgang trotzdem anerkennen zu wollen. Kritik gibt es dennoch, denn die Bürger können das gemeinsam erarbeitet Konzept nur annehmen oder ablehnen, eine Alternative wird ihnen nicht geboten, so wie im normalen politischen Leben auch...

red.

 

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