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(c) Pester Lloyd / 26 - 2015   POLITIK     24.06.2015

 

Gleischgeschaltetes Gedenken: Leiter des Holocaust-Gedenkzentrums in Ungarn gibt auf

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Der Leiter des Holocaust-Gedenkzentrums in der Budapester Páva utca, György Haraszti, ist am Mittwoch von seinem Amt zurückgetreten. Das Amt des Ministerpräsidenten, dem die Einrichtung formal untersteht, bestätigte das. In der Erinnerungsstätte herrschten seit Monaten chaotische Zustände, ein Ringen um Kompetenzen und Einfluss, ein regelrechter Machtkampf.

Haraszti wurden vor über einem Jahr Regierungsbeamte zur Aufsicht an die Seite gesetzt ein Aufsichtsgremium mit der Untersuchung mutmaßlicher Amtsmissbrauchs und Untreuevorwürfe betraut, die jedoch nichts Greifbares erbrachte. Offenbar hat man Haraszti, der die Einrichtung über 10 Jahre recht erfolgreich leitete, so zermürbt, dass er nun aufgegeben hat.

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Das Massaker von Novi Sad von 1942 (Foto), also 2 Jahre vor der deutschen Besetzung Ungarns, wo Wehrmacht, SS und ungarische Gendarmerie Hand in Hand mordeten, die Deportationen von Juden aus von Ungarn besetzten Gebieten, die Deportation ungarischer Juden an den Ostwall, der Kriegseintritt Ungarns am Don 1941 an der Seite Hitlerdeutschlands, die eingeständigen Judengesetze und die amtliche Mitwirkung ungarischer Behörden, Unternehmen und Personen an der “Endlösung”. Alles Themen, die in der Páva utca behandelt wurden, aber dem Bild eines um Unabhängigkeit ringenden Opfer Ungarn im Wege stehen.

Haraszti sprach von einer "Atmosphäre des Terrors" und Denunziationen seitens der Regierungsleute. Diese warfen ihm das gleiche gegenüber Mitarbeitern vor, denen er "Maulkörbe" verpasst habe. Hinter den Intrigen steht in erster Linie das staatliche Geschichtsinstitut "Veritas", dessen Leiter Deportationen von Juden aus von Ungarn besetzten Gebieten als "fremdenpolizieliche Maßnahme" qualifizierte. "Veritas" sowie die Institutionen rund um die Leiterin des "Haus des Terrors", der Geschichtsrevisionistin Schmidt, spielen bei der entschuldigenden und verklärenden Umdeutung der Horthy-Ära und der Beteiligung Ungarns an Krieg und Holocaust - bis hinein in die Lehrpläne der Pflichtschulen - eine zentrale Rolle. 2014 wurde Harasztis Gedenkzentrum zu einer Kooperation mit “Veritas” gezwungen, die eher einer Unterstellung glich.

 

Ausdruck dieses Kulturkampfes waren die Konflikte zwischen Staat und ungarischen, jüdischen Verbänden im Holocaust-Gedenkjahr sowie die Posse um das "Besatzungsdenkmal" . Haraszti und die (zum Teil ebenfalls bereits ausgetauschten) Historiker des Gedenkzentrums in der Pává utca, standen diesem Unterfangen bisher im Wege. Derzeit ist ein weiteres Gedenkzentrum, das "Haus der Schicksale" in Arbeit, die “Gleichschaltung” der Gedenkstrukturen schien der Regierung daher nützlich.

Zum Thema:

Nur eine Randnotiz: Fidesz errichtet Denkmal für Nazi-Minister

red

 


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