Hauptmenü

 

Das Pester Lloyd Archiv ab 1854

Ost-West-Drehscheibe
Pester Lloyd Stellenmarkt

 

andrassy2015neu2

 

(c) Pester Lloyd / 34 - 2015     BOULEVARD    20.08.2015

 

Ungarische Gerüchteküche: Steht Orbáns rechte Hand vor dem Abgang?

 

Noch einmal Sommerloch: Das regierungsnahe, wenn auch nicht -treue Wochenblatt Figyelö lehnte sich weit aus dem Fenster und titelte gestern mit der Schlagzeile "Verlässt Lázár die Politik?". Die "Story" hat wenig Fakten zu bieten und macht den Eindruck, bewusst von Fidesz-Knallchargen aus der 2. Reihe lanciert worden zu sein. In Ungarn starben Medien schon für weit weniger... Wenn es aber stimmt, dann darf sich die "deutsche Wirtschaft" bald auf Orbáns universellen Zampano freuen.

Die Figyelö-Story zusammengefasst: Orbáns Kabinettschef und Minister im Amt des Ministerpräsidenten, EU-Kassenwart, Geheimdienstkoordinator und Regierungsbeauftragter für die "Ostöffnung", János Lázár, wird nach den Wahlen 2018 aus der Politik ausscheiden, auf Wunsch Orbáns. Der braucht nämlich dann zum Regieren keinen brutalen Vollstrecker mehr, sondern eher leise, treue Verwalter.

Lázar hat sich mittlerweile mit fast Jedem - auch in den eigenen Reihen - überworfen, einschließlich der Nachbarländer, was - bei aller Liebe zu seinen politischen "Verdiensten" bei der Demolierung der Republik zu Orbáns Großherzogtum - andauernde Unruhe in den Laden bringt. Fidesz-Fraktionschef Rogán, auch so ein bewährtes "Jungtalent", aber besser lenkbar, könnte ihm nachfolgen. Lázár wird dann - so die Figyelö-Spekulationen - zu seinen Freunden in die "deutsche Wirtschaft" wechseln, es werden ihm gute Kontakte zur Familie des Kloschüssel- und Tafelporzellanherstellers Villeroy und Boch nachgesagt.


Figyelo-Borito-34 (Andere)


Was Figyelö weitgehend auslässt, sind die weiteren wirtschaftlichen Errungenschaften Lázárs, die er sich in fünf Jahren politischen Vandalismus´ angeeignet hat: Trafiklizenzen, Medienkonglomerate, Kartellgeschichten und Landaneignungen im dreistelligen Hektarbereich sind dabei nur die bekanntesten. (Am Ende finden Sie eine Auswahl an Referenzen und "Stories"). Die Kickbacks von zu Dank verpflichteten Profiteuren der von ihm gesteuerten öffentlichen Auftragsvergaben (EU-Milliarden) werden die lohnendsten sein.

Da solche Aktivitäten jedoch in Orbánistan nicht als Verfehlungen, sondern - zumindest im Kreise der Eingeweihten - als gewöhnliche Geschäftstätigkeit - ja eigentlich als "Staatsziel" zählen, sind diese kaum ein Grund, Lázár zu entsorgen. Zumal seine Detailkenntnisse, auch über die Bereicherungen im direkten Orbán-Umfeld ihn vor Verfolgung jedweder Art schützen dürften.

Störender dagegen wird dem "Plebejer" auf dem Thron, Orbán, die Attitüde Lázárs aufstoßen, die bei den gemeinen Volksmassen nicht gerade günstig ankommt. Es ist die eines arroganten, dünkelnden, primitiven Schnösels. Garniert das ganze mit auffällig exhibitionierten Luxusreisen, -uhren, -autos und abschätzigen Bemerkungen den Armen des Landes gegenüber. Seine Vermögensdeklaration ignoriert er nicht einmal und ein Freund der Todesstrafe ist er auch. Seinen kleinen Sohn missbraucht er als Strohmann für Betrug und gegen NGO´s zettelte er einen regelrechten Feldzug an.

Das hatte alles eine Weile seine Berechtigung, ein Ständestaat kommt schließlich nicht ohne Dünkel, politischer Wahnwitz nicht ohne Kriegsgebrüll aus. Lázar war lange nützlich, nach innen als Orbáns Mielke, nach außen als Puszta-Goebbles. Doch arrrogant und absrud kann Orbán selbst, allein versteht der es, seine pathologische Großkotzigkeit als Stärke im Befreiungskampf für das ewig durch "fremde Mächte" bedrohte und geknebelte ungarische Volk zu präsentieren. Für rund 40%+ der Wähler offenbar glaubhaft...

