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(c) Pester Lloyd / 43 - 2015   MEDIEN    22.10.2015


Terminator gegen Oligarch: Wer bekommt den zweitgrößten TV-Kanal Ungarns?

Bei jedem neuen Bericht über das "Orbán-Medienimperium" glaubt man, dann doch am Ende der Fahnenstange hinsichtlich Absurdität angekommen zu sein. Doch es geht immer noch monströser, platter, schmieriger: Der Verkauf - oder eher die Aneignung - des zweitgrößten ungarischen TV-Kanals TV2 wird mehrere juristische Nachspiele haben. Orbán hat jedoch schon entschieden, wie diese ausgehen sollen.

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Premier Orbán, hier noch Gast bei TV2, will den Sender nun ganz kontrollieren.

Wie kürzlich bekannt gegeben, hatten die Eigentümer (gleichzeitig die Geschäftsführer) von TV 2 den Sender (eigentlich 4 Sender) an eine Firma des illustren Orbán-Intimus, Casino-Moguls, staatlichen Filmkommissars und Hollywood-Produzenten, Andrew Vajna, die Magyar Broadcasting verkauft. Ein anderes Medienunternehmen, Megapolis, unter Kontrolle von Orbáns Intimfeind Lajos Simicska, reklamierte jedoch, wenige Tage zuvor bereits das Unternehmen erworben zu haben.

Die Ex-Eigentümer hätten dabei ihre übergangsweise verbliebenen Positionen als Geschäftsführer missbraucht, das Unternehmen nochmals zu veräußern bzw. unrechtmäßig Verkaufsverträge zu schließen, zu denen sie nicht berechtigt gewesen seien. Die Beschuldigten sprechen davon, dass die Simicska-Firma ein Vorkaufsrecht geltend machte, dass man ohne Wissen der Alteigentümer vom Voreigentümer (für 1 Mio. EUR im Herbst 2014) erworben habe, weshalb es unwirksam sei. Man habe daher rechtens gehandelt und sich nichts vorzuwerfen.

Die Simicska-Seite sieht die Sache freilich anders: als Orbán Wind davon bekommen habe, dass sich sein Medien-Rivale TV2 schnappen will, habe er Vajna losgeschickt, um den Deal zu vereiteln, was zunächst gelungen scheint. Nach dem Verlust von "Hír TV" und "Magyar Nemzet" sowie der gescheiterten Belagerung von RTL Klub wäre der Abgang des zweitgrößten Privatsenders ins Simicska-Lager für Orbán schlicht nicht hinnehmbar gewesen.

Höhepunkt der Absurdität: Vajnas Firma präsentierte als neuen TV2-Geschäftsführer ausgerechnet einen gewissen Dirk Gerkens, der vor Jahresfrist Marktführer RTL Klub in gleicher Position verlassen musste, weil der "regierungskritische Sender" einen
Deal mit der Regierung hinsichtlich der überbordenden Werbersteuer geschlossen hatte.

Schuld an der jetzigen Verwirrung ist jedoch auch der Alteigentümer, der - ebenfalls deutsche - Medienkonzern ProSiebenSat.1. Dieser verkaufte TV 2 an die von regierungsnahen Kreisen installierten Manager Zsolt Simon und Yvonne Dederick. Diese nahmen dafür einen Kredit auf, der weitgehend
aus erhöhten Werbeeinschaltungen staatlicher Institutionen und Firmen gegenfinanziert werden konnte. Simicskas Vorkaufsrecht wurde - freilich über einen Strohmann - als zusätzliche Absicherung installiert, so dass regierungsnahe Kreise auf jeden Fall Zugriff auf den Sender behalten, auch wenn der Sender wieder den Besitzer wechseln sollte oder müsste. Denn damals galt der Magnat Simicska, der wesentlich zum Fidesz-Aufstieg beitrug, noch als treuer Orbán-Gefolgsmann.

 

Die Simicska-Truppe verklagt jetzt sowohl die Vajna-Firma als auch die TV-2-Ex-Chefs und beruft sich auf ihr Vorkaufsrecht. Die Regierung hat jedoch schon vor jedem Richterspruch klar gemacht, dass man Vajnas Unternehmen als rechtmäßigen Eigentümer ansieht. Die Oppostionspartei Együtt hingegen will sogar den Verkauf durch ProSiebenSat1 gerichtlich anfechten lassen. Bereits 2014 hatte die Polizei eine Anzeige von Együtt abgewiesen, die auf Vorspiegelung falscher Tatsachen und den Missbrauch von öffentlichen Mitteln für Parteizwecke plädierte.

Ähnliche Charaden und Winkelzüge kann man in Kürze auch beim Nachrichtenportal www.origo.hu erwarten. Auch hier ist es ein deutscher Großkonzern, noch dazu ein teilstaatlicher, die Magyar Telekom, der keine Skrupel hat, Medienvielfalt und Pressefreiheit für geschäftliche Vorteile (Berücksichtigung beim millionenschweren Breitbandausbau) zu opfern.
Mehr dazu.

red.


 

 

 

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