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(c) Pester Lloyd / 04 - 2016   POLITIK     26.01.2016

Bürokratieabbau vs. Machtkonzentration: Ungarn will 70 Behörden und 50.000 Staatsdiener "integrieren"

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Unter dem seit Jahren wirkungslos umhergetragenen Label "Bürokratieabbau" startet die Regierung Orbán im Februar eine neue Initiative der Machtkonzentration. Dass es bei den geplanten Zusammenlegungen von Behörden bzw. deren Eingliederung in Ministerien, wie es wörtlich heißt, nicht um die Verflachung von Strukturen aus Kostengründen oder aus Motiven der Bürgerfreundlichkeit geht, lässt sich schon daran ablesen, dass die Zahl der ministeriell Bediensteten seit Orbáns Amtsantritt um 1.200 gewachsen ist, jener im öffentlichen Dienst insgesamt um 12.400 (ohne "Közmunkás"), während es praktisch keinen nennenswerten Abbau in Behörden gegeben hat, von politischen Säuberungen abgesehen. Volkswirtschaftler sehen Ungarns Behördenapparat um gut 30% über dem gesunden Schnitt liegen.
 
Diesmal soll aber - wieder einmal - praktisch keine Behörde mehr geschont werden. "Das Amt des Ministerpräsident beginnt jetzt Gespräche mit verschiedenen Ministerien, wie Behörden in Ministerien eingebunden werden können und Outsourcing zu eliminieren ist, damit das System billiger und einfacher funktioniert." Dabei geht es um Behörden, die in Summe 50.000 Menschen beschäftigen, sagte Quasi-Kanzler Lázár vor der Presse. Dass diese eingespart würden, sagte er jedoch nicht. Allerdings bietet die Eingliederung in Ministerien eine weitere günstige Gelegenheit, die Kader hinsichtlich Parteitreue nochmals durchzuprüfen und eventuelle Reinigungen vorzunehmen.

 

Und noch ein Vorteil ergibt sich aus der "Integration": Unterliegen nämlich Ministerin weitaus beschränkteren Auskunftspflichten gegenüber den Bürgern als normale Behörden. Ministerien dürfen Anfragen nach dem mehrfach zurechtgestutzten Informations"freiheits"gesetz nicht nur ablehnen, wenn sie nach Eigeneinschätzung die Arbeitsabläufe stören, sie dürfen auch Gebühren für ganz normale Auskunftsbegehren einheben und Tiefenprüfungen über den Fragesteller einleiten. Davon abgesehen sind Ministerien politisch geführte Körperschaften, die Existenz unabhängiger Behörden mit Fachleuten hat in demokratischen Gemeinwesen sowohl einen tieferen wie auch einen praktischen Sinn.

Ausgenommen von dem Rundumschlag werden nur "einige" Körperschaften: das Militär, die Polizei, das Zoll- und Finanzamt, die Chaos-Schulverwaltung KLIK, das Sozialdirektorat und das zentrale Zulieferamt für das Gesundheitswesen (mithin auch lohnenswerte Verteilstellen für Aufträge aus öffentlichen Töpfen). Am meisten abgebaut und "integriert" werden soll beim staatlichen Gesundheitsversicherungsfonds und dem Rentenmanagement-Institut. Offenbar braucht man immer weniger Mitarbeiter, um auszurechnen, wie viel von den zwangseingezogenen Rentenbeiträgen nicht mehr vorhanden sind. In Summe sollen 70 staatliche Behörden "liquidiert" werden, am 10. Februar soll eine endgültige Liste vorliegen. Die demokratische Opposition kritisiert den Vorschlag als "weiteren Schritt in Richtung Einparteienstaat".

red.


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