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(c) Pester Lloyd / 21 - 2015   POLITIK    18.05.2015

 

Viel Schwarzgeld, ein Pass und ein Todesfall: Was wurde aus dem "Fall Simon"?

Im Februar 2014 - pünktlich im Wahlkampf - wurden beim damaligen Vizeparteichef der MSZP, Gábor Simon, auf einem Konto in Wien knapp 800.000 EUR Guthaben aufgedeckt, das dieser nicht in seiner Vermögensoffenlegung, die für gewählte Abgeordnete und öffentliche Funktionsträger verpflichtend ist, erwähnte. Dann starb ein Zeuge. Was wurde aus dem Fall?

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Jublierend stürzte sich die Regierungspartei damals auf diesen sozialistischen Super-GAU der natürlich ganz zufällig auf dem Höhepunkt des Wahlkampfes aufgedeckt wurde. Das Finanzamt begann umgehend mit Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung, sogar die sonst blind-taube Staatsanwaltschaft schritt wegen des Verdachts der Untreue und wegen Verstoßes gegen die Offenlegungspflichten ein.

Simon
trat von allen Ämtern zurück, die MSZP schloss ihn aus der Partei aus, bald hob das Parlament seine Immunität auf.

Fidesz triumphierte, sprach von Schwarzgeldern der MSZP und sah den Beweis erbracht, dass die "Sozialisten" nichtst weiter als Kriminelle seien, die den ungarischen Bürger belügen. Nicht zuletzt war der Fall Simon eine willkommene Ablenkung von den vielfältigen Diskrepanzen in den Vermögensdeklarationen der eigenen Leute, die geradezu epdiemisch wurden. Ermittlungen gab es gegen Fidesz-Leute aber keine, Ausreden wie: "es war ein Kredit der Familie", "ich habe die Milliarde übersehen" oder "Luxemburg ist doch nicht off-shore" mussten hier genügen und überzeugten offenbar auch Staatsanwalt und Finanzamt.

Bald bekam der Fall Simon eine dramatische Wendung. Der Delinquent
wurde urplötzlich verhaftet, weil er angeblich mit einem gefälschten Pass eines afrikanischen Landes angetroffen wurde - offenbar, so die Saga, um dort die Gelder verstecken zu können. Kurz darauf holte die Polizei den einschlägig berüchtigten und ins Umfeld der MSZP-Seilschaften verorteten Geschäftsmann mit Afrika-Connection, Tamás Welsz, zu Hause zum Verhör ab. Ihm wurde im Polizeiauto auf einmal schlecht und der Kronzeuge verstarb noch an Ort und Stelle. So ein Zufall. Die Gerichtsmedizin kam später auf akute Vergiftung, woraus die Menge Selbstmord zu schließen hatte. So gänzlich klar sind die Umstände aber bis heute nicht. Offiziell gibt es aber keine Anzeichen von "Fremdeinwirkung".

Nun, mehr als ein Jahr ist vergangen und Gábor Simon, der schwerkriminelle Sozialistenmafioso, als den ihn das Fidesz titulierte, taucht - ungestreift - in einem Bericht des TV-Senders TV2 auf, um über den Prozess und seine Zukunft zu parlieren. Die U-Haft wurde zunächst in Hausarrest umgewandelt, sodann in Freiheit (mit kleinen Auflagen, Urlaub halt nur am Balaton, nicht am Mittelmeer).

Er habe mittlerweile 128 Mio. Forint Steuerrückstände, samt Bußgeldern beglichen, so dass ihm rund 100 Mio. Forint von ursprünglich ca. 280 Mio. auf seinem Wiener Konto verbleiben. Diese Mitwirkung des Angeklagten wird eine enorme Reduzierung der angedrohten Haftstrafe bewirken, schätzt sein Rechtsanwalt ein. Hinsichtlich der Passgeschichte bleibt er dabei, unschuldig zu sein, das habe man ihm untergeschoben. Über die Herkunft der Gelder schweigt er sich weiter aus, da sie nun versteuert sind, fragt auch amtlich keiner nach.

 

Die Staatsanwaltschaft gab nur bekannt, dass die Ermittlungen bis Juni verlängert würden, ein sanfter Hinweis darauf, dass man nichts weiter in der Hand hat, aber aus politischen Gründen weiter ermittelt werden soll. Beobachter schätzen den Fall so ein: Simon fasst am Ende 1-2 Jahre Haft, davon rund die Hälfte "in echt" ab, dafür wird die "Dokumentenfälschung" fallen gelassen. Auch die restlichen 100 Mio. bleiben unberührt.

Der Grund dafür ist ganz einfach: Der tote Tamás Welsz zählte nämlich nicht nur MSZP-Kunden zu seinen Geschäftspartnern und Simon deutete wohl die Offenbarung einiger Insider-Informationen über die geheimen Finanzströme bei der Regierungspartei an. Deren Parteienfinanzierung, samt privater Abzweigungen dürfte nicht minder abenteuerlich sein, wenn man bedenkt, was sich die Fideszler schon ganz öffentlich herausnehmen. Der Deal mit den "Sozis" war also schnell gemacht und so geht alles weiter seinen Gang.

red. / a.l.

 

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