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(c) Pester Lloyd / 06 - 2016   NACHRICHTEN     11.02.2016

Justizia mit gespaltener Zunge: Nach fünf Jahren fand der Fall Hagyó ein Ende

Nach fast fünf Jahren ging Anfang Februar der Prozess gegen den ehemaligen Vizebürgermeister Budapests, Miklós Hagyó, zu Ende. Der damals u.a. für die Aufsicht der Budapester Verkehrsbetriebe, BKV, zuständige MSZP-Politiker, wurde zu einer Haftstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt auf vier Jahre zur Bewährung wegen Amtsmissbrauch, Untreue und Bestechlichkeit verurteilt. Weitere fünf Angeklagte aus Hagyós damaligem Arbeitsumfeld wurden mit ähnlichen Strafen bedacht, weitere zehn wurden freigesprochen.

hagyomiklos (Andere)Hagyó und ein weiterer Mittäter wurden zudem zu umgerechnet 120.000 EUR Schadenersatz an die BKV verdonnert. Vom Vorwurf der Hinterziehung von rund 30 Mio. HUF für private Zwecke wurde der Ex-Vizebürgermeister indes entlastet. Die ursprüngliche Anklage versuchte Hagyó als Kopf eines organisierten Verbrecherkartells zu belangen, am Ende lief es auf "normale" Korruption und Amtsversagen hinaus.

Die Details zum Prozess.

Der Fall hat zwei Seiten. Zum Einen ist unbestritten, dass die BKV über Jahre Opfer systematischer Plünderungen auf allen Ebenen war (und ist), angefangen vom Abzapfen von Benzin aus öffentlichen Bussen durch Fahrer, über die undurchsichtige Vergabe von Aufträgen an Freundesfirmen bis hin zur Lohnfortzahlung an Manager, die bereits seit Jahren aus dem Betrieb ausgeschieden waren. Rund ein Dutzend Ex-BKVler wurden bereits verurteilt, Hagyó nun als politisch verantwortlicher auch.

 

Allerdings hatte der Prozess, die Umstände der U-Haft Hagyós sowie die Dauer auch Züge eines Schauprozesses. Zwischenzeitlich erging ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, der sowohl die lange U-Haft-Dauer wie auch den mangelnden Zugang zu Anwälten, Willkür bei Besuchsregelungen und andere Haftumstände als menschenrechtswidrig anprangerte. Auch die Zuordnung des Falles an ein bestimmtes Gericht mit bekannt Fidesz-nahen Richtern durch die oberste - ebenfalls Fidesz-besetzte - Gerichtsbehörde, ist unrechtsstaatlich, durch einen durch EVP-Freunde eingefädelten Deal mit der EU aber nun immer wieder möglich. Dass das Urteil für den Ex-MSZPler durch die an sich sehr rachsüchtigen Fideszler nun doch relativ milde ausfiel, hängt auch damit zusammen, dass man sich weiteres Aufsehen auf internationaler Bühne ersparen will.

Während die Verurteilung Hagyós und seiner Mittäter durch intakte Gesetze möglich wurde, sind ähnlich gelagerte Fälle der jetzigen Nomenklatura durch neue Gesetze und Abläufe hinfort kaum mehr rechtlich verfolgbar. Der Fall Hagyó war also für die aktuellen Plünderer auch ein Lehrbeispiel dafür, wie man es nicht machen soll und welche Gesetzes- und Verfahrenslücken zu schließen sind, um hinfort ungestört und unbelangt schalten, walten, vor allem aber kassieren zu können.

red.


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