 

Ein Mann mit den moralischen Qualifikationen und einem derartigen Netzwerk wie Lázár dürfte der skrupelbefreiten "deutschen Wirtschaft", die sich von Orbán und seinen Leuten bisher immer bestens betreut sah, sicher willkommen sein. Bei ihm kann man sicher sein, dass er mit der gleichen Vehemenz, mit der er NGO´s in Ungarn jagte, für edle Toilettenbecken in den Ring steigt - wenn es ihm bloß nutzt.

Dennoch ist - unter dem Strich - Figyelös Leitartikel eher als dünn betuchter Testballon unzufriedener Knallchargen aus der 2. und 3. Fidesz-Reihe zu bewerten, die sich an Orbáns Zampano rächen wollen und hoffen, eine Debatte zu befeuern, die sie anders nicht anzetteln können. Lázár ist noch immer die wichtigste personelle Stütze Orbáns und die, wenn auch leicht angefochtene Nr. 2 im Staate. Sein Exekutor und Consigliere. Bessere hat er nicht, will er vor allem nicht. Allerdings: Diktatoren steht es aus taktischen Überlegungen gut an, ihre Vertrauten alle paar Jahre auszuwechseln, um keine Machtzentren neben dem Zentralgestirn wachsen zu lassen. Insofern ist alles denkbar. Auswechselbare, ausreichend mittelmäßige und charakterlose Figuren wie das Ganoventrio Szijjártó, Habony oder Rogán hat Orbán in Kompaniestärke warten.

Lázár ist heute aber noch so mächtig, dass die feindliche Übernahme des Magazins und die Entsorgung der Hintermänner dieser "Story" wahrscheinlicher ist als Lázárs Abgang. Das hat er ja mit Origo.hu und der Magyar Telekom schon vorgeführt. Schon eher ist Lázár einer, der bis zuletzt in Orbáns Kreml ausharren wird - ja muss, bevor Orbáns Kleptokratenreich eines nicht so fernen Tages - mit einem leise fliehenden Lüftchen oder einem großen Knall - zu Grunde gehen wird.

Lázár - Shortlist der größten Taten und ärgsten Korken

Aufbegehren gegen den Machtrausch: János Lázár, das Antlitz des "neuen Ungarn"

Junker János: Orbáns Amtschef "organisiert" Familienbetrieb 1.300 Hektar Staatsland

Orbáns Amtsleiter bedauert Fehlen der Todesstrafe in Ungarn

Das Tabakskollegium: Wie die Ungarn die Lügen ihrer Regierung finanzieren

Lázárs Offenbarungen: Der "Kanzler" über Orbáns Masterplan, ein Land im Alarmzustand und die Vorzüge "weißer Ungarn"

Orbáns Amtsschef Lázár auf "geheimer Mission" in ausländischen Luxushotels unterwegs

Der Origo-Skandal: Deutsche Telekom verscherbelt Rest von Pressefreiheit

Alles in einer Hand: Orbáns Kanzleramtsminister bekommt weitere Machtbefugnisse

Agent Doppelnull: Orbáns Skandal-Amtschef Lázár wird Aufseher über die Geheimdienste

Fürstliches Vergnügen: Orbáns Amtschef Lázár bucht Fasanenjagd für 70.000 EUR

Wohnung auf dem Schwabenberg: Orbáns Kanzleramtsminister benutzt 10jährigen Sohn als Strohmännchen

Kampagne gegen NGO´s in Ungarn: Orbáns Kanzler will "schwarze Schafe eliminieren"

"Antiungarische Aktivitäten": Orbáns Kanzler sieht Ungarn von Kroatien, Ukraine und Rumänien angegriffen

Milliarden in Orbáns Vorzimmer: Zwischen Politik und Verteilungskampf: Lázár und die EU-Gelder

Lázár: Forderungen der ungarischen Juden spalten die Gesellschaft...

Orbáns Kanzler droht Firmen: "Wer Ungarn bei der EU anschwärzt, wird dafür bezahlen..."

Ungarischer Staatssekretär in Unfall verwickelt, eine Tote

Einschüchterungsversuch? Pester Lloyd im Fadenkreuz der ungarischen Regierung

al.

 

 


Unabhängiger Journalismus braucht
die Hilfe seiner Leserinnen und Leser!
18watchingYoupl (Andere)
Bitte unterstützen auch Sie den PESTER LLOYD!



 

 

 

Effizient werben im
Pester Lloyd!
Mehr.

Unterstützen Sie den Pester Lloyd!