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(c) Pester Lloyd / 40 - 2016       WIRTSCHAFT     06.10.2016

"Freiheitskämpfer" verkaufen Souveränität: Regierung von Ungarn unterstützt CETA vorbehaltlos

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Ungarns Souveränität ist einer der stetig strapazierten Kampfbegriffe der Orbán-Regierung. Vor allem wenn es gegen eine gemeinsame EU-Politik geht. Eine Souvernität, die freilich nur nach außen gelten soll und für die gerne auch die Volksmassen als Unterstützer gefordert werden, wie kürzlich beim Referendum über die Flüchtlingsfrage, einem Paradebeispiel politischer Manipulation.

Der Umgang mit dem weithin kritisierten (Foto aus Berlin) CETA-Abkommen, also der Freihandelsvereinbarung zwischen der EU und Kanada (praktisch dem kleinen Bruder von TTIP), wirft ein deutliches Licht darauf, wie viel man auf die Meinung des eigenen Volkes gibt, wenn es um handfeste Interesse, zumal Wirtschaftsinteressen geht. Während in anderen europäischen Ländern weitreichender Widerstand, zumindest aber eine gesellschaftliche Debatte stattfindet, hat die Regierungsfraktion Orbán umstandslos beauftragt CETA zu unterschreiben. Das teilte jetzt Fraktionschef Kósa mit.

Anfang der Woche hatten noch grüne NGO´s und die Partei LMP, mit der Unterstützung des (nicht so Fidesz-fernen) parlamentarischen Ombudsmanns für künftige Generationen, versucht darzustellen, dass diese Zustimmung gegen frühere Regierungsbeschlüsse gerichtet sei. Zum Einen würde man mit CETA Waren aus genmanipulierter Produktion sowie GMO-Saatgut Tür und Tor öffnen, also etwas, dem die ungarische Regierung kategorisch und gesetzlich abgeschworen hatte und worauf man zu Recht stolz sein durfte. Zum Anderen würde Ungarns "Autonomie signifikant eingeschränkt", weil CETA "antidemokratische Prozeduren für die Beilegung von Rechtsstreits" brächte (Schiedsgerichte außerhalb von EU- bzw. nationalem ungarischem Recht). Unternehmen mit Sitz Kanada (darunter auch etliche mit US-amerikanischem Background) würden so gegenüber europäischen bzw. ungarischen bevorzugt werden können, die ungarische Justiz würde Teile ihrer Souveränität aufgeben.

 

Der Ombudsmann wies daraufhin, dass CETA weder mit der ungarischen Verfassung, noch mit aktuellen Beschlüssen des Parlamentes vereinbar sei. Für die LMP ist der Beweis erbracht, dass "die ungarische Regierung einmal mehr die Interessen der Multis vertritt, anstatt die Interessen der ungarischen Arbeiter und Unternehmen." Es ist dies derselbe Vorwurf, den sich die EU beständig von Orbán machen musste. Und tatsächlich befindet sich Orbán ökonomisch fast vollständig in der Hand ausländischer Multis.

Zweifellos gibt es beim Widerstand gegen CETA / TIPP viele Übetreibungen und ideologische Überhöhungen seitens der Gegner. Allerdings ist festzuhalten, dass die Intransparenz der Verhandlungen und das Thema der teilweisen Aufgabe staatlicher Souveränitäten in der Wirtschaftsjustiz, aber auch die Abschwächung konsumentenfreundlicher europäischer Standards nicht eben hilfreich dabei ist, der an sich begrüßenswerten, progressiven Idee des Freihandels in dieser Form das Wort zu reden.

Mehr zur Debatte zu TTIP und CETA in Ungarn in diesem Beitrag:
Fluch oder Segen? Seltene Koalitionen bei TTIP-Debatte in Ungarn

red.

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