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(c) Pester Lloyd / 40 - 2016   WIRTSCHAFT     04.10.2016

Vorschuss ins Leere: EU-Kommission blockiert 650 Millionen Euro für Ungarn

Seit Monaten schwelt zwischen der EU-Kommission und der ungarischen Regierung ein Konflikt über neuartige Auszahlungspraktiken von EU-Fördergeldern seitens der Regierung in Budapest. Die EU-Kommission zog nun die Notbremse und "bittet" Ungarn keine Rechnungen mehr nach Brüssel zu schicken, solange bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

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Leider nur ein Wunschbild: Der Missbrauch von EU-Geldern führt praktisch nie zu strafrechtlichen Konsequenzen. Ja nicht einmal der Entzug der Gelder droht, werden sie doch einfach wieder in den Topf gezahlt und bleiben für erneute Projekte abrufbar. Die EU-Betrugsbehörde OLAF deckt zwar Einiges auf, doch ihre Berichte werden lediglich an die nationalen Staatsanwaltschaften weitergeleitet. Was das bei einer “unabhängigen” Justiz wie in Ungarn bedeutet, kann man sich denken...

Üblicherweise werden an die Gewinner von Ausschreibungen von EU-Förderungen 10% der Vertragssumme als Vorschuss ausgezahlt, bis zu 30%, wenn bereits die Kofinanzierung seitens des Ausführenden steht, zumindest also eine Bankgarantie vorliegt.

Um möglichst schnell, möglichst viel EU-Gelder einkassieren zu können - deren Nutznießer in Ungarn ja vor allem regierungsnahe Günstlingsfirmen sind - und sie so auch in die BIP-Statistiken einpreisen zu können, zahlte Ungarn neuerdings bis zu 50% der Summen aus, noch bevor eine Kofinanzierung steht oder die Projektausführung begann.

Die EU-Kommission zog nun die Notbremse und "bittet" Ungarn keine Rechnungen mehr nach Brüssel zu schicken, wenn die oben genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Auf diese Weise wurden indirekt Projekte im Wert von rund 200 Milliarden Forint (knapp 650 Mio. EUR) auf Eis gelegt.

Die ungarische Regierung, namentlich Vizeminister im Amt des Ministerpräsidenten, Nándor Csepreghy, besteht jedoch auf einem 50%-Vorschuss, damit "die Firmen keine Liquidätsprobleme" haben müssten. Orbáns Kabinettschef Lázár interpretiert, dass es bei dem Streit nicht "um die Vorschüsse an sich" ginge, sondern lediglich um "deren Anteil an der erwartbaren Gesamtsumme".

Konkret handelt es sich in dem Streit um die opperativen Programme IKOP und KEHOP. Die EU-Kommission fürchtet - aus Erfahrung - , dass etliche der Projekte mit einer zu hohen Anzahlung dazu verleiten, dass Gelder zweckentfremdet abgeleitet werden und Auftragnehmer ins Nichts verschwinden. Lázár kündigte an, dass Ungarn weiter Rechnungen nach Brüssel senden werde, denn die Förderungen seien "ein Recht unseres Landes als Mitglied der EU".

 

Zwischen Ungarn und der EU kommt es immer wieder zu Streit über die Einhaltung von Normen beim Umgang mit EU-Geldern. Brüssel äußert dabei immer wieder Zweifel über die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen, ja stellt sogar mitunter offen Betrug in den Raum. Ändern tut sich dadurch aber wenig. Unter tatkräftiger Mithilfe der Volkspartei-Kameraderie wird nach einigen eher formalen Zugeständnissen und buchhalterischen Nachbesserungen der Zahlungsfluss regelmäßig wieder freigegeben. Vor allem Entwicklungskommissar Johannes Hahn (ÖVP, Österreich).

Mehr zu den Abläufen hinter den Kulissen und der Bedeutung der EU-Milliarden für die Aufrechterhaltung der ungarischen Ökonomie sowie Links zu deren Missbrauch finden Sie
in diesem Beitrag sowie in dieser Zusammenfassung: "All You can steal": EU plant Straf-Flatrate gegen Ungarn, mehrere Föderprogramme suspendiert. Ein echter Klassiker ist der sogenannte Asphalt-Skandal, bei dem recht gut verständlich wird, was in Ungarn - übrigens parteiübergreifend - mit EU-Geld veranstaltet wurde und wird.

red.

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