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(c) Pester Lloyd / 43 - 2015   POLITIK    19.10.2015


Kanzler Lázár zu: Privatisierung von Staatsland, Instant-Steuererklärung vom Finanzamt, Einführung e-card, "KGBéla" etc.

Auf der turnusmäßigen Regierungspressekonferenz des Kanzleramtsministers János Lázár am vergangenen Donnerstag verteidgte Orbáns rechte Hand die heftig kritiserte Privatisierung von bis zu 380.000 Hektar und somit rund ein Drittel des in staatlichem Besitz befindlichen Agrarlandes. Die ersten Auktionen werden - wie hier geschildert  - per 16. November abgehalten werden, zunächst in sechs Komitaten. Lázár informierte darüber, dass die Käufer bevorzugte Kredite der staatlichen Entwicklungsbank MFB in Anspruch nehmen könnten. Die Kreditlinie dafür betrage 150 Mrd. Forint (ca. 482 Mio. EUR), Laufzeit 20 Jahre, Zinssatz in den ersten 10 Jahren: 1,95%. Minimaler Abrufbetrag: 3 Mio. HUF, max. 300 Mio. HUF (ca. 900.000 EUR).

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Schon bald solle auch die - seit langem angekündigte - strukturelle Reform des Steuerwesens (Integration des Finanz- und Zollamtes NAV ins Finanzministerium) durch entsprechende Gesetze vollzogen werden. Zeitgleich will die Regierung Steueränderungen, die in den Jahren 2017/18 schlagend werden, beschließen lassen, die die "Wettbewerbsfähigkeit" erhöhen sollen. Lázár meint damit u.a. die geplante Einteilung von Steuerzahlern in drei Klassen der Vertrauenswürdigkeit, die Senkung der Mehrwersteuer auf den Internetzugang, aber auch eine Neuregelung des Paktes mit den Banken "Kredite gegen Steuererleichterungen", zu Ungunsten der Banken. Zentraler Punkt der NAV-Reform wird jedoch, dass ab sofort das Finanzamt den Steuerzahlern die Steuererklärung abnimmt, einschließlich möglicher Erleichterungen und Rückzahlungen. Widerspricht der Steuerpflichtige, ob Privater, Angestellter oder Unternehmen nicht in einer bestimmten Frist, wird die Erklärung bindend. Das Kalkül: Viele sind einfach zu faul oder fachlich zu unbeleckt, alle Ansprüche zu kennen und geltend zu machen, unter dem Strich ein gutes Geschäft für die Staatskasse.

Eine massive Umstellung wird auch die öffentliche Verwaltung erfahren. Viele Dienste werden hinfort zusätzlich, manche dann nur noch online angeboten. Auch die Einführung der datenschutzrechtlich bedenklichen e-card beginnt 2016, zunächst mit 200.000 Karten, auf denen praktisch alle Daten vom Führerschein, über Meldedaten bis hin zu Gesundheits- und Steuerdaten hinterlegt sein werden (bzw. wozu die Karte als Zugangsschlüssel dient).
Wie berichtet, sehen Datenschützer viele Fragen ungeklärt, u.a. welche Daten wo gespeichert werden und vor allem, wer darauf Zugriff erhält, weswegen das Projekt auch als "Big-Brother-Card" bezeichnet wird.

Um an mehr EU-Gelder zu kommen, werden die Hauptstadt Budapest und das Komitat Pest verwaltungstechnisch vollständig getrennt, Pest wird damit zur unterentwickelten Region und erhält Anspruch auf entsprechende Strukturprogramme, die es im statistischen Schlepptau des relativ reichen Budapests nicht hätte. Auf die Idee hätte man auch schon 2004 kommen können, aber immerhin.

 

Lázár begrüßte außerdem die Aufhebung der Immunität des EU-Abgeordneten der neonazistischen Jobbik, (KG)Béla Kovács, was Ermittlungen und Strafverfolgung wegen des Verdachtes der Spionage für russische Geheimdienste gegen Ungarn und die EU ermöglicht. Lázár bedauerte, dass sich Brüssel damit so lange Zeit gelassen habe. Allerdings verweigerte Budapest lange beharrlich die Übersendung notwendiger Dokumente und Indizien zu der schweren Beschuldigung, wie das ein rechtsstaatliches Verfahren eben vorsieht. Beobachter sehen den "Spionagefall" als kalkulierte Inszenierung der Orbán-Partei an, von den eigenen engen Verbindungen zum Kreml und der damit verbundenen finanziellen und politischen Abhängigkeit Ungarns von Moskau  abzulenken.

red.


 

 

 

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